Verfahrensgang
LG Bielefeld (Entscheidung vom 13.10.2011) |
Tenor
Der Senat weist die Parteien darauf hin, dass beabsichtigt ist, die Berufung des Beklagten gegen das am 13.10.2011 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.
Gründe
I.
Der Kläger verlangt von dem Beklagten Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes von mindestens 4.000,00 € und begehrt die Feststellung der Ersatzpflicht des Beklagten für allen weiteren materiellen und immateriellen Schaden aufgrund eines behaupteten sexuellen Missbrauchs.
Nach persönlicher Anhörung des Beklagten, Vernehmung des Zeugen C und Verwertung des gegen den Beklagten ergangenen Strafurteils des Landgerichts Bielefeld vom 16.03.2009 im Wege des Urkundenbeweises hat das Landgericht mit dem angefochtenen Urteil, auf das wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes bis zum Abschluss der ersten Instanz Bezug genommen wird, der Klage stattgegeben.
Dagegen richtet sich die Berufung des Beklagten, mit der er weiterhin die Abweisung der Klage in vollem Umfang begehrt. Er wendet sich gegen die Tatsachenfeststellung des Landgerichts und macht geltend, die im Strafverfahren getroffenen Feststellungen seien nicht geeignet, den konkreten Vorwurf, die Tat zum Nachteil des Klägers, zu beweisen. In dem gegen ihn ergangenen Strafurteil sei bei der Beweiswürdigung auf Seite 21 von Übergriffen auf den Kläger nicht die Rede. Auch die Angaben der Sachverständigen Y beträfen nur Vorfälle zum Nachteil des I, nicht aber des Klägers.
Die Ausführungen im angefochtenen Urteil, der Zeuge I habe hinsichtlich des streitgegenständlichen Vorfalls seine Angaben im Rahmen der Hauptverhandlung vor der Strafkammer sortieren müssen und sei zu dem Ergebnis gekommen, dass es sich bei dem von ihm gegenüber der Polizei geschilderten "Mensch-ärgere-dich-nicht"-Spiel mit dem Ablegen von Bekleidungsstücken um einen anderen Vorgang gehandelt habe, seien mit dem Strafurteil nicht vereinbar. Unklar sei, welcher andere Vorgang gemeint sei und was dies mit den Vorfällen zu Lasten des Klägers zu tun habe. Zu Unrecht habe das Landgericht ferner die Aussage des Zeugen C, wonach der streitgegenständliche Vorfall nicht stimme, als unglaubhaft gewertet. Der Zeuge sei erneut zu vernehmen. Die Ausführungen des Landgerichts im angefochtenen Urteil, der Beklagte habe sich bei seiner persönlichen Anhörung nicht zu entlasten vermocht, seien zumindest missverständlich. Der Kläger habe die Vorwürfe zu beweisen, was ihm nicht gelungen sei.
II.
Nach einstimmiger Überzeugung des Senats hat die Berufung des Beklagten offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg, die Sache keine grundsätzliche Bedeutung und ist eine Entscheidung des Senats zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich; zudem ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht geboten, § 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 - 4 ZPO.
Zu Recht hat das Landgericht den Beklagten zur Zahlung eines Schmerzensgeldes von 4.000,00 € an den Kläger verurteilt und die Ersatzpflicht des Beklagten für den weiteren materiellen und immateriellen Schaden des Klägers aus dem vom Beklagten zum Nachteil des Klägers im November 2007 verübten sexuellen Missbrauch vorbehaltlich eines Anspruchsübergangs festgestellt. Das Berufungsvorbringen des Beklagten rechtfertigt keine abweichende Beurteilung.
Ein Zivilgericht kann sich zum Zwecke seiner eigenen Überzeugungsbildung, ob sich ein bestimmtes Geschehen zugetragen hat, auf ein dazu ergangenes Strafurteil stützen. Dem steht nicht entgegen, dass die in einem strafrichterlichen Urteil enthaltenen Feststellungen von Tatsachen für die zu derselben Frage erkennenden Zivilgerichte grundsätzlich nicht bindend sind. Die tatsächlichen Feststellungen in einem Strafurteil können aber im Rahmen der eigenen freien Beweiswürdigung und der Überzeugungsbildung des Zivilrichters im Sinne von § 286 Abs. 1 ZPO Berücksichtigung finden, wobei das Urteil, wenn eine Partei sich zu Beweiszwecken darauf beruft, im Wege des Urkundenbeweises gemäß §§ 415, 417 ZPO zu verwerten ist. Allerdings darf der Zivilrichter die vom Strafgericht getroffenen Feststellungen nicht ungeprüft übernehmen; er hat vielmehr die in der Beweisurkunde dargelegten Feststellungen einer eigenen kritischen Überprüfung zu unterziehen (OLG Zweibrücken, NJW-RR 2011, 496; OLG München, Beschluss vom 21.09.2011 - 7 U 2719/11 -).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze bestehen keine durchgreifenden Zweifel daran, dass der Beklagte die ihm vorgeworfene Straftat des sexuellen Missbrauchs zum Nachteil des Klägers begangen hat, wie es die Strafkammer des Landgericht Bielefeld in dem inzwischen rechtskräftigen Urteil vom 16.03.2009 festgestellt hat. Die Strafkammer hat ihre Überzeugungsbildung auf die Aussage des Zeugen I gestützt. Im Strafurteil ist auf Seite 16 unter III. (Beweiswürdigung) ausgeführt, der Zeuge habe den Sachverhalt so geschildert, wie die Kammer ihn festgestellt habe. ...