Entscheidungsstichwort (Thema)
Unerwünschte E-Mail-Werbung
Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Zusendung von E-Mails handelt es sich um elektronische Post i.S.v. § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG.
2. An das Vorliegen der nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG erforderlichen Einwilligung sind strenge Anforderungen zu stellen. Die Beweislast für den Rechtfertigungsgrund der Einwilligung trägt der Werbende. Er hat geeignete Vorkehrungen zu treffen, jederzeit das Vorliegen einer Einwilligung beweisen zu können.
3. Die Zusendung von E-Mails ohne Einwilligung stellt regelmäßig eine "unzumutbare Belästigung" i.S.v. § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG und eine nicht nur unerhebliche Beeinträchtigung i.S.v. § 3 UWG dar.
Normenkette
UWG §§ 3, 7 Abs. 1, 2 Nr. 3, § 8
Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 06.12.2005; Aktenzeichen 416 O 221/05) |
Tenor
Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das Urteil des LG Hamburg, Kammer 16 für Handelssachen, vom 6.12.2005 (416 O 221/05) wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten der Berufung.
Gründe
I. Die Antragsstellerin nimmt die Antragsgegnerin wegen unaufgefordert zugesandter E-Mails in Anspruch.
Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Gebiet des Versandhandels über das Internet. Die Antragsstellerin vertreibt u.a. Fotogeräte, die Antragsgegnerin ein einem Kaufhaus entsprechend breites Warensortiment.
Am 26.8.2005 ging unter der E-Mail-Anschrift s@yahoo.de des jetzigen Prozessbevollmächtigten der Antragsstellerin der aus den Anlagen JS 1, JS 2 und JS 3 ersichtliche Newsletter der Antragsgegnerin ein. Die Antragsstellerin hält diese Zusendung für einen Wettbewerbsverstoß, da Rechtsanwalt S. keine Einwilligung zur Übersendung solcher Newsletter per E-Mail erteilt habe. Unter dem 2.9.2005 mahnte die Antragsstellerin die Antragsgegnerin ab (Anlage JS 6). Die Antragsgegnerin übersandte an den jetzigen Prozessbevollmächtigten der Antragsstellerin am 2.9. und 5.9.2005 zwei weitere Newsletter (Anlage JS 4, JS 5).
Die Antragsstellerin erwirkte darauf hin die einstweilige Verfügung des LG Hamburg vom 8.9.2005, mit der der Antragsgegnerin verboten worden ist,
"im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken per E-Mail für Artikel der Unterhaltungselektronik, Foto- und/oder Computerartikel ggü. Adressaten zu werben, ohne dass deren ausdrückliches oder stillschweigendes Einverständnis vorliegt".
Auf den eingelegten Widerspruch der Antragsgegnerin bestätigte das LG seine einstweilige Verfügung mit Urteil vom 6.12.2005. Auf den Inhalt des Urteils wird - auch zur Ergänzung des Tatbestandes - Bezug genommen.
Die Antragsgegnerin wiederholt und vertieft mit ihrer Berufung ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie habe von einer Einwilligung i.S.v. § 7 UWG ausgehen können. Aufgrund der üblichen Anforderung des Newsletters durch E-Mail und dem fehlenden Widerspruch nach Zugang der Bestätigung habe sie den Schluss ziehen dürfen, dass der Umworbene mit der Zusendung einverstanden sei. Es entspräche den typischen Abläufen im Internet, dass unter einer bestimmten E-Mail-Adresse deren Inhaber oder zumindest eine von diesem ermächtigte Person agiere. Die Anforderungen des LG an die Darlegungslast hinsichtlich des Vorliegens einer Einwilligung seien überspannt. In Fällen wie dem vorliegenden sei die IP-Adresse nicht zu ermitteln, da diese nach einer gewissen Zeit gelöscht würde. Sie könne auch nur bei strafrechtlichem Hintergrund ermittelt werden, der hier nicht vorliege.
Selbst wenn ein Verstoß nach § 7 UWG bejaht würde, liege bei ihrem ansonsten sicheren System nur ein Ausreißer und Bagatellfall und demgemäß keine mehr als nur unerhebliche Beeinträchtigung des Wettbewerbs i.S.v. § 3 UWG vor. Das LG habe in den Entscheidungsgründen (S. 7) zu Unrecht einen Ausreißer verneint. Es habe nicht berücksichtigt, dass sie sich nach Zugang des Abmahnschreibens an den jetzigen Prozessbevollmächtigten der Antragsstellerin mit Fax vom 7.9.2005 gewandt und darauf hingewiesen habe, dass weder eine E-Mail-Adresse der Antragsstellerin noch deren Anwaltes vorliegt. Sie habe gleichzeitig um Mitteilung der E-Mail-Anschrift gebeten, an die der Newsletter versandt worden sein soll. Sie habe daher keine Maßnahmen zur Sperrung der Adresse treffen können.
Die Antragsgegnerin beantragt, das Urteil des LG Hamburg vom 6.12.2005 abzuändern und die einstweilige Verfügung unter Zurückweisung des auf ihren Erlass gerichteten Antrages aufzuheben.
Die Antragsstellerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Es habe sich um keinen Ausreißer gehandelt, da die Antragsgegnerin bereits aufgrund der Angaben in der Abmahnung hätte reagieren können. Es liege auch kein ansonsten sicheres System vor, da das System der Antragsgegnerin - unstreitig - keine Bestätigung des Adressaten verlange. Jeder Dritte könne - unstreitig - für einen beliebigen Empfänger die Newsletter bestellen. Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der erforderlichen Einwilligung trage vollen Umfanges die Antragsgegnerin.
II. Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Mit Recht und in jeder Hinsicht zutreffenden Erwägungen,...