Leitsatz (amtlich)
Nur solange eine Voreintragung nicht getilgt ist, darf sie verwertet werden. Nach Tilgungsreife und während der Überliegefrist bleibt es zwar bei einer Eintragung im Verkehrzentralregister, jedoch unterliegt die Voreintragung einem Verwertungsverbot.
Verfahrensgang
AG Minden (Entscheidung vom 18.02.2005) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde wird mit der Maßgabe verworfen, dass das angeordnete Fahrverbot entfällt.
Die Kosten der Rechtsbeschwerde trägt der Betroffene, jedoch wird die Gebühr für das Rechtsbeschwerdeverfahren um 1/2 ermäßigt. Die Landeskasse hat ein Halb der dem Verurteilten insoweit erwachsenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Minden hat gegen den Betroffenen wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften gemäß §§ 3 Abs. 3, 49 StVO, 24, 25 StVG eine Geldbuße von 50,00 EURO verhängt und ein Fahrverbot für die Dauer von einem Monat mit der Anordnung nach § 25 Abs. 2 a StVG festgesetzt.
Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit der er die Aufhebung des Urteils begehrt und die er mit der Verletzung formellen und materiellen Rechts begründet.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Rechtsbeschwerde gemäß § 79 Abs. 3 OWiG i.V.m. § 349 Abs. 2 StPO mit der Maßgabe zu verwerfen, dass das angeordnete Fahrverbot entfällt.
II.
Die zulässige Rechtsbeschwerde hat nur insoweit Erfolg, als von der Verhängung eines Fahrverbotes abzusehen war.
a)
Soweit die formelle Rüge erhoben worden ist, ist diese bereits nicht in gemäß § 344 Abs. 2 StPO, 79 OWiG gebotenen Form erfolgt und damit unzulässig.
b)
Aber auch die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gebotene Überprüfung des angefochtenen Urteils deckt - mit Ausnahme der Anordnung eines Fahrverbotes - keine Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen auf.
Das Amtsgericht hat die erforderlichen Feststellungen zu der dem Betroffenen zur Last gelegten Ordnungswidrigkeit getroffen. Insoweit hat die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Beschwerderechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben (§§ 79 Abs. 3 OWiG, 349 Abs. 2 StPO).
Ebenso lässt die Verhängung der Geldbuße von 50,- Euro Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen nicht erkennen.
Allerdings begegnet die Anordnung des Fahrverbots durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat dazu in ihrer Stellungnahme vom 07.04.2005 Folgendes ausgeführt:
" Das Amtsgericht hat gemäß § 4 Abs. 2 Satz 2 BKatV ein Fahrverbot verhängt und dabei eine Voreintragung verwertet, die bereits tilgungsreif war. Nach den Feststellungen überschritt der Betroffene am 29.07.2002 die zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaft um 29 km/h, so dass gegen ihn durch Bußgeldbescheid vom 30.08.2002, rechtskräftig seit dem 27.11.2002, eine Geldbuße in Höhe von 50,00 Euro verhängt wurde. Gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 StVG beträgt die Tilgungsfrist für Entscheidungen wegen einer Ordnungswidrigkeit zwei Jahre, so dass das Tilgungsdatum der 27.11.2004 war. Dem steht die in § 29 Abs. 7 StVG normierte Überliegefrist von drei Monaten bzw. seit dem 01.02.2005 von einem Jahr nicht entgegen. Denn nur solange eine Voreintragung nicht getilgt ist, darf sie verwertet werden. Nach Tilgungsreife und während der Überliegefrist bleibt es zwar bei einer Eintragung im Verkehrzentralregister, jedoch unterliegt die Voreintragung einem Verwertungsverbot (Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 37. Aufl., § 29 StVG Rn. 12; Ralph Gübner, Die Änderung des Straßenverkehrsrechts durch das Justiz-modernisierungsgesetz, NZV 2005, 57-62) Die Voreintragung kann nach Ablauf der Tilgungsfrist nicht mehr zu einer Erhöhung des Bußgeldes oder Anordnung eines Fahrverbotes herangezogen werden. Die Überliegefrist soll lediglich verhindern, dass eine Entscheidung aus dem Register gelöscht wird, obwohl eine weitere Entscheidung während der Überliegefrist ergangen, dem Verkehrszentralregister aber noch nicht übermittelt worden ist. Dies hat die Tatrichterin verkannt, wenn die Berücksichtigung der Voreintragung mit der Überliegefrist des § 29 Abs. 7 StVG begründet worden ist.
Da auszuschließen ist, dass in einer erneuten Verhandlung weitere Feststellungen getroffen werden, ist eine Zurückverweisung der Sache nicht erforderlich."
Diesen Ausführungen schließt sich der Senat nach eigener Sachprüfung an und macht sie zum Gegenstand seiner Entscheidung.
Das Rechtsmittel des Betroffenen war damit unter Wegfall des Fahrverbots im übrigen zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 79 OWiG, 473 Abs. 4 StPO. Der Senat hat die Gebühr für das Rechtsbeschwerdeverfahren entsprechend dem Erfolg des Rechtsmittels um 1/2 ermäßigt.
Fundstellen