Entscheidungsstichwort (Thema)
Klageweise Geltendmachung des Sockelbetrags
Leitsatz (amtlich)
Es ist in der Regel nicht mutwillig i.S.d. § 114 ZPO, wenn der Unterhaltsberechtigte nicht nur den streitigen Spitzenbetrag, sondern auch den vom Unterhaltsschuldner nicht in Frage gestellten Sockelbetrag klageweise geltend machen will.
Normenkette
ZPO § 114
Verfahrensgang
AG Bottrop (Beschluss vom 06.10.2005; Aktenzeichen 19 F 362/05) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde der Klägerin vom 13.10.2005 wird der Beschluss des AG - FamG - Bottrop vom 6.10.2005 zu Ziff. I. dahin abgeändert, dass der Klägerin zu den dortigen Bedingungen auch insoweit Prozesskostenhilfe bewilligt wird, als sie den Beklagten ab September 2005 auf Zahlung von Trennungsunterhalt in Höhe eines monatlichen Sockelbetrages von 363 EUR in Anspruch nimmt.
II. Die Beschwerde der Klägerin vom 28.10.2005 gegen den Beschluss des AG - FamG - Bottrop vom 24.10.2005 zu Ziff. 1. und 2. (Zurückweisung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und des hiermit verbundenen Prozesskostenhilfeantrags der Klägerin) wird zurückgewiesen.
III. Hinsichtlich der Prozesskostenhilfebeschwerde der Klägerin vom 13.10.2005 werden Gerichtskosten nur zur Hälfte erhoben; außergerichtliche Kosten werden hinsichtlich der Prozesskostenhilfebeschwerden der Klägerin vom 13.10. und 28.10.2005 nicht erstattet.
Die Kosten der Beschwerde gegen die Zurückweisung ihres Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung werden der Klägerin auferlegt.
Gründe
1. Die Beschwerde der Klägerin vom 13.10.2005, mit der sie sich dagegen wendet, dass ihr das AG durch den angefochtenen Beschluss vom 6.10.2005 Prozesskostenhilfe nur insoweit bewilligt hat, als sie Trennungsunterhalt über einen Betrag von monatlich 363 EUR hinaus beansprucht, ist nach § 127 Abs. 2 ZPO zulässig und auch begründet.
Entgegen der Auffassung des AG hat die Klägerin auch bezüglich des vom Beklagten nicht in Frage gestellten Sockelbetrages Anspruch auf Titulierung. Wie sich dem Reglungszusammenhang der §§ 258, 259 ZPO entnehmen lässt, ist ein Rechtsschutzinteresse für eine Klage auf wiederkehrende, künftig fällig werdende Leistungen selbst dann gegeben, wenn keine Besorgnis besteht, dass der Schuldner versuchen könnte, sich der rechtzeitigen Leistung zu entziehen (h.M.: vgl. z.B. KG v. 14.1.1988 - 19 WF 6593/87, FamRZ 1988, 518; OLG Hamm FamRZ 1992, 522, m.w.N.; OLG Düsseldorf v. 7.4.1993 - 1 WF 105/92, FamRZ 1993, 1218 f.). Dass der Beklagte ausweislich seines auf Abweisung der über einen Betrag von monatlich 363 EUR hinausgehenden Klage (bislang) nicht in Abrede stellt, der Klägerin jedenfalls in Höhe des v.g. Sockelbetrages gem. § 1361 Abs. 1 BGB Trennungsunterhalt zu schulden, lässt das auf Titulierung des gesamten Unterhaltsbetrages gerichtete Klagebegehren weiterhin auch nicht als "mutwillig" i.S.d. § 114 ZPO erscheinen. Die Klägerin muss sich hier nicht darauf verweisen lassen, nur die streitigen Spitzenbeträge einzuklagen. Abgesehen davon, dass der Beklagte im Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung anders als vom AG angenommen freiwillige Unterhaltszahlungen an die Klägerin noch nicht erbracht, sondern zunächst nur angekündigt hatte - nach eigenem Vortrag will er erst mit Wirkung zum 1.11.2005 einen Dauerauftrag über einen Trennungsunterhalt von monatlich 363 EUR veranlasst haben (Ss. v. 24.10.2005, Bl. 49 GA), - [was er mit Ss. v. 25.11.2005 zudem noch teilweise korrigieren musste] - ist zu berücksichtigen, dass eine anderweitige Titulierung des Ehegattenunterhalts mit vollstreckungsfähigem Inhalt nur in einer Notarurkunde bei Entstehung entsprechender Kosten zu erlangen wäre, wobei die Klägerin als Unterhaltsberechtigte diese Kosten im Zweifel mangels rechtlicher Grundlage für eine Erstattung durch den Unterhaltsschuldner zu tragen hätte. Die Verweigerung der Prozesskostenhilfe wegen Mutwillens liefe damit letztlich darauf hinaus, der armen Partei, die aus eigenen Mitteln die Kosten einer notariellen Urkunde nicht bestreiten kann, bei (auch nur vorübergehender) freiwilliger Zahlung generell einen Anspruch auf Titulierung des laufenden Unterhalts abzusprechen, was jedenfalls in Fällen wie dem vorliegenden, in denen der Unterhaltspflichtige die Abgabe eines förmlichen Anerkenntnisses vermeidet und sich so die Möglichkeit offen hält, später doch noch auch den zunächst nicht in Frage gestellten Sockelbetrag des Unterhalts wieder in Zweifel zu ziehen, nicht gerechtfertigt erscheint (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, 59. Aufl., § 114 Rz. 128).
2. Soweit die Klägerin sich dagegen mit ihrer Beschwerde vom 28.10.2005 gegen die mit Beschluss vom 24.10.2005 erfolgte Zurückweisung ihres Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sowie des damit verbundenen Prozesskostenhilfeantrags wendet, ist die Beschwerde nach §§ 620 Ziff. 6, 620c, 127 Abs. 2 Nr. 2 ZPO unzulässig.
Nach §§ 620, 620c ZPO unterliegen einstweilige Anordnungen nur in eingeschränktem Umfang - nämlich allein bei nach mündlicher Verhandlung ergangener Regelung d...