Entscheidungsstichwort (Thema)
Feststellung der Rechtswidrigkeit einer vorläufigen Festnahme durch die Ausländerbehörde
Leitsatz (amtlich)
1. Wird ein Ausländer von der Ausländerbehörde vorläufig festgenommen, um ihn anschließend dem Haftrichter zwecks Anordnung von Sicherungshaft vorzuführen, kann der Antrag gem. § 13 Abs. 2 FEVG auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Freiheitsentziehung durch die Behörde mit der sofortigen Beschwerde gegen den Haftanordnungsbeschluss des AG verbunden werden. Das Beschwerdegericht kann seinerseits auch über den Feststellungsantrag entscheiden und braucht die Sache diesbezüglich nicht zunächst an das AG zurückzugeben.
2. In Nordrhein-Westfalen ist die Ausländerbehörde befugt, einen Ausländer, der sich unerlaubt im Bundesgebiet aufhält, gem. § 24 OBG NW i.V.m. § 35 PolG NW vorläufig in Gewahrsam zu nehmen, falls die ordnungsbehördlichen Voraussetzungen vorliegen (hier: Verhinderung der Fortsetzung einer Straftat gem. § 92 Abs. 1 AuslG). Es bleibt offen, ob sich auch aus dem AuslG selbst eine Ermächtigungsgrundlage für die Ausländerbehörde zur vorläufigen Festnahme eines Ausländers ergibt.
Verfahrensgang
LG Köln (Beschluss vom 08.09.2004; Aktenzeichen 1 T 334/04) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde des Betroffenen gegen den Beschluss der 1. Zivilkammer des LG Köln vom 8.9.2004 - 1 T 334/04 - wird zurückgewiesen.
Der Betroffene hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
Gründe
I. Der Betroffene reiste am 25.1.2004 mit einem gültigen Visum in das Bundesgebiet ein. Nachdem das zweimal verlängerte Visum am 23.4.2004 abgelaufen war, suchte er am 3.5.2004 um Asyl nach. Sein in der Folgezeit gestellter förmlicher Asylantrag wurde am 26.5.2004 als offensichtlich unbegründet abgelehnt. Hiergegen erhob der Betroffene beim Verwaltungsgericht Aachen Klage. Ein Antrag des Betroffenen auf Herstellung der aufschiebenden Wirkung dieser Klage wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 25.6.2004 abgelehnt. Daraufhin wurde dem Betroffenen am 16.7.2004 eine bis zum 28.7.2004 befristete Grenzübertrittsbescheinigung ausgehändigt. Nach Mitteilung der für ihn zuständigen Aufnahmeeinrichtung Düren vom 23.7.2002 war der Betroffene, der zuletzt am 13.7.2004 das ihm zustehende Taschengeld abgeholt hatte, in der Folgezeit unbekannten Aufenthaltes.
Am 3.8.2004 sprach der Betroffene gegen 10.00 Uhr beim Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vor, um dort einen Asylfolgeantrag zu stellen. Sein Antrag wurde indes wegen der noch anhängigen Klage gegen die Entscheidung über das ursprüngliche Asylgesuch nicht entgegengenommen. Vielmehr wurde er von Mitarbeitern des Antragstellers festgehalten und gegen 14.00 Uhr der Haftrichterin vorgeführt, die sodann Abschiebungshaft für die Dauer von drei Monaten anordnete.
Mit einem an das AG gerichteten Schriftsatz vom 12.8.2004 hat der Betroffene sofortige Beschwerde gegen die Haftanordnung eingelegt und zugleich beantragt, die Rechtswidrigkeit der von dem Antragsteller veranlassten Freiheitsentziehung festzustellen. Nach Vorlage der Sache hat sodann das LG die sofortige Beschwerde gegen die Haftanordnung zurückgewiesen und zugleich festgestellt, dass das Festhalten das Betroffenen durch Mitarbeiter des Antragstellers am 3.8.2004 in der Zeit von 10.00 Uhr bis 14.00 Uhr rechtmäßig war.
Mit der hiergegen eingelegten sofortigen weiteren Beschwerde macht der Betroffene in erster Linie geltend, dass es an einem Haftgrund fehle und dass es für das Festhalten durch die Verwaltungsbehörde keine Ermächtigungsgrundlage gebe.
II. Die in formeller Hinsicht unbedenkliche sofortige weitere Beschwerde ist nicht begründet.
1. Es kann offen bleiben, ob die Voraussetzungen des Haftgrundes des § 57 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 AuslG vorliegen, was deshalb zweifelhaft ist, weil der Betroffene bereits während der bis zum 28.7.2004 laufenden Ausreisefrist untergetaucht und für die Ausländerbehörden nicht mehr erreichbar war. Ob auch dieser Fall von der Norm erfasst wird, oder ob der Haftgrund sich nur auf einen Aufenthaltswechsel nach Ablauf der Ausreisefrist bezieht, wird in der Rechtsprechung nicht einheitlich beurteilt (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 12.1.1994 - 3 Wx 1/94, Juris-Dokument Nr. KOR462089400, auch vorher; OLG Dresden InfAuslR 1995, 162; OLG Karlsruhe v. 11.2.1993 - 4 W 20/93, NVwZ 1993, 813: nur nach Ablauf der Frist; offengelassen von BayObLG InfAuslR 1998, 65 = BayObLGReport 1997, 86). Diese Frage kann indes letztlich dahinstehen; denn die vornehmlich auf tatrichterlichem Gebiet liegende Feststellung des LG, dass Fluchtgefahr bestehe und deshalb auch der Haftgrund des § 57 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 vorliege, hält rechtlicher Überprüfung gem. § 27 Abs. 1 FGG i.V.m. § 546 ZPO stand. Insbesondere hat das LG im Rahmen seiner Prognose auch die Tatsache gewürdigt, dass der Betroffene am 3.8.2004 freiwillig die Räume des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge aufgesucht hat. Eine Regel dahingehend, dass bei einem Ausländer, der freiwillig vorspricht,...