Verfahrensgang
LG Hamburg (Aktenzeichen 324 O 379/17) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 8. Dezember 2017, Az. 324 O 379/17, abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Der Kläger begehrt von der Beklagten, es zu unterlassen, die Äußerungen zu verbreiten,
1. "Ein Erfolg, den er auf die Geräte zurückführt, die auch in seinem mittlerweile gegründeten Therapiezentrum 'Ambulanticum' in Herdecke angewendet werden, und mit denen teilweise auch Michael Schumacher trainiert wird" und
2. "Samuel Koch (32), der seit seinem Unfall 2010 bei 'Wetten dass ...?' querschnittgelähmt ist, unterzog sich im 'Ambulanticum' in Herdecke einer Ergotherapie an Geräten, die auch Michael Schumacher nutzt".
wie dies in der Zeitschrift "Freizeit Revue" Nr. 32 vom 3. August 2016 auf Seite 5 unter der Überschrift "Das Wunder" geschehen ist,
sowie den Ersatz vorgerichtlicher Abmahnkosten in Höhe von EUR 580,95 und EUR 710,40 nebst Zinsen.
Der Kläger war ein bekannter Sportrennfahrer. Er erlitt im Jahr 2010 einen schweren Skiunfall. Seine Familie gab Pressemitteilungen heraus, in denen mitgeteilt wurde, dass der Kläger einen Unfall erlitten habe, lange Zeit im Koma gelegen habe, ein langer Weg der Rehabilitation vor ihm liege, Einzelheiten aber nicht öffentlich gemacht werden sollten. Im Verlag der Beklagten erscheint die Zeitschrift "Freizeit Revue", in deren Ausgabe vom 3. August 2016 wurde, angekündigt auf der Titelseite mit großformatigem Bildnis des Klägers, auf Seite 5 unter der Überschrift "Das Wunder" berichtet wie aus der Anlage K 1 ersichtlich. Die Berichterstattung enthielt die angegriffenen Äußerungen.
Der Kläger ist der Auffassung, dass die Verbreitung der angegriffenen Äußerungen seine Privatsphäre verletze. Die Beklagte sieht in den angegriffenen keinen rechtswidrigen Eingriff in die Privatsphäre des Klägers.
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten.
Die Beklagte beantragt,
dass am 8.12. 2017 verkündete Urteil des Landgerichts Hamburg (324 O 379/17) abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
In der Berufung wiederholen und vertiefen die Parteien ihren jeweiligen Vortrag.
Wegen der Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Protokolle der mündlichen Verhandlungen, die angefochtene Entscheidung und die Ausführungen unten unter II. Bezug genommen.
II. Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist auch in der Sache begründet.
1. Dem Kläger stehen die geltend gemachten Unterlassungsansprüche nicht zu. Sie folgen insbesondere nicht aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog in Verbindung mit § 823 Abs. 1 BGB und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG). Die angegriffenen Äußerungen betreffen zwar - wovon auch die Beklagte ausgeht - die Privatsphäre des Klägers. Eine Abwägung der Interessen des Klägers an einem Unterlassen der angegriffenen Berichterstattung gegen die - aus Art. 5 Abs. 1 GG geschützten - Interessen der Beklagten an einer Verbreitung dieser Äußerungen ergibt aber, dass die Interessen der Beklagten in diesem Falle überwiegen.
Die beanstandeten Äußerungen betreffen die Privatsphäre des Klägers, indem sie auch seinen Gesundheitszustand und die medizinischen Methoden zu dessen Verbesserung zum Gegenstand haben. Die Privatsphäre ist aber nicht absolut geschützt. Bei Personen, die - wie der Kläger - ein großes Interesse der Öffentlichkeit auf sich ziehen, besteht ein öffentliches Interesse daran, über die Gründe dafür informiert zu werden, weshalb sie nicht mehr öffentlich auftreten (BGH, Urt. v. 18.9.2012, Az. VI ZR 291/10, NJW 2012, S. 3645 ff.). Das rechtfertigt auch eine Berichterstattung über Gegenstände aus dem Privatleben der betreffenden Personen, wenn sie der Öffentlichkeit zuvor Einblicke in ihr Privatleben gewährt haben. Das berechtigte öffentliche Interesse ist aber beschränkt, wenn die betreffende Person - wie das bei dem Kläger der Fall ist - nur in eingeschränktem Maße Einblicke in ihr Privatleben gestattet hat.
Wo die Grenzen zwischen einer noch zulässigen und einer nicht mehr zulässigen Berichterstattung verlaufen, hat der Bundesgerichtshof in seinem - ebenfalls eine Berichterstattung über den Gesundheitszustand des Klägers betreffenden - Urteil vom 29. November 2016 (Aktenzeichen VI ZR 382/15, abgedruckt z.B. in GRUR 2017, S. 304 ff.) anhand einer detaillierten Abwägung zu bestimmen versucht. Dabei hat er sich von den folgenden Kriterien leiten lassen: Es haben solche konkreten Angaben über den Gesundheitszustand des Betroffenen, die dem Leser sein Schicksal plastisch verdeutlichen, in der Öffentlichkeit nichts zu suchen; denn durch die plakative Schilderung konkreter gravierender Einschränkungen wird der Betroffene der Öffentl...