Entscheidungsstichwort (Thema)
Strafvollzug. Maßnahmen zur Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung in der JVA gegenüber einem Nichtstörer. Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde bei unzureichenden tatsächlichen Feststellungen der Strafvollstreckungskammer
Leitsatz (amtlich)
1. Die gerichtliche Überprüfung von durch die JVA angeordneten Sicherungsmaßnahmen erfordert insbesondere hinreichende Feststellungen der Strafvollstreckungskammer dazu, zu welchem Zeitpunkt welche von verschiedenen in Betracht kommenden Sicherungsmaßnahme/n (hier: eine Trennungsanordnung gemäß § 14 Abs. 2 S. 2 StVollzG NRW oder eine Absonderung gemäß § 69 Abs. 2 Nr. 3 StVollzG NRW) mit welcher Begründung gegenüber dem Betroffenen angeordnet worden sind.
2. Die Vollzugsbehörde überschreitet die Grenzen ihres gerichtlich überprüfbaren Ermessens, wenn sie eine Maßnahme der Gefahrenabwehr (hier: eine Trennungsanordnung im Sinne des § 14 Abs. 2 S. 2 StVollzG NRW) gegen den Nichtstörer richtet, obwohl - nach derzeitigem Stand - eine (ebenso) erfolgversprechende Maßnahme gegen den bzw. die Störer gleichfalls in Betracht gekommen wäre oder sogar nahegelegen hätte (vgl. Senat, Beschluss vom 08.01.2019 - III-1 Vollz(Ws) 516/18 -; Beschluss von 10.01.2013 - III-1 Vollz (Ws) 695/12 -, jew. zit. n. juris).
Normenkette
StVollzG § 115 Abs. 5; StVollzG NRW § 14 Abs. 2 S. 2; StVollzG NRW § 69 Abs. 2 Nr. 2
Verfahrensgang
LG Arnsberg (Aktenzeichen 2 StVK 170/17) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen und der angefochtene Beschluss wird betreffend die (Nicht-)Feststellung der Rechtswidrigkeit der angeordneten Sicherungsmaßnahmen aufgehoben. Im Übrigen wird die Rechtsbeschwerde als unzulässig verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Arnsberg zurückverwiesen.
Gründe
I.
Mit seiner Rechtsbeschwerde wendet sich der Betroffene gegen den Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Arnsberg vom 29. März 2019, durch den sein Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 12. März 2017, der - nach Aufhebung der Maßnahmen sowie von ihm erklärter Erledigung im Laufe des gerichtlichen Verfahrens - auf Feststellung der Rechtswidrigkeit im Dezember 2016 angeordneter und im Februar 2017 modifizierter Sicherungsmaßnahmen sowie der Nichtaushändigung von X Nasenspray gerichtet war, insgesamt zurückgewiesen worden ist. Zur Begründung hat die Strafvollstreckungskammer ausgeführt, in Bezug auf die Nichtaushändigung des Nasensprays mangele es bereits am erforderlichen Fortsetzungsfeststellungsinteresse, insbesondere sei mangels vorherigen Antrags an die Antragsgegnerin eine Wiederholungsgefahr nicht anzunehmen. In Bezug auf die Feststellung der angeordneten Sicherungsmaßnahmen hat die Strafvollstreckungskammer ausgeführt, es seien "allgemeine und besondere Sicherungsmaßnahmen angeordnet" worden, "u.a. Einzelbaden und die Unterbringung in einem Einzelhaftraum sowie die Trennung von zwei Mitgefangenen und die Sicherstellung von Beaufsichtigung im Haftbereich". Insoweit sei "für das Gericht nicht erkennbar geworden, dass diese überhaupt rechtswidrig gewesen wären". Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses verwiesen.
Gegen den ihm am 15. April 2019 zugestellten Beschluss hat der Betroffene zu Protokoll der Geschäftsstelle des Amtsgerichts Werl am 14. Mai 2019 Rechtsbeschwerde eingelegt, die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses insgesamt beantragt und die Rüge der Verletzung materiellen Rechts erhoben.
Das Ministerium der Justiz Nordrhein-Westfalen hat unter dem 13. Juni 2019 beantragt, die Rechtsbeschwerde mangels Vorliegens eines Zulassungsgrundes als unzulässig zu verwerfen. Der Betroffene hatte Gelegenheit zur Gegenäußerung.
II.
1.
Die gemäß § 118 Strafvollzugsgesetz des Bundes (im Weiteren: StVollzG) form- und fristgerecht eingelegte und mit der Sachrüge begründete Rechtsbeschwerde erweist sich in Bezug auf das Fortsetzungsfeststellungsbegehren, die Nichtaushändigung des X Nasensprays sei rechtswidrig gewesen, bereits deshalb als unzulässig, weil der ursprünglich insoweit gestellte Verpflichtungsantrag, der als Fortsetzungsfeststellungsantrag gemäß § 115 Abs. 3 StVollzG fortgeführt worden ist, bereits mangels vorherigen Antrags des Betroffenen auf Aushändigung und damit mangels der erforderlichen Vorbefassung von Anfang an unzulässig war (vgl. dazu Spaniol, in Feest/Lesting/Lindemann, 7. Aufl., StVollzG § 115 Rn. 69), was der Senat auf die erhobene Sachrüge von Amts wegen im Rahmen der Verfahrensvoraussetzungen zu prüfen hat.
2.
a)
Soweit der Betroffene mit seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 12. März 2017 ursprünglich die Aufhebung der angeordneten Sicherungsmaßnahmen begehrt hat, war der Antrag zulässig und ist gemäß § 115 Abs. 3 StVollzG im Laufe des gerichtlichen Verfahrens vor der Strafvollstreckungskammer Erledigung eingetreten, die der Betroffene auch erklärt hat, na...