Verfahrensgang

AG Hagen (Aktenzeichen 96 OWi 763 Js 18/07 - 137/07)

 

Tenor

Das angefochtene Urteil wird mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Hagen zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Amtsgericht den Einspruch des Betroffenen gegen den Bußgeldbescheid der Stadt Hagen vom 04. September 2006, mit dem wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit eine Geldbuße von 393,75 EUR sowie ein Fahrverbot von drei Monaten festgesetzt worden war, gemäß § 74 Abs. 2 OWiG verworfen. Der Betroffene hatte zuvor beantragt, ihn von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen im Termin zu entbinden, was das Amtsgericht abgelehnt hatte. Nachdem der Betroffene im Termin zur Hauptverhandlung dann nicht erschienen war, verwarf das Amtsgericht seinen Einspruch gemäß § 74 Abs. 2 OWiG; der Betroffene sei im Termin ohne genügende Entschuldigung ausgeblieben.

Hiergegen hat der Betroffene Rechtsbeschwerde eingelegt. Er rügt mit näheren Ausführungen, das Amtsgericht habe seinen Antrag, ihn von der Verpflichtung, in der Hauptverhandlung zu erscheinen, zu entbinden, zu Unrecht abgelehnt.

II.

Die gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 1 OWiG fristgerecht eingelegte und begründete Rechtsbeschwerde ist in zulässiger Weise erhoben und hat auch in der Sache einen zumindest vorläufigen Erfolg.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Stellungnahme vom 04. Juli 2007 hierzu Folgendes ausgeführt:

"Die Verfahrensrüge des Betroffenen, mit der er die Gesetzeswidrigkeit der Einspruchsverwerfung nach § 74 Abs. 2 OWiG geltend macht und damit auch die Verletzung des rechtlichen Gehörs rügt, entspricht den Anforderungen der §§ 79 Abs. 3 i.V.m. § 344 Abs. 2 S. 2 StPO.

Nach den genannten Vorschriften muss bei einer Verfahrensrüge der Tatsachenvortrag so vollständig sein, dass das Rechtsbeschwerdegericht allein aufgrund der Begründungsschrift prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, wenn das tatsächliche Vorbringen des Betroffenen zutrifft (zu vgl. Senatsbeschluss vom 27.05.2004 - 2 Ss OWi 332/04 -). Wird die Versagung rechtlichen Gehörs gerügt, muss in der Begründungsschrift durch entsprechenden Tatsachenvortrag schlüssig dargelegt werden, dass ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG vorliegt. In diesem Fall obliegt es dem Betroffenen, darzulegen, aus welchen Gründen das Gericht seinem Entbindungsantrag nach § 73 Abs. 2 OWiG hätte stattgeben müssen. Der Betroffene muss also darlegen, aus welchen Gründen der Tatrichter von seiner Anwesenheit in der Hauptverhandlung einen Beitrag zur Aufklärung des Sachverhalts unter keinen Umständen hätte erwarten dürfen. Hierzu ist es erforderlich, den im Bußgeldbescheid erhobenen Tatvorwurf und die konkrete Beweislage im Einzelnen vorzutragen. In diesem Zusammenhang ist in aller Regel auch darzulegen, wann und mit welcher Begründung der Antrag auf Entbindung von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen gestellt worden ist und wie das Gericht diesen Antrag beschieden hat (zu vgl. Senatsbeschluss vom 27.05.2004 - 2 Ss OWi 332/04 -). Da der Anspruch auf rechtliches Gehör zudem nur dann verletzt ist, wenn die erlassende Entscheidung auf einem Verfahrensfehler beruht, der seinen Grund in unterlassener Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Partei hat, müssen in der Begründungsschrift konkret die Tatsachen dargelegt werden, anhand derer die Beruhensfrage geprüft werden kann.

Vorliegend ermöglicht die Begründungsschrift des Betroffenen eine Überprüfung seitens des Rechtsbeschwerdegerichts, ob nach diesen Grundsätzen eine Versagung rechtlichen Gehörs vorliegt. In der Begründungsschrift wird der Wortlaut des Schriftsatzes des Verteidigers des Betroffenen vom 13.03.2007, mit dem die Entbindung des Betroffenen von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen beantragt worden war, vollständig wiedergegeben. Aus der Begründungsschrift ergibt sich auch der dem Betroffenen zur Last gelegte Verkehrsverstoß. Der Begründungsschrift ist ferner zu entnehmen, dass und mit welcher Begründung der Betroffene einen Antrag auf Entbindung von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen gestellt hat. Ferner wird dargelegt, dass dieser Antrag vom Gericht nicht im Sinne des Betroffenen beschieden worden ist. Schließlich ist der Begründungsschrift zu entnehmen, dass der Betroffene eine Einlassung zur Sache abgegeben und außerdem erklärt hat, dass von ihm in der Hauptverhandlung keine weitere Aufklärung der Sache zu erwarten sei.

Bleibt der Betroffene trotz ordnungsgemäßer Ladung der Hauptverhandlung fern und wird daraufhin der Einspruch durch Urteil gem.§ 74 Abs. 2 OWiG verworfen, so kann die Einspruchsverwerfung das Recht des Betroffenen auf rechtliches Gehör verletzen, wenn einem rechtzeitig gestellten Antrag auf Entbindung von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen (§ 73 Abs. 2 OWiG) zu Unrecht nicht entsprochen worden ist (zu vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 20.09.2005...

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