Leitsatz (amtlich)
1. Die Werbeangabe: „Ich konnt's kaum glauben, aber mein Cholesterin ist deutlich runter gegangen” (hier: durch Wiedergabe von Äußerungen Dritter i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 4 LMBG) für ein Streichfett mit cholesterinsenkender Wirkung ist schon nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 LMBG unzulässig. Auch der Hinweis auf Krankheitssymptome kann einen Krankheitsbezug herstellen, das ist vorliegend jeweils wegen der Angabe „deutlich runter gegangen” der Fall, weil demgemäß erhöhte LDL-Cholesterinwerte ein bedeutsamer Risikofaktor vor allem für Koronarerkrankungen sind.
2. Weder die Etikettierungs-Richtlinie 79/112/EWG noch die Diät-Rahmenrichtlinie 89/398/EWG stehen dem Verbot entgegen. Der Umstand, dass der Hersteller des Streichfetts wegen einer Entscheidung der EU-Kommission gehalten ist, auf die cholesterinsenkende Bestimmung des Lebensmittels auch in der Werbung hinzuweisen, rechtfertigt die beanstandete Angabe zur „deutlichen” Senkung nicht.
Normenkette
LMBG § 18 Abs. 1 Nr. 1, 4; UWG § 1
Verfahrensgang
LG Hamburg (Aktenzeichen 416 O 169/01) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG Hamburg, Kammer 16 für Handelssachen, vom 11.1.2002 abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall bis zu 250.000 Euro, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre) zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für das Produkt „becel pro-aktiv” zu werben mit Aussagen von Anwendern des Mittels oder Hinweisen auf solche Aussagen, und zwar mit der Abbildung einer männlichen Person und deren Aussage:
„Ich konnt's kaum glauben, aber mein Cholesterin ist deutlich runter gegangen”.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 43.000 Euro abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auch für das Berufungsverfahren auf 33.234 Euro (= 65.000 DM) festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger ist ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsgemäßen Aufgaben die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder, insbesondere die Einhaltung des lauteren Wettbewerbs gehört (Anl. K 1). Die Beklagte ist ein Unternehmen der Nahrungsmittelindustrie, sie vertreibt die Diät-Halbfettmargarine „becel pro aktiv”, ein Produkt mit Pflanzensterinen (Phytosterinen; vgl. in der Beiakte LG Hamburg 416 O 280/00 die Schutzschrift LG Hamburg 416 AR 421/00, dort: Anl. AG S 1). Hierfür warb sie in der Illustrierten BUNTE vom 19.10.2000 (Heft Nr. 43, S. 91) mit einer Anzeige. Diese enthält die Abbildung eines Mannes mit zwei Kindern, eingeblendet ist dort der Text:
„Ich konnt's kaum glauben, aber mein Cholesterin ist deutlich runter gegangen.”
Robert Aurisch, 38, Vater von vier Kindern”.
Unter der Abbildung heißt es: „becel pro-aktiv. Für alle, die ihren Cholesterinspiegel erheblich senken wollen” (Anl. K 2).
Der Kläger beanstandet die Werbung als wettbewerbswidrigen Verstoß gegen § 18 Abs. 1 Nr. 4 LMBG und nimmt die Beklagte mit der vorliegenden Klage auf Unterlassung in Anspruch. In dem vorangegangenen Verfügungsverfahren (Beiakte LG Hamburg 416 O 280/00) gleichen Rubrums – damals firmierte die Beklagte allerdings noch unter: „U.D. GmbH” – hatte das LG den Unterlassungsverfügungsantrag des Klägers, im geschäftlichen Verkehr für das Produkt „becel pro-aktiv” zu werben mit Aussagen von Anwendern des Mittels oder Hinweisen auf solche Aussagen, insbesondere mit der Abbildung einer männlichen Person und deren Aussage: „Ich konnt's kaum glauben, aber mein Cholesterin ist deutlich runter gegangen”; mit Urteil vom 2.2.2001 zurückgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat der Senat mit Urt. v. 23.8.2001 (OLG Hamburg v. 23.8.2001 – 3 U 97/01, OLGReport Hamburg 2002, 77) das Urteil des LG abgeändert und unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen die Beklagte im Wege der einstweiligen Verfügung zur Unterlassung verurteilt; der Verbotsausspruch stimmt mit dem der vorliegenden Unterlassungsklage erster Instanz überein. Auf die Beiakte LG Hamburg 416 O 280/00 und insbesondere auf die genannten Gerichtsentscheidungen wird Bezug genommen. Die EU-Kommission hatte mit der an die Muttergesellschaft der Beklagten, die U.U. K., Großbritannien (im folgenden: die U.UK), gerichteten Entscheidung vom 24.7.2000 (ABl. L 200/59 vom 8.8.2000: Anl. K 6; im folgenden: EU-Entscheidung) die Genehmigung des Inverkehrbringens von „gelben Streichfetten Phytosterinesterzusatz” als neuartige Lebensmittel oder neuartige Lebensmittelzutaten gem. der Verordnung (EG) Nr. 258/97 des Europäischen Parlaments und des Rates ausgesprochen (vgl. wegen der EG-Verordnung: ABl. L 43/1 v. 14.2.1997; vgl. in der Beiakte LG Hamburg 416 ...