Leitsatz (amtlich)
1. Umfrage-Ergebnisse zur markenrechtlichen Verwechslungsgefahr können Indizien liefern, deren normative Feststellung bleibt der richterlichen Beurteilung überlassen.
2. Die Möglichkeit einer bloßen allgemeinen Assoziation allein in dem Sinne, dass eine "gedankliche Verbindung" zwischen zwei Zeichen hergestellt wird, führt noch nicht zur Annahme einer Verwechslungsgefahr (BGH WRP 2002, 537 - Bank 24). Deswegen lässt sich allein aus dem Umstand, dass ein bestimmtes Quorum der Befragten ("Woran denken Sie") bei Vorlage nur des einen Zeichens (ohne Warenbezug) auch das andere Zeichen nennt, keine Verwechslungsgefahr gleichsam quantifizieren. Die bloße Abfrage von Assoziationen kann sich verselbständigen und die Befragten ermuntern, ungewichtet auch entfernte Übereinstimmungen zwischen den beiden Zeichen aufzuspüren und zu nennen.
3. Einer Wort-/Bildmarke, die aus der bildlichen wappenartigen Darstellung eines einzelnen Buchstabens "A" in altdeutscher Anmutung besteht, das von heraldischen Schlingen eingerahmt und durchzogen wird, kommt von Haus aus normale Kennzeichnungskraft (hier: u.a. bei Bekleidungsstücken) zu. Das eigentlich Kennzeichnende ist das beschriebene Wappenbild in seiner Gesamtheit. Bei solchen Emblemen kann eine Verwechslungsgefahr (hier bei identischen Waren) aus der abstrakten Übereinstimmung in demselben "altertümlich wirkenden" Buchstaben allein nicht hergeleitet, wenn das "A" der Verletzungsform in der Schrifttype deutlich abweicht und ohne die heraldischen Schlingen auch die Anmutung irgendeines Wappens fehlt.
Normenkette
MarkenG § 4
Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 14.11.2006; Aktenzeichen 312 O 771/06) |
Tenor
Die Berufung der Antragstellerin gegen das Urteil des LG Hamburg, Zivilkammer 12, vom 14.11.2006 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Gründe
A. Die Antragstellerin stellt vor allem den bekannten Weinbrand "Asbach Uralt" her. Sie ist u.a. Inhaberin der deutschen Wort-/Bildmarke "A" Nr. ... 503.2 in folgender Gestaltung (Klagemarke: Anlage ASt 4):
Die Antragsgegnerinnen sind im Handel mit Textilien und modischen Accessoires tätig. Sie bringen in Verbindung mit der Pop-Sängerin Anastacia eine neu geschaffene sog. ANASTACIA-Modelinie heraus, und zwar unter Verwendung eines stilisierten "A" (im Folgenden: "Anastacia-A"; vgl. dazu die Abbildungen Bl. 2-3; Anlage ASt 10):
Die Antragsgegnerin 2) ist Inhaberin der deutschen Wort-/Bildmarke "A" Nr. 306 11 908.0 ("Gegenmarke-A": Anlage ASt 7), die aus dem Bild des oben wiedergegebenen "Anastacia-A" besteht.
Die Antragstellerin beanstandet die Verwendung des "Anastacia-A" als Verletzung ihrer Markenrechte. Sie nimmt die Antragsgegnerinnen im vorliegenden einstweiligen Verfügungsverfahren auf Unterlassung in Anspruch.
Die Antragstellerin gehört zur UNDERBERG-Unternehmensgruppe, einem internationalen Spirituosen-, Wein- und Sekthaus. Die Antragstellerin stellt seit 1892 Weinbrände her.
Die am 19.1.2001 angemeldete Klagemarke ist u.a. eingetragen für "alkoholische Getränke (außer Bier); Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, soweit in Klasse 18 enthalten; Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen" (Anlage ASt 4). Die Klagemarke besteht - wie die obige Einblendung zeigt - aus der Abbildung eines großen Buchstaben "A" in einer altdeutsch wirkenden Schrifttype, das durch heraldische Schlingen eingerahmt und durchzogen ist (Bezeichnung des Bildes der Klagemarke durch das Gericht: "Asbach-A").
Das "Asbach-A" der Klagemarke ist auf den Flaschen und Umverpackungen sowie auf Werbematerialien für "Asbach Uralt" angebracht, ferner auf Bekleidungsstücken wie T-Shirts, Polo-Shirts und Baseballmützen, die von der Antragstellerin in ihrem "Asbach"-Besucherzentrum in Rüdesheim verkauft werden (Anlagen ASt 5-6).
Die am 21.2.2006 angemeldete "Gegenmarke-A" der Antragsgegnerin zu 2) ist am 17.5.2006 für "Kleinlederwaren und Taschen, jeweils soweit in Klasse 18 enthalten; Bekleidungsstücke, Kopfbedeckungen und Gürtel" eingetragen (Anlage ASt 7).
Die Antragsgegnerin zu 1) ist Inhaberin der Domains "www.anastaciabysoliver.de" und "www.anastaciabysoliver.com", für den Inhalt der Websites ist die Antragsgegnerin zu 2) verantwortlich (Anlage ASt 11). Auf den Internetseiten wird die ANASTACIA-Modelinie unter der Bezeichnung "Anastacia by S. Oliver" vorgestellt. Das dabei verwendete "Anastacia-A" erscheint jeweils mit dem Zusatz "Lounge" ("A-Lounge") und "Shop" ("A-Shop") sowie als "Strahlen-A"-Emblem, in dem das "Anastacia-A" von einem Strahlenkranz umgeben ist (Anlage ASt 10).
Lounge Shop
Die Antragstellerin hat beantragt, unter Androhung von bestimmten Ordnungsmitteln im Wege der einstweiligen Verfügung
1. der Antragsgegnerin zu 2) zu verbieten, die Marke "A" gemäß nachstehender Abbildung: im geschäftlichen Verkehr zur Kennzeichnung von Kleinlederwaren und Taschen, jeweils soweit in Klasse 18 enthalten, sowie von Bekleidungsstücken, Kopfbedeckungen und Gürteln zu benutzen und/oder benutzen zu lassen;
2. d...