Entscheidungsstichwort (Thema)
Umfang der Rechtskraft des Scheidungsverbundurteils bei notariellem Ausschluss des Versorgungsausgleichs und Rückverweisung an das FamG zu dessen Durchführung
Leitsatz (redaktionell)
Die Feststellung im Ehescheidungsurteil, dass ein Versorgungsausgleich nicht stattfindet, erwächst nicht in Rechtskraft, wenn in der Folgesache Versorgungsausgleich tatsächlich kein Verfahren stattgefunden hat. Sie steht einer späteren Geltendmachung nicht in jedem Fall entgegen.
Normenkette
BGB § 1587b; ZPO §§ 256, 322, 623 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
AG Bocholt (Beschluss vom 09.01.2007; Aktenzeichen 16 F 480/02) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des AG - FamG - Bocholt vom 9.1.2007 aufgehoben und das Verfahren zur erneuten Prüfung und Entscheidung an das AG zurückverwiesen.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.
Der Beschwerdewert beträgt 1.000 EUR.
Gründe
Die gem. §§ 621a Abs. 1, 621e ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde der Antragstellerin gegen die Entscheidung des FamG, mit welcher die Durchführung des Versorgungsausgleichs gem. § 1587b BGB abgelehnt worden ist, ist begründet.
Die Antragstellerin macht zu Recht geltend, dass der Versorgungsausgleich durchzuführen ist. Entgegen der Annahme des FamG steht die Rechtskraft seines Scheidungsurteils vom 12.6.2003 der Durchführung des Versorgungsausgleichs nicht entgegen, da die darin getroffene Feststellung, ein Versorgungsausgleich finde nicht statt, weil die Parteien diesen durch eine notarielle Vereinbarung wirksam ausgeschlossen hätten, keine Entscheidung des FamG darstellt. Die Feststellung hat vielmehr lediglich deklaratorischen Charakter und unterliegt deshalb nicht der Rechtskraft. Die Folgesache Versorgungsausgleich ist zwar seinerzeit gem. § 623 Abs. 1 S. 2 ZPO von Amts wegen anhängig geworden. Das Verfahren ist jedoch zu keinem Zeitpunkt eingeleitet worden, wozu die Aufnahme von Ermittlungen durch das FamG in Form von Einholung von Auskünften der Rentenversicherungsträger erforderlich ist (BGH v. 30.9.1992 - XII ZB 100/89, MDR 1993, 243 = NJW 1992, 3293). Demzufolge ist auch keine Entscheidung getroffen worden, deren Rechtskraft der jetzigen Durchführung des Versorgungsausgleichs entgegenstehen würde (OLG Düsseldorf v. 22.9.2005 - 1 UF 22/05, NJW 2006, 234).
Da das FamG - von seinem Rechtsstandpunkt folgerichtig - keine Feststellung zur Wirksamkeit des von den Parteien vor der Eheschließung vereinbarten Ausschlusses des Versorgungsausgleichs getroffen hat, wozu nach der neueren Rechtsprechung des BGH grundsätzlich Veranlassung besteht (BGH v. 6.10.2004 - XII ZB 110/99, NotBZ 2005, 73 = MDR 2005, 216 = BGHReport 2005, 247 = FamRZ 2005, 26; 2004, 601), wenn der Verzicht ohne einen Ausgleich erfolgt ist, war das Verfahren zur erneuten Prüfung und Entscheidung an das FamG zurückzuverweisen. Das FamG wird hierzu Feststellungen zur Höhe der in der Ehe erworbenen Renten- und Versorgungsanwartschaften der geschiedenen Eheleute, zu ihren Motiven bei Abschluss des Ehevertrages, ihren früheren und - im Rahmen der Ausübungskontrolle gem. § 242 BGB - aktuellen Lebens-, Versorgungs- und Vermögensverhältnissen zu treffen haben. Die Aufhebung und Zurückverweisung erfolgt in entsprechender Anwendung des § 538 Abs. 2 Nr. 4 ZPO. Dies gilt nach Auffassung des Senats auch nach Einführung des Antragserfordernis in § 538 Abs. 2 ZPO, da § 621e Abs. 3 ZPO keine Verweisung auf die entsprechende Anwendung dieser Vorschrift enthält. Dies gilt jedenfalls dann, wenn es sich bei dem zugrunde liegenden Verfahren nicht um ein Antragsverfahren, sondern ein von Amts wegen betriebenes Ver-fahren handelt, wie dies hier der Fall ist (a.A. Zöller/Philippi § 621e ZPO Rz. 76, wo ohne Auseinandersetzung mit der fehlenden Verweisung und der Besonderheit des amtswegigen Verfahrens eine sinngemäße Anwendung des Antragserfordernisses befürwortet wird).
Eine Kostenentscheidung ist für das Beschwerdeverfahren nicht veranlasst. Die Tragung der Gerichtskosten bestimmt sich nach §§ 131a, 99 KostO. Die Voraussetzungen für eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Verfahrensbeteiligten, die sich nach § 13a Abs. 1 FGG richtet, sind nicht gegeben, da es nicht der Billigkeit entspricht den Beschwerdegegner mit den Kosten der Beschwerdeführerin ganz oder teilweise zu belasten.
Fundstellen
Haufe-Index 1786844 |
FamRZ 2007, 1257 |
OLGR-Mitte 2007, 680 |