Leitsatz (amtlich)

Zum (verneinten) Absehen vom Fahrverbot bei einem Rechtsanwalt

 

Verfahrensgang

AG Menden (Sauerland) (Entscheidung vom 28.03.2003)

AG Menden (Sauerland) (Entscheidung vom 17.02.2003)

 

Tenor

Das angefochtene Urteil wird im Rechtsfolgenausspruch dahin abgeändert, dass gegen den der fahrlässigen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerorts um 45 km/h schuldigen Betroffenen eine Geldbuße von 125,00 Euro und ein Fahrverbot für die Dauer eines Monats festgesetzt wird. Es wird bestimmt, dass das verhängte Fahrverbot erst dann wirksam wird, wenn der Führerschein des Betroffenen nach Rechtskraft der Bußgeldentscheidung in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von 4 Monaten nach Eintritt der Rechtskraft der Bußgeldentscheidung.

Die Kosten des Rechtsmittels trägt der Betroffene.

 

Gründe

Der Landrat des Märkischen Kreises hat mit Bußgeldbescheid vom 3. Januar 2003 gegen den Betroffenen wegen (fahrlässiger) Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit ein Bußgeld in Höhe von 160,- Euro sowie ein Fahrverbot für die Dauer eines Monats mit der Maßgabe nach § 25 Abs. 2 a StVG festgesetzt, weil der Betroffene am 5. September 2002 mit dem Pkw Porsche, amtliches Kennzeichen xxxxxxxxxx, in Menden die Unnaer Landstraße die dort zulässige innerörtliche Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 45 km/h überschritten hat.

Hiergegen hat der Betroffene rechtzeitig Einspruch eingelegt, den er mit Schreiben vom 14. Januar 2003 unter Hinweis auf seine Eingabe vom 12. Dezember 2002 auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt hat.

Das Amtsgericht hat im schriftlichen Verfahren nach § 72 OWiG durch Beschluss vom 17. Februar 2003 gegen den Betroffenen ein Bußgeld vom 320,- Euro festgesetzt. Von der Verhängung eines Fahrverbotes hat es abgesehen.

Diesen Beschluss hat das Amtsgericht, nachdem die Staatsanwaltschaft Arnsberg ein Rechtsmittel eingelegt hatte, gemäß § 72 Abs. 6 Satz 2 OWiG mit Beschluss vom 28. März 2003 begründet. Unter Hinweis auf eine straßenverkehrsrechtliche Voreintragung des Betroffenen, nach der gegen ihn durch Bußgeldbescheid vom 28. März 2001 wegen Geschwindigkeitsüberschreitung um 34 km/h ein Bußgeld von 150,00 DM festgesetzt worden ist, hat das Amtsgericht bei der Rechtsfolgenbemessung Folgendes ausgeführt:

"Da der Betroffene eine einschlägige Voreintragung aufweist, war die Regelgeldbuße von 125,00 EUR angemessen zu erhöhen. Eine Erhöhung auf 160,00 EUR ist nach Auffassung des Gerichts im vorliegenden Fall angemessen.

Nach § 4 Abs. 1 Bußgeldkatalogverordnung kommt die Anordnung eines Fahrverbots gem. § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG wegen grober Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers in der Regel in Betracht, wenn die in § 4 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 der Bußgeldkatalogverordnung aufgeführten Tatbestände verwirklicht sind. Diese Voraussetzungen liegen hier bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung um 45 km/h vor (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 Bußgeldkatalogverordnung).

Das Gericht hat im vorliegenden Fall jedoch von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, bei gleichzeitiger angemessener Erhöhung der Geldbuße von der Anordnung eines Fahrverbots abzusehen.

Das Gericht verkennt dabei nicht, dass nur in Ausnahmefällen von der Anordnung eines (Regel-) Fahrverbot abgesehen werden kann und nicht jeder wirtschaftliche oder berufliche Nachteile eine Ausnahme vom Regelfahrverbot rechtfertigt. Vielmehr kann eine Ausnahme grundsätzlich nur dann angenommen werden, wenn besondere Härten vorliegen, zudem die Verhängung des Fahrverbots führen würde.

Das Gericht ist der Überzeugung, dass im vorliegenden Fall die Voraussetzungen dafür gegeben sind, von der Verhängung eines Fahrverbots abzusehen.

Der Betroffene hat im Schriftsatz seines Verteidigers vom 12.12.2002, auf den zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, im Einzelnen und nachvollziehbar unter Beifügung entsprechender Unterlagen dargelegt, dass angesichts der Struktur der Anwaltssozietät, der er angehört, der Struktur der Mandantschaft und der örtlichen Besonderheit, dass für ihn eine relativ große Anzahl verschiedener Gerichte erreichbar sein muss, die Verhängung eines Fahrverbotes zu erheblichen Auswirkungen auf seine berufliche Tätigkeit und damit auf seine wirtschaftliche Situation führen würde.

Sicherlich würde sich die Verhängung eines Fahrverbotes für den Betroffenen nicht Existenz bedrohend auswirken. Es ist aber von wirtschaftlichen Beeinträchtigungen in einem Ausmaß auszugehen, das auch unter Berücksichtigung der Voreintragung in keinem vertretbaren Verhältnis zu dem in Rede stehenden Regelverstoß stehen würde.

Im diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass auch Mandanten eines Rechtsanwaltes, der in den Augen der Öffentlichkeit mehr und mehr in die Stellung eines allgemeinen Dienstleisters rückt, nicht mehr bereit sind, Einschränkungen in der Dienstleistungsbereitschaft des von ihnen beauftragten Anwalts hinzunehmen und in weitaus stärkerem Maße als früher sehr schnell bereit sind, einen Anwaltswechsel vorzunehmen, wenn der ursprüngl...

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