Leitsatz (amtlich)
Ein Anspruch eines Gefangenen auf Einsicht in die ihn betreffende Gefangenenpersonalakte besteht nur, wenn er geltend macht, dass aufgrund bestimmter Umstände eine Auskunftserteilung nicht ausreichend sei und er der Akteneinsicht bedürfe. In Berlin steht Rechtsanwälten und Verteidigern nach den hier geltenden Verwaltungsvorschriften regelmäßig ein weitergehender Anspruch auf Einsicht in die Gefangenenpersonalakte zu (§ 185 StVollzG, § 19 BDSG).
Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 02.11.2006; Aktenzeichen 541 StVK 695/06 Vollz) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Gefangenen gegen den Beschluß desLandgerichts Berlin - Strafvollstreckungskammer - vom 2. November 2006 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Mit seinem an das Verwaltungsgericht Berlin gerichteten Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 16. März 2006 begehrt der Gefangene, ihm Akteneinsicht in die ihn betreffenden Gefangenenpersonalakten einschließlich der Gesundheitsakten zu gewähren, sowie den gesamten Aktenbestand zu überprüfen und zu bereinigen. Er vermutet in den Akten insbesondere verfälschende Darstellungen seiner Person, die er nur durch die Akteneinsicht, nicht aber durch eine bloße Auskunft überprüfen könne. Durch Beschluß vom 30. Mai 2006 hat das Verwaltungsgericht Berlin die Sache an das Landgericht Berlin - Strafvollstreckungskammer - verwiesen. Mit dem angefochtenen Beschluß vom 2. November 2006 hat die Strafvollstreckungskammer den Antrag des Gefangenen zurückgewiesen. Mit seiner Rechtsbeschwerde rügt der Gefangene die Verletzung sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg. Die form- und fristgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde (§ 118 StVollzG) erfüllt die besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 116 Abs. 1 StVollzG, weil es geboten ist, die Nachprüfung der Entscheidung zur Fortbildung des Rechts zu ermöglichen. Sie ist aber unbegründet.
1.
Obergerichtlich ist geklärt, daß sich das Akteneinsichtsrecht des Gefangenen nach § 185 StVollzG richtet und er gemäß dieser Vorschrift nach Maßgabe des § 19 BSDG in erster Linie Anspruch auf Auskunft hat und, ihm die Akteneinsicht nur zusteht, soweit eine Auskunft für die Wahrnehmung seiner rechtlichen Interessen nicht ausreicht und er hierfür auf die Einsichtnahme angewiesen ist (vgl. OLG Hamm NStZ 2002, 615). Dabei ist die Auskunft zunächst unbeschränkt, die Akteneinsicht dazu an sich subsidiär (vgl. Arloth/Lückemann, StVollzG § 185 Rdnr. 1).
Dem Wortlaut der Vorschrift ist eindeutig zu entnehmen, daß das Akteneinsichtsrecht nicht unbeschränkt und ohne Angabe von Gründen gewährt werden soll. Vielmehr erfordert die Wahrnehmung eines solchen Rechts die Darlegung, daß eine Auskunft für die Wahrung der rechtlichen Interessen des Betroffenen nicht ausreicht und er hierzu auf Akteneinsicht angewiesen ist (vgl. OLG Nürnberg ZfStrVo 2005, 297; OLG Frankfurt am Main NStZ-RR 2005, 64 (Ls) = Beschluß vom 24. September 2004 - 3 Ws 872/04 (StVollz) -; OLG Koblenz ZfStrVo 2003, 301, 302; OLG Hamm NStZ 2002, 615; OLG München ZfStrVo 2001, 362; OLG Dresden NStZ 2000, 392; LG Hamburg NStZ 2002, 55).
Daß es der Darlegung eines rechtlichen Interesses bedarf, folgt auch aus dem Hinweis auf § 19 BSDG. Denn nach § 185 StVollzG wird dem Betroffenen sogar ein Anspruch auf Auskunft nur nach Maßgabe des § 19 BSDG gewährt. Nach dieser Vorschrift muß er in seinem Antrag die Art der personenbezogenen Daten, über die Auskunft erteilt werden soll, näher bezeichnen (§ 19 Abs. 1 Satz 2 BSDG). Sind diese Angaben in den Akten enthalten, besteht der Anspruch auf Auskunft nur dann, wenn der für die Erteilung der Auskunft erforderliche Aufwand nicht außer Verhältnis zu dem von dem Betroffenen geltend gemachten Informationsinteresse steht (§ 19 Abs. 1 Satz 3 BSDG). Eine solche Abwägung ist jedoch nur dann möglich, wenn der Betroffene ein auf konkrete Inhalte bezogenes und begründetes Informationsinteresse geltend macht. Dieses kann nicht unmittelbar aus seinem Recht auf informationelle Selbstbestimmung geltend gemacht werden (so aber Weichert in AK-StVollzG 5. Aufl., § 185 Rdn. 13). Denn § 19 BSDG dient gerade der Durchsetzung dieses Rechts der Bürger. Macht die Norm dieses jedoch von einem besonderen Informationsinteresse abhängig, muß dies schon über den allgemeinen Anspruch auf informationelle Selbstbestimmung hinausgehen (vgl. OLG Hamm a.a.O.); ein Rechtsanspruch auf Akteneinsicht besteht nicht (vgl. LSG Berlin, Urteil vom 24. September 1997 - L 9 Kr 9/97 - [...]).
In der Regel wird ein Strafgefangener ein berechtigtes Interesse an der Kenntnis des Inhalts der Personalakten haben, da dieser in vielfältiger Weise Auswirkungen auf seinen Vollzugsalltag haben kann. Da bekannt ist, in welchen Akten sich welche Angaben befinden, bestehen auch für die Vollzugsbehörde keine besonderen Schwierigkeiten, die notwendigen Auskünfte zu erteilen, sofern der Gefangene konkret genug nachfragt. Die nach § 185 StVollzG, § 19 BDSG gebotene Abwägung im Rahmen der Verh...