Leitsatz (amtlich)
Gemäß Art. 17 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 EGBGB in der bis zum 28.1.2013 geltenden Fassung i.V.m. Art. 229 § 28 Abs. 2 EGBGB ist der Versorgungsausgleich auf Antrag eines Ehegatten nach deutschem Recht durchzuführen, wenn der andere Ehegatte in der Ehezeit eine inländische Versorgungsanwartschaft erworben hat und seine Durchführung im Hinblick auf die beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse auch während der nicht im Inland verbrachten Zeit der Billigkeit nicht widerspricht. Ob die Durchführung der Billigkeit entspricht, ist unter Ermittlung und umfassender Abwägung der maßgeblichen Umstände zu prüfen.
Da die so vorzunehmende Billigkeitsprüfung die Kenntnis des Gerichts von der Höhe der Versorgungsanwartschaften voraussetzt, kann sich in einer derartigen Situation der andere Ehegatte der Mitwirkungspflicht im Versorgungsausgleichsverfahren nicht mit der Begründung entziehen, ein Versorgungsausgleich sei nicht durchzuführen.
Normenkette
EGBGB Art. 17 Abs. 3, Art. 229 § 28 Abs. 2; VersAusglG § 27; FamFG §§ 35, 220 Abs. 3
Verfahrensgang
AG Essen (Beschluss vom 30.07.2014; Aktenzeichen 101 F 88/14) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den am 30.7.2014 erlassenen Beschluss des AG - Familiengericht - Essen wird zurückgewiesen.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Verfahrenswert des Beschwerdeverfahren wird auf 500 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Antragsteller wendet sich mit seiner Beschwerde gegen eine Zwangsgeldfestsetzung unter regelwidriger Anwendung des deutschen Rechts (Art. 17 Abs. 3 EGBGB).
Die Beteiligten waren beide slowakische Staatsangehörige; inzwischen besitzen sie die deutsche Staatsangehörigkeit. Am 2.4.2019... schlossen die Beteiligten miteinander die Ehe. Die Scheidung wurde nach slowakischem Recht mit am 4.10.1920... erlassenen Beschluss des AG - Familiengericht - Essen, 101 F 10/11, rechtskräftig seit dem 15.11.20..., geschieden. Die Zustellung des Scheidungsantrages erfolgte am 2.2.1920... Im Beschluss des AG - Familiengericht - Essen, 101 F 10/11, ist ausgeführt, dass sich die Ehescheidung nach slowakischem Recht richte, da beide die slowakische Staatsangehörigkeit hätten. Eine Entscheidung zum Versorgungsausgleich ist in der Beschlussformel nicht aufgenommen worden. In den Beschlussgründen ist allein ausgeführt, dass das slowakische Recht den Versorgungsausgleich nicht vorsehe.
Im Verfahren vor dem AG - Familienrecht - Essen, 101 F 249/10, begehrte die Antragstellerin im Wege der einstweilen Anordnung Trennungsunterhalt vom Antragsgegner. Sie gab in diesem Zusammenhang zwei eidesstattliche Versicherungen ab, die widersprüchliche Angaben zu einer von ihr gepflegten Beziehung enthielten.
Die Antragstellerin hat behauptet, seinerzeit seien sie, die Beteiligten, und ihre Verfahrensbevollmächtigten davon ausgegangen, dass auch die Vermögensauseinandersetzung nach slowakischem Recht durchzuführen sei. Es sei seinerzeit davon abgesehen worden, einen Antrag gem. Art. 17 EGBGB auf Durchführung des Versorgungsausgleichs im Scheidungsverbund zu stellen. In der Rückschau sei deutsches Recht anzuwenden gewesen. Aber selbst wenn deutsches Recht nicht anzuwenden sei, sei der Versorgungsausgleich auf Antrag nach deutschem Recht durchzuführen, wenn einer der Beteiligten in der Ehezeit ein Anrecht bei einem inländischen Versorgungsträger erworben habe, soweit die Durchführung des Versorgungsausgleichs im insbesondere Hinblick auf die beiderseitigen Verhältnisse während der gesamten Ehezeit der Billigkeit nicht widerspreche. Der Antragsgegner habe in der Ehezeit erhebliche Anrechte bei einem
inländischen Versorgungsträger, nämlich u.a. bei der Ärzteversorgung, erworben. Soweit sie im Verfahren vor dem AG - Familienrecht - Essen, 101 F 249/10, widersprüchliche Angaben gemacht habe, genüge dies nicht, um die Durchführung des Versorgungsausgleichs als unbillig anzusehen, da sie in der Folge auf erheblichen Trennungsunterhalt verzichtet habe. Ein entsprechendes gegen sie gerichtetes Ermittlungsverfahren sei eingestellt worden. Überdies sei beachtlich, dass sie dem Antragsgegner lange Jahre den Rücken frei gehalten habe, damit er seine Karriere so gestalten könne, wir es seinen Wünschen entsprochen habe. Sie habe die gemeinsamen Kinder betreut und erzogen.
Die Antragstellerin hat beantragt, den Versorgungsausgleich durchzuführen.
Der Antragsgegner hat gemeint, der Antragstellerin stehe kein Anspruch auf Durchführung des Versorgungsausgleichs zu. Insofern stehe der Durchführung des Versorgungsausgleichs die Rechtskraft des Beschlusses des AG - Familienrecht - Essen, 101 F 10/11, entgegen. Unabhängig hiervon wäre der Versorgungsausgleich schon deswegen nicht durchzuführen, da die Beteiligten für das Scheidungsverfahren und die Rechtsfolgesache das slowakische Recht als alleinige Rechtsgrundlage gewählt hätten. Auch die Antragstellerin sei seinerzeit hiervon ausgegangen. Für das Güterkollisionsrecht gelte der Grundsatz der Unwandelbarkeit; später eintretende Änderunge...