Normenkette

GmbHG § 43 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 18.08.2016; Aktenzeichen 418 HKO 4/15)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 18.8.2016, Az. 418 HKO 4/15, wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch den Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe Von 110 % des aufgrund der Urteile vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

5. Der Wert des Berufungsverfahrens wird festgesetzt auf 584.288,04 Euro.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt den Beklagten als ehemaligen Geschäftsführer ihrer geschäftsführenden Kommanditistin auf Schadensersatz in Anspruch.

Die Klägerin ist ein geschlossener Immobilienfonds, dessen Zweck in der Verwaltung und Vermietung eines in ihrem Eigentum stehenden Büro- und Geschäftshauses in Hamburg besteht. Sie gehört zur sog. W.-Gruppe. Der Beklagte war vom 20.10.2011 bis zum 23.10.2013 gesamtvertretungsberechtigter Geschäftsführer der geschäftsführenden Kommanditistin I. G. GmbH. Weiterer Geschäftsführer im hier maßgeblichen Zeitpunkt war seit dem 23.9.2011 P. S., der Einzelvertretungsberechtigung besaß und für die Konten der Gesellschaft alleinzeichnungsberechtigt war.

Von November 2011 bis September 2013 entzog P. S. von den Konten der Klägerin insgesamt 6.020.000,00 Euro an zweckgebundenen Fondsgeldern (vgl. Auflistung Bl. 6, Kontoauszüge im Anlagenkonvolut K 5), und zwar zunächst im Rahmen eines sog. Liquiditätsmanagement-Systems (LMS), später durch das sog. Anleihemodell. Dem standen Rückzahlungen in Höhe von 177.119,58 Euro gegenüber (vgl. Auflistung Bl. 6). In derselben Weise ging P. S. bei 30 weiteren Immobilienfonds der W.-Gruppe vor, denen er insgesamt mehr als 147.000.000,00 Euro entzog. Eigens zu diesem Zweck hatte P. S. im April 2011 die W. I. B.V. mit Sitz in den Niederlanden gegründet, deren Geschäftsführer er auch war. Von den Fondsgeldern verwendete er ca. 50 Mio. Euro für private Zwecke, den Rest speiste er in sein Firmennetz ein. Mit Urteil des Landgerichts Hamburg vom 20.4.2015 wurde P. S. wegen Untreue in 327 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und acht Monaten verurteilt (Anlage K 22).

Infolge der Insolvenz der W. I. B.V. konnte die Klägerin die ihr entzogenen Gelder nicht zurückerlangen. Sie nimmt deshalb den Beklagten auf Ersatz dieses Schadens in Anspruch und wirft ihm vor, die Auszahlungen durch P. S. nicht verhindert zu haben.

Im Einzelnen ergibt sich der Geschehensablauf zunächst aus den Feststellungen des Strafurteils (Anlage K 22), auf das zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen Bezug genommen wird.

Der Beklagte war seit Anfang 2010 für die W. I. KG tätig, zuletzt als Head of Akquisitions. Am 10.8.2011 wurde er neben P. S. zum Geschäftsführer der W. F. GmbH bestellt (Anlage K 14), die durch Dienstverträge mit sämtlichen W.-Fonds mit der Ausübung des Asset-Managements beauftragt war.

Der Beklagte wurde erstmals im August 2011 über die geplante Einrichtung des LMS als Cash-Pool unterrichtet. Nach einem Memo vom 16.8.2011 (Anlage K 23) von Herrn K., dem hauptverantwortlichen Controller der W.-Gruppe, war der Beklagte Teil des "Entscheidungsgremiums über die Verwendung und Steuerung der Liquidität".

Mit E-Mail vom 23.8.2011 (Anlage B 1) wurden dem Beklagten sowie den damaligen Geschäftsführern der Fondsgesellschaften erstmals schriftliche Informationen zur Verfügung gestellt. Darin heißt es u.a.: "Die Auflegung des Cashpool erfolgt unter Einbindung einer anerkannten Rechtsanwaltssozietät und umfasst die gesellschaftsrechtliche sowie steuerrechtliche Due Diligence. Darüber hinaus werden die einzelnen Leistungseinheiten der W.-Gruppe, einschließlich der Treuhandgesellschaft, in die Auflegung dieses Cashpool-Systems mit eingebunden und entsprechende Anlegerzustimmungsentscheidungen herbeigeführt."

In einem Schreiben des Rechtsanwalts M. von der Kanzlei B. vom 23.8.2011 (Anlage B 3), das dem Beklagten weitergeleitet wurde, wurde im Hinblick auf den Abschluss von gewissen Darlehensverträgen mit Valuta von jeweils zwischen 150.000,00 und 500.000,00 Euro ausgeführt, dass der Abschluss dieser Verträge weder unter Berücksichtigung der jeweiligen Fondsstatuten noch der Prinzipien ordnungsgemäßer Geschäftsführung zu beanstanden sei.

In einer E-Mail vom 2.9.2011 (Anlage K 26) informierten drei Asset-Manager und Geschäftsführer der Komplementärgesellschaften der Fondsgesellschaften den Beklagten und P. S. über Geldabgänge aus den betreuten Fonds. Dabei wurde darauf hingewiesen, dass die Zahlungen im letzten Geschäftsbericht nicht geplant und nicht prospektiert gewesen seien. Auch handele es sich um Zahlungen, die die Sperrgrenze der Gesellschaftsverträge in Höhe von 500.000,00 ...

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