Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausnahmsweise Zurückweisung eines Umgangsantrags ohne weitere Anordnungen zum Umgang

 

Leitsatz (amtlich)

Das Umgangsverfahren erledigt sich nicht durch Ablauf der Frist für einen Umgangsausschluss.

Ausnahmsweise kann der Umgangsantrag eines Elternteils zurückzuweisen sein, ohne dass weitere Anordnungen zum Umgang getroffen werden oder der Umgang befristet ausgeschlossen wird.

 

Normenkette

BGB § 1684

 

Verfahrensgang

AG Münster (Aktenzeichen 46 F 64/21)

 

Tenor

Die Beschwerde des Kindesvaters gegen den am erlassenen 24.05.2022 erlassenen Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Münster wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Kindesvater.

Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf 4.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Kindeseltern streiten um die Regelung des Umgangs zwischen dem Vater und dem betroffenen Jugendlichen, A., geb. am 00.00.2008. A. lebt seit der Trennung der Eltern im Jahr 2009 bei der Kindesmutter.

In einem ersten Umgangsverfahren vor dem Familiengericht Münster, Az.: 39 F 315/09, trafen die Kindeseltern eine Umgangsregelung für die Dauer von 6 Monaten und vereinbarten die Durchführung von Beratungsgesprächen. Mit einem am 24.09.2014 erlassenen Beschluss des Familiengerichts Münster, Az.: 39 F 201/13, wurde das Umgangsrecht des Vaters über das Wochenende sowie Ferienkontakte geregelt. Im Jahr 2018 verfasste A. verschiedene Briefe, die Hinweise auf Gefährdungsmomente im mütterlichen Haushalt enthielten. Auf Antrag der Kindesmutter ordnete das Familiengericht im Wege der einstweiligen Anordnung mit einem am 24.08.2018 erlassenen Beschluss an, dass Umgangskontakte zwischen Vater und Sohn künftig nur noch stundenweise und begleitet stattfinden sollten. Wegen der Einzelheiten wird auf den in dem Verfahren des Amtsgerichts Münster zu Az.: 39 F 137/18 erlassenen Beschluss verwiesen (Bl. 46 ff d. Beiakte 39 F 137/18 = 46 F 65/21). Ein Kontakt dieser Art erfolgte am 11.10.2018, seitdem finden keine persönlichen Kontakte zwischen dem Kindesvater und A. mehr statt. Die Kindesmutter gab an, dass A. sich weigere, Umgangskontakte mit dem Vater wahrzunehmen.

In dem vorliegenden, im August 2018 auf Antrag der Kindesmutter eingeleiteten Hauptsacheverfahren zur Regelung des Umgangs hat die Kindesmutter zunächst beantragt, den Umgang zwischen A. und seinem Vater nach Maßgabe eines einzuholenden Sachverständigengutachtens zu regeln. In dem parallel vor dem Amtsgericht - Familiengericht - Münster anhängigen Kinderschutzverfahren zu Az.: 39 F 295/17 (= 46 F 63/21 AG Münster / 13 UF108/22 OLG Hamm) hat das Amtsgericht die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Ausgestaltung des Umgangs angeordnet. Die Sachverständige N. hat unter dem 23.01.2019 eine Stellungnahme abgegeben (Bl. 88 d.A.). Ein Gutachten ist nicht erstellt worden, da die Sachverständige eine psychiatrische Untersuchung des Kindesvaters für erforderlich gehalten hat, die dieser abgelehnt hat. Die Kindesmutter hat zuletzt in dem Anhörungstermin vom 20.05.2022 vor dem Amtsgericht beantragt, den Umgang des Kindesvaters mit dem betroffenen Jugendlichen auszuschließen, während der Kindesvater Umgang alle 14 Tage über das Wochenende und während der hälftigen Schulferien begehrt hat.

Wegen des weiteren Sachverhalts, des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und der vor dem Familiengericht gestellten Anträge wird auf den angefochtenen Beschluss des Familiengerichts, dort Ziff. I, verwiesen.

Das Familiengericht hat nach persönlicher Anhörung des betroffenen Jugendlichen und der übrigen Beteiligten unter Zurückweisung des Antrags des Kindesvaters mit dem am 24.05.2022 erlassenen Beschluss das Umgangsrecht des Vaters mit A. befristet für die Dauer eines Jahres mit der Maßgabe ausgeschlossen, dass der Vater das Recht hat, einmal wöchentlich dienstags postalischen Kontakt mit A. aufzunehmen.

Zur Begründung hat das Familiengericht im Wesentlichen ausgeführt, der Umgang des Jugendlichen mit dem Kindesvater sei gem. § 1684 Abs. 4 BGB für die Dauer eines Jahres auszuschließen, da andernfalls das Wohl des betroffenen Jugendlichen gefährdet wäre. Bei der Regelung von Umgangskontakten sei der Wille des betroffenen Kindes zu berücksichtigen, und zwar auch dann, wenn das Kind keinen Umgang wolle. Dies gelte umso stärker, je älter und reifer das Kind sei. Denn ein gegen den ernsthaften Widerstand des Kindes erzwungener Umgang könne durch das Erfahren der Missachtung der eigenen Persönlichkeit größeren Schaden herbeiführen als nutzen. Gemessen an diesen Voraussetzungen sei der Umgang zwischen A. und seinem Vater auszuschließen. A. habe im Anhörungstermin vom 26.04.2022 zum Ausdruck gebracht, dass er seine Ruhe haben wolle und sich an seinen persönlichen Lebensverhältnissen nichts ändern solle. Die gleiche Haltung habe A. gegenüber dem Jugendamt und bereits im Jahr 2020 während der Gespräche in der kinder- und jugendpsychiatrischen Praxis U. vertreten. Das Familiengericht habe daraus die Überzeugung gewonnen, dass A. s...

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