Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrensrechtliche Behandlung eines Feststellungsantrages betr. eine behördliche Ingewahrsamnahme; Voraussetzungen der kurzen Sicherungshaft
Leitsatz (amtlich)
1. Der Antrag, die Rechtswidrigkeit einer der richterlichen Haftanordnung vorausgehenden behördlichen Ingewahrsamnahme festzustellen, begründet einen selbständigen Verfahrensgegenstand i.S.d. § 13 Abs. 2 FEVG, über den erstinstanzlich das AG zu entscheiden hat.
2. Verbindet der Betroffene seine sofortige Beschwerde gegen die amtsgerichtliche Haftanordnung mit einem solchen Feststellungsantrag, ist das LG nicht gezwungen, zugleich mit der Entscheidung über die Beschwerde eine erstinstanzliche Entscheidung über diesen Feststellungsantrag zu treffen (Abgrenzung zu OLG Köln, Beschl. vom 1.10.2004 - 16 Wx 195/04).
3. Die Anordnung der kurzen Sicherungshaft gem. § 57 Abs. 2 S. 2 AuslG erfordert nicht die positive Feststellung konkreter Anhaltspunkte, die auf eine Entziehungsabsicht des Betroffenen schließen lassen.
Normenkette
FEVG § 13 Abs. 2; AuslG § 57 Abs. 2 S. 2
Verfahrensgang
LG Bielefeld (Beschluss vom 18.10.2004; Aktenzeichen 25 T 203/04) |
AG Herford (Aktenzeichen 6 XIV 2510 B) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde wird hinsichtlich des Beschwerdeantrags zu 2) als unzulässig verworfen, im Übrigen zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Betroffene reiste am 21.2.1999 in das Bundesgebiet ein. Durch Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 30.8.1999 wurde sein Asylantrag zwar abgelehnt, jedoch wurde das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG festgestellt. Auf Klage des Bundesbeauftragten lehnte das VG Minden das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG durch rechtskräftiges Urteil vom 19.11.2001 ab. Durch Bescheid vom 19.8.2003 stellte das Bundesamt fest, dass Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorliegen, forderte den Betroffenen zur Ausreise innerhalb eines Monates nach Bekanntgabe auf und drohte ihm die Abschiebung an; dieser Bescheid ist nach Klageerhebung seit dem 27.2.2004 bestandskräftig.
Seit Anfang 2002 befindet sich auch die Ehefrau des Betroffenen in der Bundesrepublik. Nach Ablehnung ihres Asylantrages ist sie ebenfalls zur Ausreise verpflichtet. Die Ehegatten leben in häuslicher Gemeinschaft. Aus der Ehe ist eine inzwischen zwei Jahre alte Tochter hervorgegangen. Die Ehefrau ist erneut schwanger, voraussichtlicher Entbindungstermin ist Anfang Januar 2005.
Die Beteiligte zu 2) hat die Abschiebung des Betroffenen und seiner Familienangehörigen vorbereitet, die Ausstellung von Heimreisepapieren erwirkt sowie einen Flug für den 21.10.2004 gebucht. Anlässlich einer Vorsprache ließ die Beteiligte zu 2) den Betroffenen am 7.10.2004 gegen 14.45 Uhr festnehmen. Da sich die Beteiligte zu 2) zu einer richterlichen Vorführung des Betroffenen an diesem Tag nicht mehr in der Lage sah, verbrachte dieser die Nacht im behördlichen Gewahrsam.
Am 8.10.2004 hat die Beteiligte zu 2) bei dem AG beantragt, gegen den Betroffenen die Sicherungshaft gem. § 57 Abs. 2 S. 2 AuslG für die Dauer von zwei Wochen anzuordnen. Der Amtsrichter hat den Betroffenen am Vormittag desselben Tages unter Hinzuziehung einer Dolmetscherin persönlich angehört. Durch Beschluss vom selben Tag hat das AG unter Anordnung der sofortigen Wirksamkeit antragsgemäß die Abschiebungshaft für die Dauer von zwei Wochen eingelegt.
Gegen diesen Beschluss hat der Betroffene mit Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 8.10.2004 sofortige Beschwerde mit dem Antrag eingelegt, "den Beschwerdeführer" umgehend aus der Haft zu entlassen, hilfsweise die Anordnung des sofortigen Vollzuges des Gerichtsbeschlusses "aufzuheben". Mit weiterem Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom selben Tage hat der Betroffene darüber hinaus beantragt festzustellen, dass seine der richterlichen Haftanordnung vorausgegangene vorläufige Festnahme rechtswidrig gewesen sei. Das LG hat ergänzend die Ehefrau des Betroffenen in schriftlicher Form angehört, die sowohl mit einem eigenen Schreiben als auch mit Schriftsatz der Verfahrensbevollmächtigten des Betroffenen jeweils vom 18.10.2004 zur Sache Stellung genommen hat. Durch Beschluss vom 18.10.2004 hat das LG die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.
Der Betroffene ist noch vor der geplanten Abschiebung am 20.10.2004 aufgrund eines von ihm erwirkten Beschlusses des VG Minden aus der Haft entlassen worden. Er hat mit Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 27.10.2004 gegen die Entscheidung des LG sofortige weitere Beschwerde mit den Anträgen eingelegt festzustellen, dass
1. seine Inhaftierung durch die Beteiligten zu 2),
2. der Beschluss des AG sowie
3. der Beschluss des LG
rechtswidrig seien.
Die Beteiligte zu 2) tritt dem Rechtsmittel entgegen.
II. Die sofortige weitere Beschwerde ist nach den §§ 103 Abs. 2 AuslG, 7 Abs. 1, 3 S. 2 FEVG, 27, 29 FGG statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt. Gleichwohl ist das Rechtsmittel nur hinsichtlich der Feststellungsanträge zu 1) und...