Leitsatz (amtlich)

Zur Zuständigkeit des Oberlandesgerichts im Verfahren über den Ausschluss des Rechtsanwalts als Verteidiger.

 

Verfahrensgang

AG Bochum (Entscheidung vom 15.01.2008; Aktenzeichen 74 Ls 32 Js 99/07 (35/07))

 

Tenor

Das Verfahren zur Ausschließung des ehemaligen Rechtsanwalts A. von der Mitwirkung als Verteidiger der Angeschuldigten N. im Strafverfahren vor dem Amtsgericht Bochum (Az.: 74 Ls 32 Js 99/07 (35/07)) wird auf Kosten der Landeskasse eingestellt. Es wird davon abgesehen, die notwendigen Auslagen des ehemaligen Rechtsanwalts A. der Landeskasse aufzuerlegen.

 

Gründe

I.

Die Staatsanwaltschaft Bochum wirft mit der am 27. September 2007 erhobenen Anklage (32 Js 99/07) den Angeschuldigten A. und Rechtsanwältin N. vor, in zwei Fällen gemeinschaftlich eine Untreue zu Lasten ihrer Mandanten begangen zu haben, indem sie Gelder, die für die Mandanten bestimmt waren, ganz oder teilweise nicht an diese weitergeleitet haben. Darüber hinaus soll die Angeschuldigte N. eine Unterschlagung begangen haben, indem sie im Eigentum eines Mandanten stehende Originalunterlagen trotz mehrfacher Aufforderung nicht an diesen herausgegeben, sondern für sich behalten hat. Wegen der Einzelheiten der Vorwürfe wird auf die Anklageschrift vom 27. September 2007 (Bl. 42 ff, Bd. I.) Bezug genommen.

Mit seinem am 08. Oktober 2007 beim Amtsgericht Bochum eingegangenen Schriftsatz vom 24. September 2007 hat der ehemalige Rechtsanwalt A. unter Beifügung einer Vollmacht vom selben Tag angezeigt, dass er die Verteidigung der Angeschuldigten N. übernommen habe.

Nachdem er auf die gerichtliche Anfrage vom 31. Oktober 2007, ob er das Mandat niederlege, nicht reagiert hatte, hat der Vorsitzende des Amtsgerichts -Schöffengericht - Bochum auf fernmündlichen Antrag der Staatsanwaltschaft Bochum die Vorgänge dem Oberlandesgericht Hamm zur Entscheidung über den Ausschluss des ehemaligen Rechtsanwalts A. gem. § 138 a StPO übersandt. Am 04. Januar 2008 hat die Staatsanwaltschaft Bochum mit näherer Begründung beim Amtsgericht Bochum beantragt, einen Vorlagebeschluss zu erlassen und die Vorgänge dem Oberlandesgericht Hamm vorzulegen. Das Amtsgericht Bochum hat schließlich mit Beschluss vom 15. Januar 2008 die Akten dem Oberlandesgericht zur Entscheidung über den Ausschluss des ehemaligen Rechtsanwalts A. vorgelegt.

Inzwischen ist durch Verfügung des Vorstandes der Rechtsanwaltskammer für den Oberlandesgerichtsbezirk Hamm vom 10.Januar 2008 die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft des Rechtsanwalts A. widerrufen worden. Mit weiterer Verfügung vom 21. Februar 2008 ist die sofortige Vollziehung dieser Widerrufsverfügung angeordnet worden. In diesem Widerrufsverfahren hat der ehemalige Rechtsanwalt A. einen der Tatvorwürfe bestritten, zu dem weiteren Vorwurf gegen ihn hat er sich bisher nicht eingelassen.

Mit Anschreiben vom 27. März 2008 hat der ehemalige Rechtsanwalt A. Abschriften seiner Schriftsätze vom 27. November 2007 bzw. 14. Februar 2008, gerichtet an das Amtsgericht Bochum, vorlegen lassen, in denen er das Mandat zur Vertretung von Rechtanwältin N. niederlegt.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 01. April 2008 ist er nicht erschienen.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, das Ausschließungsverfahren einzustellen.

II.

Das Ausschließungsverfahren gegen den ehemaligen Rechtsanwalt A. war nach dessen Mandatsniederlegung einzustellen.

1.

Das Oberlandesgericht Hamm ist gem. § 138 c Abs. 1 S. 1 StPO für die Entscheidungen im Ausschließungsverfahren zuständig. Die Zuständigkeit des erkennenden Gerichts, die dann in Betracht kommt, wenn ein Rechtsanwalt erst nach Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn von einem Mitangeklagten zum Verteidiger gewählt wird (vgl. BGH, StV 1996, 469 f), ist hier nicht gegeben.

Die Auffassung des Oberlandesgerichts Celle, nach der die Zuständigkeit des erkennenden Gerichts bereits dann gegeben ist, wenn gegen den Verteidiger in demselben Ermittlungsverfahren ermittelt wird (vgl. OLG Celle, NJW 2001, 3564 f; vgl. dazu auch Pfeiffer, StPO; SK-Wohlers, StPO, Loseblattsammlung, Stand: Februar 2006, § 138, Rdnr. 12; Burhoff , Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, 4. Aufl., Rdnr. 1907 m.w.N.), wird vom Senat nicht geteilt. Auch der Bundesgerichtshof hat in einer weiteren Entscheidung vom 21. März 2000 (2 ARs 489/99, www.[...].de), die allerdings vom Oberlandesgericht Celle nicht erwähnt wird, die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts für gegeben erachtet, obwohl bereits im selben Verfahren gegen den Verteidiger wegen einer Tatbeteiligung an der Straftat seiner Mandanten Ermittlungen eingeleitet worden waren.

Die Regelungen der §§ 138 a ff. StPO sind durch das Gesetz zur Ergänzung des Ersten Gesetzes zur Reform des Strafverfahrensrechts vom 20. Dezember 1974 (BGBl. I, S. 3686) als Reaktion auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Februar 1973 (NJW 1973, 696 ff) eingeführt worden. Gerade wegen des erheblichen Eingriffs in die grundrechtlich geschützte Berufsausübungsfreiheit des Rechtsanwalts du...

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