Leitsatz (amtlich)
Der Tatrichter muss bei Anordnung eines Regelfahrverbots die Möglichkeit vom Fahrverbot gegen Erhöhung der Geldbuße absehen zu können nicht ausdrücklich ansprechen, wenn es sich bei der Tat um einen besonders schweren Verstoß handelt.
Die Schwere des Verstoßes bemisst sich nicht nur Anhand des Maßes der Geschwindigkeitsüberschreitung, sondern auch anhand der im Einzelfall gegebenen Verkehrs- und Messsituation.
Verfahrensgang
GStA Hamm (Aktenzeichen 6 Ss OWi 615/11) |
AG Siegen (Aktenzeichen 431 OWi 32 Js 1967/10 (1036/10)) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde wird als unbegründet verworfen.
Die Kosten des Rechtsmittels trägt der Betroffene.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Siegen hat gegen den Betroffenen durch das angefochtene Urteil vom 2. Februar 2011 wegen eines fahrlässigen Geschwindigkeitsverstoßes eine Geldbuße in Höhe von 160,- EUR verhängt. Zudem hat es ein einmonatiges Fahrverbot unter Anwendung des § 25 Abs. 2a StVG angeordnet. Dabei hat das Gericht folgende tatsächliche Feststellungen getroffen:
"Am 5.10.2010 gegen 12:10 Uhr befuhr die Betroffene mit einem PKW Audi A 6 mit dem amtlichen Kennzeichen .......... in Wilnsdorf (außerorts) die Hagerer Straße in Fahrtrichtung Siegen. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit ist dort auf 50 km/h durch Verkehrszeichen begrenzt. Im Bereich der Geschwindigkeitsbegrenzung wurde die Betroffene mittels des Lasermessgerätes vom Typ Riegl LR 90-235/P durch den Beamten E mit einer Geschwindigkeit von 99 km/h gemessen. Nach Abzug eines Toleranzwertes von 3 km/h ergibt sich, dass die Betroffene diese Stelle mit einer vorwerfbaren Geschwindigkeit von 96 km/h befuhr. Die Messstelle befindet sich außerhalb der geschlossenen Ortschaft."
Hiergegen hat der Betroffene über seinen Verteidiger mit am 9. Februar 2011 eingegangenem Schriftsatz vom selben Tage Rechtsbeschwerde eingelegt, diese nach Urteilszustellung vom 15. März 2011 mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 15. April 2011 begründet und hierbei die Sachrüge erhoben. Im Wesentlichen macht er geltend, die ordnungsgemäße Bedienung des Messgerätes sei nicht festgestellt worden. Zudem sei es erforderlich gewesen, einen Sachverständigen hinzuzuziehen, da angesichts der Örtlichkeit ein "Wandern" des Messstrahls auf dem Kennzeichen des Fahrzeugs des Betroffenen möglich gewesen sei. Letztlich hätte das Gericht auch von einer Fahrverbotsanordnung absehen müssen, da eine Arbeitgeberbescheinigung vorgelegen habe, aus der sich eine Arbeitsplatzgefährdung für den Fall einer Fahrverbotsanordnung ergebe. Das Gericht hätte hierzu ergänzend angebotene Zeugen vernehmen müssen.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, das Urteil im Rechtsfolgenausspruch mit den dazugehörigen Feststellungen aufzuheben und insoweit die Sache an das AG Siegen zurückzuverweisen. Das Amtsgericht habe sich nämlich nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob gegen angemessene Erhöhung der Geldbuße ausnahmsweise wegen der hierdurch eintretenden Erziehungswirkung von einer Fahrverbotsanordnung hätte abgesehen werden können.
II.
Die rechtzeitig gestellte und form- und fristgerecht begründete Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, da die Nachprüfung des Urteils weder aufgrund der Beschwerderechtfertigung noch angesichts der Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft einen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben hat.
1.
Was die Angriffe des Betroffenen gegen die Geschwindigkeitsmessung angeht, so hat die Generalstaatsanwaltschaft hierzu ausgeführt:
"Die auf die Sachrüge vorzunehmende Überprüfung des angefochtenen Urteils lässt, soweit es den Schuldspruch betrifft, Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen nicht erkennen. Die in sich widerspruchsfreien und nicht gegen Denk- und Erfahrungssätze verstoßenden Feststellungen des Gerichts tragen die Verurteilung wegen einer fahrlässigen Geschwindigkeitsüberschreitung um 46 km/h.
Bei dem verwendeten Lasermessgerät Riegl LR 90-235/P handelt es sich um ein standardisiertes Messverfahren (zu vgl. Senatsbeschluss vom 25.11.1999 - 1 Ss OWi 1224/99 - ; OLG Hamm, Beschluss vom 25.08.2009 - 2 Ss OWi 593/09 - m.w.N., jeweils zitiert nach Burhoff online). Das Urteil wird den in der obergerichtlichen Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen hinsichtlich des erforderlichen Umfangs der tatsächlichen Feststellungen bei standardisierten Messverfahren (zu vgl. BGH NJW 1993, 3081 ff; OLG Hamm, Beschluss vom 15.05.2008 - 2 Ss OWi 229/08 - , m.w.N., zitiert nach Burhoff online) gerecht, in dem es das Messverfahren bezeichnet, den zu berücksichtigen Toleranzwert angibt und darlegt, dass es mögliche Fehlerquellen ausreichen berücksichtigt hat. Entgegen der Ausführungen in der Begründungsschrift sind die Vorgaben des Herstellers zum ordnungsgemäßen Einsatz des Gerätes nach den Urteilsfeststellungen eingehalten worden. Soweit der Betroffene - über unzulässige Angriffe auf die tatrichterlichen Feststellungen hinaus - die Zuverlässigkeit des Messverfahrens im vorliegenden Fall beanstandet und insbesondere rügt, das Tatgericht sei ei...