Verfahrensgang
AG Herne (Beschluss vom 28.08.2012; Aktenzeichen 31 F 134/12) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin vom 31.8.2012 wird der der Beschluss des AG - Familiengericht - Herne vom 28.8.2012 abgeändert:
Der Antragsgegnerin wird für die 1. Instanz unter Beiordnung von Rechtsanwältin X aus I ratenfreie Verfahrenskostenhilfe bewilligt.
Gründe
A. Das Rechtsmittel der Antragsgegnerin vom 31.8.2012 ist als sofortige Beschwerde nach §§ 113 I S. 2 FamFG, 127 II S. 2 ZPO statthaft.
Es ist zulässig, insbesondere fristgerecht gem. §§ 113 I S. 2 FamFG, 127 II S. 3 ZPO eingelegt worden.
B. In der Sache ist die sofortige Beschwerde ebenfalls begründet.
Entgegen der Auffassung des AG sind hinreichende Erfolgsaussichten i.S.d. §§ 113 I S. 2 FamFG, 114 S. 1 ZPO für die Verteidigung der Antragsgegnerin gegen das Vollstreckungsabwehrbegehren des Antragstellers in der Hauptsache zu bejahen.
1. Zutreffend geht das Familiengericht in der angegriffenen Entscheidung vom 28.8.2012 davon aus, dass die Beteiligten unter Ziff. 5 ihres Vergleichs vom 27.5.2010 im Vorverfahren unter dem Az: 31 F 27/10 Ansprüche der Antragsgegnerin lediglich auf Trennungsunterhalt und nicht auch auf nachehelichen Unterhalt geregelt haben. Dabei hat es insbesondere darauf hingewiesen, dass das Ehescheidungsverfahren zwischen den Beteiligten unter dem Az: 31 F 30/11 erst im Folgejahr 2011 eingeleitet worden ist.
2. Ferner ist anzunehmen, dass der Vergleich im Vorverfahren unter dem Az: 31 F 27/10 etwaige Ansprüche der Antragsgegnerin gegen den Antragsteller auf Trennungsunterhalt noch nicht abschließend in der Hauptsache regeln sollte. Denn die Beteiligten wollten ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 27.5.2010 bezüglich ihrer Unterhaltsstreitigkeiten "zunächst" eine "vorläufige" Lösung treffen. Einerseits stand ein Versöhnungsversuch zwischen ihnen im Raum. Andererseits waren streitige Punkte im Hinblick auf verschiedene Darlehensbelastungen noch nicht umfassend geklärt.
Deshalb wollten sich beide Beteiligten die Möglichkeit einer jederzeitigen Abänderbarkeit (nach § 54 I FamFG) vorbehalten. Von einer detaillierten Aufnahme der Berechnungsgrundlagen haben sie bewusst abgesehen.
Vor diesem Hintergrund geht der verfahrensgegenständliche Vergleich vom 27.5.2010 in seinen Wirkungen über eine einstweilige Anordnung in der Form eines familiengerichtlichen Beschlusses nicht hinaus (vgl. BGH, Urt. v. 1.6.1983, Az: IVb ZR 365/81, FamRZ 1983, 892, Juris, Rz. 10; Wendl/Staudigl-Schmitz, Unterhaltsrecht, 8. Aufl., § 10 Rz. 423).
3. Schließlich ist der Vergleich vom 27.5.2010 nach wie vor wirksam. Insbesondere eine anderweitige Regelung i.S.v. § 56 I FamFG lässt sich entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht feststellen.
Es wird nicht übersehen, dass die Rechtskraft der Ehescheidung zwischen den Beteiligten vor dem AG Herne unter dem Az: 31 F 30/11 am 19.5.2012 eingetreten ist. Der diesbezügliche Beschluss vom 5.4.2012 erfüllt den Tatbestand des § 56 I FamFG jedoch nicht. Denn das Ehescheidungsverfahren betraf einen anderen Verfahrensgegenstand als die Unterhaltsproblematik, welche dem einstweiligen Anordnungsverfahren unter dem Az: 31 F 27/10 zugrunde gelegen hat (vgl. Keidel-Giers, FamFG, 17. Aufl., § 56 Rz. 3). Eine Hauptsacheentscheidung zum Trennungsunterhalt ist ebenfalls noch nicht ergangen.
4. Besteht der Vergleich vom 27.5.2010 demnach hinsichtlich seiner vorläufigen Regelung zum Trennungsunterhalt auch über den Zeitpunkt der Rechtskraft der Ehescheidung am 19.5.2012 hinaus fort, regelt er nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nunmehr nicht länger den Trennungsunterhalt sondern den nachehelichen Unterhalt zwischen den Beteiligten. Um einen vorübergehenden regelungslosen Zustand zu vermeiden, tritt die Wesensverschiedenheit zwischen Trennungsunterhalt und nachehelichem Unterhalt insoweit zurück (vgl. BGH, Urt. v. 26.10.1984, Az: IVb ZR 36/83, FamRZ 1985, 51, Juris, Rz. 8; Wendl/Staudigl-Schmitz, Unterhaltsrecht, 8. Aufl., § 10 Rz. 423).
5. Unter diesen Umständen ist für die Zeit nach Rechtskraft der Ehescheidung die Vollstreckung laufenden Unterhalts aus einem Vergleich selbst dann grundsätzlich zulässig, wenn er in einem einstweiligen Anordnungsverfahren zum Trennungsunterhalt geschlossen worden ist. Allein der Umstand, dass der Anspruch auf Trennungsunterhalt durch die Rechtskraft der Ehescheidung in materieller Hinsicht erloschen ist, rechtfertigt die Erklärung der Unzulässigkeit der Vollstreckung aus dem Vergleich im Rahmen eines Vollstreckungsabwehrverfahrens nach §§ 113 I S. 2 FamFG, 767 ZPO nicht (vgl. BGH, Urt. v. 26.10.1984, Az: IVb ZR 36/83, FamRZ 1985, 51, Juris, Rz. 8).
C. Eine Kostenentscheidung ist im Hinblick auf §§ 113 I S. 2 FamFG, 127 IV ZPO nicht veranlasst.
Fundstellen