Leitsatz (amtlich)

  • 1.

    Gemäß § 346 Abs. 1 StPO darf das Gericht, dessen Urteil angefochten wird, das Rechtsmittel als unzulässig nur dann verwerfen, wenn es verspätet eingelegt worden ist oder wenn die Revisionsanträge nicht rechtzeitig oder nicht in der in § 345 Abs. 2 StPO vorgeschriebenen Form angebracht worden sind.

  • 2.

    § 345 Abs. 2 StPO ist dahin auszulegen, dass sich die Beteiligung des Urkundsbeamten nicht nur in einer formellen Beurkundung des von dem Angeklagten Vorgebrachten erschöpfen darf, sondern dass der Urkundsbeamte an der Anfertigung der Revisionsbegründung sich gestaltend beteiligen und Verantwortung für ihren Inhalt übernehmen muss. Das gilt auch für einfache Rüge der Verletzung materiellen Rechts.

 

Verfahrensgang

LG Hagen (Entscheidung vom 16.03.2004)

LG Hagen (Entscheidung vom 07.03.2004)

 

Tenor

Der Beschluss des Landgerichts Hagen vom 16. März 2004 wird aufgehoben.

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hagen vom 07. März 2004 wird als unzulässig verworfen.

Der Angeklagte hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Die sofortige Beschwerde gegen die Kostenentscheidung in dem Beschluss des Landgerichts Hagen vom 16. März 2004 ist gegenstandslos.

 

Gründe

I.

Der Angeklagte ist durch Urteil des Amtsgerichts Lüdenscheid vom 13. November 2002 wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe in Höhe von 30 Tagessätzen zu je 30,00 EURO verurteilt worden. Seine hiergegen frist- und formgerecht eingelegte Berufung hat die 2. kleine Strafkammer des Landgerichts Hagen durch Urteil vom 07. März 2003 mit der Maßgabe verworfen, dass gegen ihn eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 20,00 EURO festgesetzt worden ist.

Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte am 13. März 2003 zu Protokoll der Geschäftsstelle fristgerecht Revision eingelegt. Auf Anordnung des Vorsitzenden der 2. kleinen Strafkammer des Landgerichts Hagen vom 11. April 2003 ist dem Angeklagten das Urteil in russischer Übersetzung ausweislich der Postzustellungsurkunde am 09. Mai 2003 zugestellt worden. Mit Schreiben vom 14. Mai 2003 hat der Angeklagte beanstandet, dass ihm das Urteil nicht in deutscher Sprache zugestellt worden sei, was daraufhin ausweislich der Postzustellungsurkunde am 20. Mai 2003 nachgeholt worden ist.

Am 20. Juni 2003 erschien der Angeklagte auf der Geschäftsstelle des Landgerichts Hagen, um dort die Revisionsanträge und ihre Begründung zu Protokoll zu erklären. In dem Protokoll der Rechtspflegerin heißt es eingangs wie folgt:

"Es erscheint:

Herr V.O., ....und erklärt trotz Hinweis darauf, dass ein Diktat der Revisionsbegründung unzulässig ist, folgendes zu Protokoll: ...."

Durch Beschluss vom 16. März 2004 hat das Landgericht Hagen die Revision gemäß §§ 345, 346 StPO kostenpflichtig als unzulässig verworfen und zur Begründung ausgeführt, es sei schon zweifelhaft, ob die Revisionsbegründung überhaupt rechtzeitig erfolgt sei, da die Revisionsbegründungsfrist bereits mit Zustellung des in russischer Sprache übersetzten Urteils am 09. Mai 2003 in Gang gesetzt worden sei. Jedenfalls entspreche die Revisionsbegründung aber nicht den Erfordernissen einer ordnungsgemäßen Protokollierung gemäß § 345 Abs. 2 StPO. Um den in dieser Norm niedergelegten Formvorschriften für die Revisionsbegründung zu genügen, dürfe sich die Beteiligung des Urkundsbeamten nämlich nicht nur in einer formellen Beurkundung des vom Angeklagten Vorgebrachten erschöpfen, sondern der Urkundsbeamte müsse sich an der Anfertigung der Revisionsbegründung gestaltend beteiligen und die Verantwortung für ihren Inhalt übernehmen. Die Revisionsbegründung sei danach unzulässig, wenn, wie hier geschehen, sich die Rechtspflegerin den Inhalt des Protokolls lediglich vom Angeklagten diktieren lasse. Die Rechtspflegerin habe den Angeklagten bei Aufnahme seiner Revisionsbegründung auch ausdrücklich auf diesen Umstand hingewiesen, so dass diese den Mangel nicht verschuldet habe.

Gegen diese Entscheidung des Landgerichts hat der Angeklagte mit näherer Begründung fristgerecht die Entscheidung des Revisionsgerichts beantragt und zugleich die ihn belastende Kostenentscheidung mit der sofortigen Beschwerde angegriffen.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt,

den Antrag auf Entscheidung des Revisionsgerichts und auch die sofortige Beschwerde als unbegründet zu verwerfen.

II.

Der Antrag auf Entscheidung des Revisionsgerichts ist zwar nach § 346 Abs. 2 Satz 1 StPO statthaft und fristgerecht eingelegt worden; in der Sache kann er jedoch keinen Erfolg haben.

Allerdings war der Beschlusses, mit dem das Landgericht die Revision als unzulässig verworfen hat, aufzuheben, da das Landgericht die Revision aus keinem der in dem Beschluss aufgeführten Gründe als unzulässig verwerfen durfte.

Gemäß § 346 Abs. 1 StPO darf das Gericht, dessen Urteil angefochten wird, das Rechtsmittel als unzulässig nur dann verwerfen, wenn es verspätet eingelegt worden ist oder wenn die Revisionsanträge nicht rechtzeitig oder nicht in der in § 345 Abs. 2 StPO vorgeschriebenen Form ange...

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