Entscheidungsstichwort (Thema)

Sicherungshaft bei Einreise des Betroffenen aus einem sicheren Drittstaat

 

Leitsatz (amtlich)

Die Sicherungshaft nach § 57 Abs. 2 S. 2 AuslG kann auch dann angeordnet werden, wenn die Anordnung der Abschiebung des Betroffenen in einem Bescheid des Bundesamtes nach § 34a AsylVfG getroffen worden ist, der gem. Abs. 1 S. 3 der Vorschrift keine Fristsetzung zur Ausreise enthält.

 

Verfahrensgang

LG Bielefeld (Beschluss vom 15.01.2004; Aktenzeichen 25 T 221/03)

AG Gütersloh (Aktenzeichen 12 XIV 509/B)

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Entscheidung des LG im Kostenpunkt abgeändert wird.

Der Kreis H. hat die dem Betroffenen im Verfahren der sofortigen ersten und weiteren Beschwerde entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

 

Gründe

Die sofortige weitere Beschwerde ist nach den §§ 103 Abs. 2 AuslG, 7 Abs. 1, 3 S. 2 FEVG, 27, 29 FGG statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt. Der Statthaftigkeit des Rechtsmittels steht § 20a Abs. 1 S. 1 FGG nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift ist eine Anfechtung der Entscheidung über den Kostenpunkt unzulässig, wenn nicht gegen die Entscheidung in der Hauptsache ein Rechtsmittel eingelegt wird. Das LG hat eine Entscheidung in der Hauptsache getroffen, indem es unter Zurückweisung der weiter gehenden Erstbeschwerde dem Feststellungsantrag des Betroffenen teilweise stattgegeben hat. Als Nebenentscheidung dazu hat die Kammer über den Kostenpunkt befunden und eine Erstattung außergerichtlicher Kosten des Betroffenen ausgeschlossen. Der Senat muss davon ausgehen, dass sich die sofortige weitere Beschwerde des Betroffenen gegen die Entscheidung des LG insgesamt richtet. Denn nach dem gestellten Antrag wird die Entscheidung des LG angegriffen, soweit die Kammer die Anträge des Betroffenen zurückgewiesen hat. Zwar richtet sich die Begründung der sofortigen weiteren Beschwerde ausdrücklich nur gegen die Entscheidung zum Kostenpunkt. Dieser Gesichtspunkt tritt jedoch ggü. dem ausdrücklich gestellten Antrag zurück, zumal die Zulässigkeit der sofortigen weiteren Beschwerde nicht notwendig eine Begründung erfordert.

In der Sache ist das Rechtsmittel unbegründet, weil die Entscheidung des LG in der Hauptsache nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 27 Abs. 1 S. 1 FGG). Der Senat hat jedoch die ebenfalls zu überprüfende Kostenentscheidung des LG abgeändert und eine Verpflichtung des Kreises H. zur Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Betroffenen ausgesprochen.

Zutreffend ist das LG von einer zulässigen Erstbeschwerde des Betroffenen ausgegangen. Der Statthaftigkeit der sofortigen Beschwerde stand die Erledigung der Hauptsache nicht entgegen, nachdem der Betroffene sein Rechtsmittel zulässig auf das Ziel der Feststellung der Rechtswidrigkeit der getroffenen Maßnahmen umgestellt hatte (BVerfG v. 5.12.2001 - 2 BvR 527/99, NJW 2002, 2456).

Ohne Rechtsfehler hat das LG die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Abschiebungshaft auf den Zeitraum bis zu der am 26.9.2003 erfolgten Zustellung des Bescheids des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 17.9.2004 beschränkt. Mit der Zustellung dieses Bescheids lagen, wie das LG zutreffend ausgeführt hat, die Voraussetzungen für eine Haftanordnung nach § 57 Abs. 2 S. 2 AuslG vor. Nach dem Wortlaut dieser Vorschrift setzt zwar die Haftanordnung voraus, dass die Ausreisefrist abgelaufen ist. Demgegenüber entsteht die Ausreisepflicht des Betroffenen in dem hier gegebenen Fall des Abschlusses eines Asylverfahrens gem. § 34a AsylVfG ohne weiteres bereits durch die Zustellung des Bescheides des Bundesamtes, durch die die Abschiebung des Betroffenen in den Drittstaat nach der genannten Vorschrift angeordnet wird. Die Vorschrift des § 57 Abs. 2 S. 2 AuslG ist jedoch hier gleichwohl anwendbar, weil ihre Auslegung in Übereinstimmung mit dem LG zu dem Ergebnis führt, dass das Tatbestandsmerkmal "Ablauf der Ausreisefrist" lediglich klarstellen soll, dass sämtliche Voraussetzungen für eine Abschiebung erfüllt sein müssen. Insbesondere handelt es sich entgegen der Ansicht des Betroffenen nicht um einen selbständigen Haftgrund. Dies ergibt sich nach Auffassung des Senats mit hinreichender Deutlichkeit aus der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 12/2062, 45 f.), wo es heißt:

"Der neu eingefügte S. 2 regelt einen fakultativen Haftgrund, der voraussetzt, dass sämtliche Abschiebungsvoraussetzungen erfüllt sind ... Die Vorschrift soll vor allem bei Sammelabschiebungen und in sonstigen Fällen, in denen die Abschiebung einen erheblichen organisatorischen Aufwand erfordert oder nur - z.B. im Hinblick auf die Gültigkeitsdauer der Reisedokumente - in einem begrenzten Zeitraum möglich ist, den Vollzug der Abschiebung sichern."

Da bei einer Rückschiebung nach dem Dubliner Übereinkommen bzw. der dieses nunmehr ersetzenden EG-Verordnung sowohl von einem erheblichen Abstimmungsaufwand zwischen den nationalen Behörden auszugehen ist als auch für die Rückschiebung zu beacht...

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