Entscheidungsstichwort (Thema)
Sitzverlegung einer GmbH in das EG-Ausland. Handelsregistersache. Gesellschaft unter der Firma Versicherungskontor V. GmbH
Leitsatz (amtlich)
Auch nach der Centros-Entscheidung des EuGH vom 09.03.1999 (NJW 1999, 2027) bleibt es dabei, daß die Sitzverlegung einer in Deutschland gegründeten GmbH nach England zur Auflösung der Gesellschaft führt und deshalb im Handelsregister nicht eingetragen werden kann.
Normenkette
GmbHG § 60; EGVtr Art. 43, 48
Verfahrensgang
LG Bochum (Aktenzeichen 15 T 4/00) |
AG Recklinghausen (Aktenzeichen HRB 2536) |
Tenor
Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 5.000,00 DM festgesetzt.
Gründe
Die betroffene Gesellschaft ist seit dem 30.05.1990 mit einem Stammkapital von 50.000,00 DM im Handelsregister des Amtsgerichts Recklinghausen eingetragen. Geschäftsführer ist seit dem 26.04.1999 Herr M. der mit notariellem Vertrag vom 27.04.2000 darüber hinaus den Geschäftsanteil des bisherigen Alleingesellschafters erworben hat. In derselben Urkunde ist § 1 des Gesellschaftsvertrages dahin geändert worden, daß als Sitz der Gesellschaft nunmehr B. in England bestimmt worden ist.
In notariell beglaubigter Erklärung ebenfalls vom 27.04.2000 hat der Geschäftsführer die Sitzverlegung der Gesellschaft zur Eintragung im Handelsregister angemeldet. Diese Anmeldung hat der Richter des Amtsgerichts durch Beschluß vom 17.07.2000 zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluß hat die Gesellschaft mit Schriftsatz des Urkundsnotars vom 30.08.2000 Beschwerde eingelegt, die das Landgericht – Kammer für Handelssachen – durch Beschluß vom 26.09.2000 zurückgewiesen hat.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde der betroffenen Gesellschaft, die sie mit Schriftsatz des Urkundsnotars vom 18.10.2000 bei dem Landgericht eingelegt hat.
Die weitere Beschwerde ist nach den §§ 27, 29 FGG statthaft sowie formgerecht eingelegt. Beschwerdebefugt ist die betroffene Gesellschaft selbst, da die Anmeldung eine Satzungsänderung zum Gegenstand hat (BGHZ 105, 326 = NJW 1989, 295).
In der Sache ist das Rechtsmittel unbegründet, weil die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Gesetzes beruht (§ 27 Abs. 1 S. 1 FGG).
Der Beschluß der Gesellschafterversammlung vom 27.04.2000 ist darauf gerichtet, den Sitz der Gesellschaft nach England zu verlegen. Der Beschluß umfaßt damit inhaltlich sowohl eine Verlegung des statutarischen als auch des effektiven Verwaltungssitzes der Gesellschaft. Aufgrund der in dem Gesellschafterbeschluß angegebenen neuen Geschäftsadresse in England ist davon auszugehen, daß die Geschäfte der Gesellschaft tatsächlich von dort aus weitergeführt werden sollen.
Die Verlegung des Sitzes einer im Inland gegründeten Gesellschaft mit beschränkten Haftung führt nach deutschem Recht regelmäßig zur ihrer Auflösung; die Sitzverlegung kann demzufolge nicht in das Handelsregister eingetragen werden. Diese Rechtsfolge ist das Ergebnis der in der Rechtsprechung einheitlich, in der Literatur überwiegend vertretenen Sitztheorie. Danach bestimmt sich das Personalstatut einer mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestatteten Gesellschaft nach ihrem effektiven Verwaltungssitz (BGHZ 53, 181, = NJW 1970, 998; 97, 269 = NJW 1986, 2194; BayObLGZ 1985, 272 = IPRax 1886, 161; 1992, 113 = NJW-RR 1993, 43; FGPrax 1998, 232; OLG Frankfurt NJW 1990, 2204 jeweils m.w.N.). Dieser Sitztheorie hat sich der Senat in ständiger Rechtsprechung angeschlossen (FGPrax 1995, 5 = NJW-RR 1995, 469; NJW-RR 1998, 615 = IPrax 1998, 363). In seinem zuletzt genannten Beschluß vom 30.04.1997 hat der Senat die Eintragung der Verlegung des Sitzes einer in Deutschland gegründeten GmbH nach Luxemburg abgelehnt.
Die Verlegung des statutarischen und des effektiven Sitzes der Gesellschaft führt zu einer Änderung ihres Personalstatuts. Zwar wäre allein die Verlegung des effektiven Verwaltungssitzes der Gesellschaft nach England für den Fortbestand ihres Personalstatus unschädlich. Denn im englischen Internationalen Privatrecht wird das Personalstatut der Gesellschaft nach der Gründungstheorie beurteilt, also nach dem bei der Gründung bestimmten statutarischen Sitz der Gesellschaft. Dies führt zu einer nach Art. 4 Abs. 1 S. 2 EGBGB zu beachtenden Rückverweisung auf das deutsche Sachrecht (Ebenroth/Auer, DNotZ 1993 190, 1993; MK/BGB-Kindler, 3. Aufl., Internationales Gesellschaftsrecht, Rdnr. 391). Anders verhält es sich hingegen, wenn auch der statutarische Sitz der Gesellschaft in einen Staat verlegt wird, der der Gründungstheorie folgt. In einem solchen Fall ist die Gesellschaft auch von Standpunkt der Gründungstheorie nicht anerkennungfähig, weil die Gesellschaft nicht nach dem Recht ihres (geänderten) statutarischen Sitzes gegründet worden ist (Ebenroth/Auer, a.a.O.; MK/BGB-Kindler, a.a.O., Rdnr. 400; Behrens IPrax 2000, 323, 330; im Ergebnis ebenso BayObLGZ 1992, 113 für den Fall einer Sitzverlegung nach England). Nach deutschem Recht führt der Wechsel d...