Leitsatz (amtlich)
Mit Übergabe der Ware an eine Transportperson bringt der Inhaber der Marke die Ware nur dann i.S.d. § 24 Abs. 1 MarkenG in den Verkehr, wenn er sich ihrer so entäußert, dass sie seinem Einfluss nicht mehr unterliegt. Das ist nicht der Fall, wenn ihm die Verfügungsgewalt trotz Aushändigung der Ware an den Transporteur erhalten bleibt.
Normenkette
MarkenG §§ 14, 24 Abs. 1 – Parfümeriewaren
Verfahrensgang
LG Hamburg (Aktenzeichen 312 O 608/00) |
Tenor
Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das Urteil des LG Hamburg, Zivilkammer 12, vom 6.2.2001 wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
und beschlossen:
Der Streitwert wird auch für die Rechtsmittelinstanz auf 150.000 DM festgesetzt.
Tatbestand
Die Antragstellerin, eines der führenden französischen Parfumhäuser, ist Inhaberin von verschiedenen Marken für Parfümeriewaren. Sie hatte mit der Firma M. Ltd. einen im Jahre 1996 erneuerten Exklusiv-Vertriebsvertrag für Polen geschlossen. Nach Ziffer 2.6 gingen Eigentum und Gefahr an der bestellten Ware bei Übergabe an den ersten Transporteur auf den Vertragspartner über. Anfang 1999 wurde eine Firma M. Distribution Ltd. gegründet.
Am 18.6.1999 kündigte die Antragstellerin den Vertriebsvertrag mit der Firma M. Ltd. mit Wirkung zum 31.12.1999. Ohne dass ein neuer Vertriebsvertrag unterzeichnet worden war, lieferte die Antragstellerin im Jahre 2000 eine Partie ihrer Markenware an M. Die Anschrift auf der Rechnung vom 22.6.2000 lautete auf die Firma M. Distribution Ltd., Warschau, zu liefern war die Ware an die Firma M. Ltd., Blonie. Die Rechnung enthielt einen Eigentumsvorbehalt und Angaben zum Gefahrübergang. Die Antragstellerin beauftragte die Spedition D mit der Beförderung, nach ihrer Behauptung zu cif-Bedingungen.
Die Firma M. Distribution Ltd. verkaufte die Ware mit Rechnung vom 12.7.2000 an die Antragsgegnerin, ein deutsches Importhandelsunternehmen, und versicherte, keinen Bindungen hinsichtlich der Ware zu unterliegen. Die Ware wurde vom Hauptzollamt Hamburg/St. Annen beschlagnahmt.
Die Antragstellerin erwirkte eine einstweilige Verfügung des LG Hamburg, durch die der Antragsgegnerin verboten wurde, Duftwässer, die mit dem Zeichen „P” und/oder „P” und/oder „XS” gekennzeichnet sind, aus Polen in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland einzuführen, sofern die Waren nicht schon zuvor mit Einwilligung der Antragstellerin innerhalb der Europäischen Union in Verkehr gebracht worden sind.
Ihr wurde ferner aufgegeben, die vom Hauptzollamt Hamburg/St. Annen – Zollamt Oberelbe – in dem Verfahren SV 1204 B – OE 20 (1 GB 100371) am 10.8.2000 beschlagnahmten Duftwässer (7.776 Stück) im Besitz des Hauptzollamts Hamburg als Sequester zu belassen.
Gegen diese im Widerspruchsverfahren bestätigte Entscheidung wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer Berufung.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Antragsgegnerin hat keinen Erfolg. Zu Recht hat das LG, auf dessen Ausführungen ergänzend Bezug genommen wird, den Anträgen auf Unterlassen und Sequestration stattgegeben. Der Antragstellerin stehen die Rechte aus § 14 MarkenG, der auch für Originalware gilt, uneingeschränkt zu, denn es ist nicht erkennbar, dass die Rechte der Antragstellerin an den Marken nach § 24 Abs. 1 MarkenG erschöpft sind.
1. Die Antragstellerin hat das Recht, der Antragsgegnerin die Benutzung ihrer Marken für die aus Polen eingeführten Waren zu untersagen, denn sie hat diese Waren nicht im europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gebracht (§ 24 Abs. 1 MarkenG).
a) Wann Waren i.S.d. § 24 Abs. 1 MarkenG in den Verkehr gebracht sind, ist umstritten. Fezer (Markenrecht, 2. Aufl., 1999, § 24 Rz. 7d am Ende) will die Erschöpfung verneinen, wenn im Rahmen eines Vertriebssystems die Ware in den außereuropäischen Wirtschaftsraum geliefert wird. Dem kann sich der Senat nicht anschließen. Es kann nicht darauf ankommen, ob der Markeninhaber die Ware an einen „gebundenen” oder einen „ungebundenen” Käufer überlässt, denn das würde bedeuten, dass der Begriff des „Inverkehrbringens” bei völlig identischen Vorgängen von Kriterien abhinge, die mit dem Vorgang selbst wenig zu tun haben.
Zum Teil wird – wie für das Patentrecht (vgl. Benkard/Bruchhausen, PatentG, 9. Aufl., 1993, § 9 Rz. 43) – die Auffassung vertreten, es genüge die körperliche Übergabe der Ware an den Spediteur, ohne dass es auf den Übergang der rechtlichen Verfügungsgewalt oder des Eigentums ankomme (Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 1998, § 24 Rz. 7). Danach wäre die Ware von der Antragstellerin in den Verkehr gebracht worden, als sie sie der Firma D. ausgehändigt hat. Dem wird man sicherlich im Hinblick auf den Eigentumsübergang folgen müssen, denn ein Eigentumsvorbehalt ist ein Sicherungsinstrument, das den Warenverkehr unberührt lässt.
Hingegen erscheint es dem Senat nicht einleuchtend, dass es auf den Übergang der Verfügungsgewalt nicht ankommen soll. Litten („Inverkehrbringen” und „Erschöpfung” im neuen Markenrecht, WRP 1997, 678 [684]) will das „Inverkehrbringen” davo...