Leitsatz (amtlich)
Zum (verneinten) Einsichtsrecht des Strafgefangenen in seine Personalakte.
Verfahrensgang
LG Aachen (Entscheidung vom 05.04.2005) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Der angefochtene Beschluss wird mit Ausnahme der Festsetzung des Gegenstandswertes aufgehoben.
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen den Ablehnungsbescheid des Leiters der Justizvollzugsanstalt Aachen vom 30. September 2004 wird als unbegründet verworfen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Betroffene.
Gründe
I.
Der Antragsteller verbüßt derzeit in der Justizvollzugsanstalt Aachen wegen erpresserischen Menschenraubes eine Freiheitsstrafe von 12 Jahren; Strafende ist auf den 12. April 2005 notiert. Im Anschluss sind die Vollstreckung einer Restfreiheitsstrafe sowie die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vorgesehen.
Am 22. September 2004 beantragte der Antragsteller die Einsichtnahme in seine Gefangenen-Personalakte mit der Begründung, er benötige Informationen über seine Einstufung als "besonders gefährlicher Gefangener", die er für rechtswidrig erachte. Dieser Antrag wurde seitens des Leiters der Justizvollzugsanstalt mit Bescheid vom 30. September 2004 mit der Begründung abgelehnt, eine Auskunft über die Umstände, die zur Einstufung des Antragstellers als "besonders gefährlicher Gefangener" geführt hätten, werde als ausreichend angesehen.
Den hiergegen gerichteten Widerspruch des Antragstellers vom 4. Oktober 2004 hat der Präsident des Landesjustizvollzugsamtes mit Widerspruchsbescheid vom 13. Dezember 2004 abschlägig beschieden mit der Begründung, dem Antragsteller seien die Gründe, die zu seiner Einstufung als besonders gefährlicher Gefangener geführt hätten, bekannt. Er habe u.a. einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen die aufgrund dieser Einstufung angeordneten Sicherungsmaßnahmen bei der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Essen gestellt. Aus dem in diesem Zusammenhang ergangenen Beschluss des Landgerichts Essen vom 24. Oktober 2004 ergäben sich alle Umstände, die zu seiner Einstufung als besonders gefährlicher Gefangener geführt hätten.
Mit Schreiben vom 27. Dezember 2004 hat der Antragsteller auf gerichtliche Entscheidung angetragen. Er macht geltend, die Folgen der Einstufung als besonders gefährlicher Gefangener wirkten fort. Diese seien so vielfältig und weit verzweigt in die Gefangenen-Personalakte eingegangen, dass sie durch eine mündliche Auskunft nicht ausreichend dargestellt werden könnten. Er sei für die Vorbereitung eines diesbezüglichen Amtshaftungsprozesses auf die Einsichtnahme in die Gefangenen-Personalakte angewiesen.
Mit Beschluss vom 5. April 2005 hat die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Aachen den Bescheid des Leiters der Justizvollzugsanstalt Aachen sowie den Widerspruchsbescheid aufgehoben und diesen verpflichtet, den Antragsteller unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Zur Begründung hat die Strafvollstreckungskammer ausgeführt, der Antragsteller habe nach Maßgabe des § 185 StVollzG ein Recht auf Einsichtnahme in die Gefangenen-Personalakte. Zum einen habe er dargetan, auf die Unterlagen zur Durchsetzung eines bestimmten Anspruchs bzw. zur Vorbereitung eines bestimmten gerichtlichen Verfahrens angewiesen zu sein. Zum anderen lägen der Einstufung als besonders gefährlicher Gefangener auch nach der Darstellung des Leiters der Justizvollzugsanstalt komplexe Vorgänge zugrunde, so dass ein Informationsbedürfnis des Antragstellers, das durch eine bloße mündliche Auskunft nicht zu befriedigen sei, jedenfalls nicht von vornherein von der Hand zu weisen sei. Demgegenüber sei die Darstellung des Leiters der Justizvollzugsanstalt, die Gefangenen-Personalakte enthalte keine dem Antragsteller nicht bekannten Fakten, gerade auch Gegenstand der Einsichtnahme in die Gefangenen-Personalakte. Etwas anderes ergäbe sich auch nicht aus dem Umstand, dass der Antragsteller den Beschluss des Landgerichts Essen erwirkt habe. Das mit dem Akteneinsichtsgesuch des Antragstellers verfolgte Informationsinteresse könnte dieser Beschluss nur befriedigen, wenn er sich im Einzelnen zu den Gründen verhielte, die zur Einstufung des Antragstellers als besonders gefährlicher Gefangener geführt hätten. Dies sei indessen nicht der Fall. Die Strafvollstreckungskammer ist sodann davon ausgegangen, dass die Sache noch nicht spruchreif sei, § 115 Abs. 4 StVollzG, wobei sich die fehlende Spruchreife zum einen auf den Zeitraum, für den der Antragsteller Akteneinsicht begehre, zum anderen auf die Form der Akteneinsicht beziehe.
Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde des Leiters der Justizvollzugsanstalt Aachen, mit der mit näherer Begründung die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und die Zurückweisung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung beantragt wird. Der Präsident des Landesjustizvollzugsamtes Nordrhein-Westfalen hat sich der Rechtsbeschwerde angeschlossen.
II.
Der Senat hat die Rechtsbeschwerde zur Sicherung einer einheitlich...