Entscheidungsstichwort (Thema)

Strafvollzugsbegleitende gerichtliche Kontrolle bei angeordneter oder vorbehaltener Sicherungsverwahrung. unverzügliche Einleitung einer konkret indizierten psychotherapeutischen Behandlung

 

Leitsatz (amtlich)

Die einem Gefangenen mit vorbehaltener Sicherungsverwahrung von der Vollzugsbehörde angebotene Betreuung entspricht nicht den Vorgaben des § 66c Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 StGB, wenn eine von der JVA bereits im Juli 2012 als indiziert angesehene und vom Verurteilten auch nicht abgelehnte externe (Einzel-)Psychotherapie erst im März 2014 begonnen hat. Die damit verbundene Verzögerung, dass der Gefangene ohne nachvollziehbaren Grund erst im Oktober 2013 in eine Warteliste für einen externen Therapieplatz aufgenommen worden ist, stellt keinen Umstand dar, der eine Verzögerung des zur Vermeidung eines Vollzugs der angeordneten Maßregel vorgeschriebenen unverzüglichen Beginns seiner konkret indizierten psychotherapeutischen Behandlung rechtfertigt.

 

Normenkette

StVollzG § 119a; StGB § 66c Abs. 2, 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

LG Bochum (Aktenzeichen AZ: VI StVK 7/17)

 

Tenor

  1. Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben, soweit festgestellt worden ist, dass die dem Betroffenen von der Vollzugsbehörde angebotene Betreuung auch für den Zeitraum vom 01.06.2013 bis zum 09.03.2014 den gesetzlichen Anforderungen entsprochen hat.
  2. Es wird festgestellt, dass die dem Betroffenen von der Vollzugsbehörde in dem unter 1. aufgeführten Zeitraum angebotene Betreuung den Vorgaben des § 66c Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 StGB nicht entsprochen hat.
  3. Im Übrigen wird die Beschwerde mit der klarstellenden Maßgabe als unbegründet verworfen, dass die dem Betroffenen von der Vollzugsbehörde angebotene Betreuung für den Zeitraum vom 10.03.2014 bis zum 31.05.2015 den gesetzlichen Anforderungen entsprochen hat.
  4. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen dem Betroffenen zur Last; jedoch wird die Gerichtsgebühr um 35 % ermäßigt. In diesem Umfang trägt auch die Landeskasse die dem Betroffenen im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen (§ 121 Abs. 4 StVollzG i.V.m. § 473 Abs. 1 und Abs. 4 StPO). Die Kosten des Beschwerdeverfahrens III-1 Vollz(Ws) 525-526/15 hat die Landeskasse ebenso wie die diesbezüglichen notwendigen Auslagen des Betroffenen zu tragen (§ 121 Abs. 4 StVollzG i.V.m. § 467 Abs. 1 StPO).
  5. Der Beschwerdewert wird auf jeweils 5.000 € (§§ 60, 52 GKG) festgesetzt.
 

Gründe

1. Die Bewertung der Strafvollstreckungskammer, dass die dem Betroffenen durch die Vollzugsbehörde angebotene Betreuung den gesetzlichen Anforderungen des § 66c Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 StGB entsprochen hat, ist in Bezug auf den Zeitraum vom 10.03.2014 bis zum - im angefochtenen Beschluss nicht ausdrücklich erwähnten, aber sich aus § 119a Abs. 3 S. 1, S. 2 StVollzG, Art. 316f Abs. 3 S. 2 EGStGB zwingend als Ende des ersten Überprüfungszeitraums ergebenden - 31.05.2015 letztlich nicht zu beanstanden, so dass insoweit die Beschwerde des Betroffenen aus den im Ergebnis zutreffenden Gründen des angefochtenen Beschlusses als unbegründet zu verwerfen war.

2. Dagegen hält der angefochtene Beschluss hinsichtlich des Zeitraums vom 01.06.2013 bis zum 09.03.2014 einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.

Denn aus den Stellungnahmen der Justizvollzugsanstalt C vom 10.07.2014 (Bl. 156 ff. d.A.) und vom 07.03.2016 (Bl. 435 ff. d.A.) ergibt sich, dass die Indikation einer externen (Einzel-)Psychotherapie für den Betroffenen bereits seit Juli 2012 gestellt worden ist, die mit überzeugender Begründung auch der psychologische Sachverständige Dr. L in seinem Gutachten vom 15.10.2016 als wesentliches Element der bisherigen Behandlungsprozesse bewertet hat (Bl. 602 d.A.). Da diese Einzeltherapie gleichwohl erst am 10.03.2014 begonnen hat, war im Ergebnis festzustellen, dass die dem Gefangenen von der Justizvollzugsanstalt C bis dahin nicht den Vorgaben des § 66 c Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 Nr. 1 StGB entsprochen hat.

Soweit der Leiter der Justizvollzugsanstalt C in einer ergänzenden Stellungnahme vom 31.01.2018 darauf hingewiesen hat, dass der therapeutischen Dokumentation zu entnehmen ist, dass der Betroffene Ende Oktober 2013 insbesondere angegeben hat, einer externen Psychotherapie positiv gegenüberzustehen, und sich anschließend zunächst auf der Warteliste für eine Vermittlung in eine externe Psychotherapie befunden hat, geben diese Ausführungen keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung. Denn Ende Oktober 2013 war die Indikation für eine solche Therapie bereits seit über 15 Monaten gestellt, ohne dass sich der vorgenannten Dokumentation, den maßgeblichen Vollzugsplänen oder den verschiedenen Stellungnahmen der JVA C konkrete Anhaltspunkte dafür entnehmen ließen, dass a) der Betroffene in diesem Zeitraum eine solche externe Einzeltherapie (die er schon von Januar bis Oktober 2011 bereitwillig absolviert hatte) nachhaltig und dauerhaft abgelehnt hätte, b) auch regelmäßige Versuche, diesbezüglich eine grundsätzliche Behandlungsmotivation überhaupt herzustellen...

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