Leitsatz (amtlich)

  • 1.

    Bei der Prüfung, ob eine Berufung der Annahme nach § 313 Abs. 1 StPO bedarf, bleiben in einem Bewährungsbeschluss auferlegte Geldbußen außer Betracht.

  • 2.

    Soweit der Senat von der Zulässigkeit eines Rechtsmittels gegen einen Nichtannahmebeschluss des Berufungsgerichts nach § 313 Abs. 2 StPO bereits in den Fällen ausgegangen ist, in denen Streit über die Frage besteht, ob überhaupt ein Fall der Annahmeberufung nach § 313 Abs. 1 S. 1 StPO vorliegt, hält er an dieser Rechtsprechung nicht mehr fest.

 

Verfahrensgang

LG Bochum (Entscheidung vom 25.11.2005; Aktenzeichen 4 Ns 39 Js 96/05)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten der Angeklagten als unzulässig verworfen.

 

Gründe

Die Angeklagte ist durch Urteil des Amtsgerichts Herne-Wanne vom 15. September 2005 wegen vorsätzlichen Verstoßes gegen die Hackfleischverordnung (§§ 51 LMBG, 5 Abs. 3, 16 Abs. 1 Nr. 5 HackFlVO) schuldig gesprochen worden. Gemäß § 59 StGB wurde sie verwarnt und die Verurteilung zu einer Geldstrafe von 15 Tagessätzen zu je 40,- EUR vorbehalten.

Durch ebenfalls in der Hauptverhandlung vom 15. September 2005 gemäß § 59 a StGB erlassenen und gemäß § 268 a StPO verkündeten Beschluss wurde die Bewährungszeit auf zwei Jahre festgesetzt und der Angeklagten die Auflage erteilt, eine Geldbuße in Höhe von 300,- EUR an die Staatskasse in monatlichen Raten von 100,- EUR zu zahlen.

Die gegen dieses Urteil gerichtete Berufung der Angeklagten ist durch den angefochtenen Beschluss nicht angenommen und als unzulässig verworfen worden, da sie offensichtlich unbegründet sei.

Hiergegen wendet sich die Angeklagte mit ihrem als sofortige Beschwerde bezeichneten Rechtsmittel vom 8. Dezember 2005. Sie ist der Auffassung, die Vorschrift des § 313 Abs. 2 S. 3 StPO sei hier schon deshalb nicht einschlägig, weil ein Fall der Annahmeberufung nach § 313 Abs. 1 StPO nicht vorliege. Sie sei nicht nur zu einer Verwarnung mit Vorbehalt einer Geldstrafe von 15 Tagessätzen verurteilt worden, sondern es sei darüber hinaus eine Geldbuße von 300,- EUR verhängt worden, was eine sonstige Maßnahme darstelle.

Das als sofortige Beschwerde bezeichnete Rechtsmittel ist nicht statthaft und war deshalb als unzulässig zu verwerfen.

Die Berufung bedurfte gemäß § 313 Abs. 1 S. 1 StPO der Annahme.

Das Annahmeerfordernis bei einer Verurteilung in den Grenzen des § 313 Abs. 1 S. 1 StPO gilt zwar nur, wenn ausschließlich auf eine Sanktion der dort genannten Art erkannt worden ist (vgl. KK-Ruß, StPO, 5. Aufl., § 313 Rdnr. 2 a). Gerade dies ist hier aber der Fall, da die neben der Verwarnung vorbehaltene Strafe nicht mehr als 15 Tagessätze beträgt. Gemeint ist damit aber ausschließlich die Sanktion, die als Rechtsfolge im Urteil ausgesprochen worden ist.

Die vorliegend im gesonderten Bewährungsbeschluss gemäß § 59 a StGB auferlegte Geldbuße zählt aber nicht zu diesen Rechtsfolgen. Mit einer Berufung wird auch nur der Schuldspruch und der durch das Urteil ausgesprochene Rechtsfolgenausspruch angegriffen, nicht aber der Bewährungsbeschluss. Dieser wäre gemäß §§ 268 a, 305 a StPO isoliert mit der Beschwerde anfechtbar.

Es ist insoweit auch keine Verurteilung zu einer Geldbuße i.S.d. genannten Vorschrift erfolgt.

Eine durch einen Bewährungsbeschluss erteilte Auflage ist daher auch nicht identisch mit einer nach den Vorschriften des OWiG auferlegten Geldbuße, da insoweit die Geldbuße gerade durch Urteil verhängt wird (§ 313 Abs 3 StPO).

Liegen aber die Voraussetzungen des § 313 Abs. 1 S. 1 StPO vor, ist diese Entscheidung gemäß § 322 a S. 2 StPO grundsätzlich unanfechtbar.

Dies gilt nach allgemeiner Meinung auch dann, wenn - wie vorliegend - die Berufung wegen offensichtlicher Unbegründetheit nicht angenommen und deshalb als unzulässig verworfen worden ist (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 48. Aufl., § 322 a Rdnr. 8).

Hierfür spricht zunächst der Wortlaut der gesetzlichen Regelung.

In § 322 a S. 2 StPO wird hinsichtlich der Unanfechtbarkeit der über die Annahme der Berufung ergehenden Entscheidung nicht unterschieden, ob diese die Annahme der Berufung ausgesprochen hat oder nicht. Vielmehr stellt § 322 a S. 2 StPO ohne jede Einschränkung fest, dass "die Entscheidung ..." unanfechtbar ist. Gemeint ist damit die nach § 322 a S. 1 StPO "über die Annahme der Berufung (§ 313) ..." ergangene Entscheidung. Diese Entscheidung umfasst aber sowohl die Annahme als auch die Nichtannahme der Berufung.

Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber im Übrigen in § 322 a StPO zwischen der Entscheidung über die Annahme und der über die Nichtannahme der Berufung unterschieden hat. Denn nach § 322 a S. 3 StPO bedarf nur der Beschluss über die Annahme der Berufung keiner Begründung. Wenn der Gesetzgeber auch hinsichtlich der (Nicht-)Anfechtbarkeit der Entscheidung über die Annahme einen Unterschied hätte machen wollen, hätte deshalb nichts näher gelegen, als dieses - ebenso wie bei der Begründung - ausdrücklich aufzunehmen.

Schließlich sprechen auch Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung gegen eine Anfechtbarkeit der Entscheidung, ...

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