Verfahrensgang

LG Krefeld (Vorlegungsbeschluss vom 25.09.1980)

 

Tenor

Wird an vermieteten Wohnräumen nach der Überlassung an den Mieter Wohnungseigentum begründet und das Wohnungseigentum veräußert, so kann eine Kündigung des Erwerbers gemäß § 564 b Abs. 2 Nr. 2 BGB (Eigenbedarf) wirksam nicht vor Ablauf der dreijährigen Wartefrist ausgesprochen werden. Für die nach Ablauf der Wartefrist ausgesprochene Kündigung gelten die Fristen des § 565 Abs. 2 BGB.

 

Tatbestand

I.

Das Landgericht hat dem Senat mit Beschluß vom 25. September 1980 die folgenden Fragen gemäß Art. III Abs. 1 des Dritten Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften vom 21. Dezember 1967 (BGBl. I S. 1248) in der Fassung des Gesetzes vom 5. Juni 1980 (BGBl. I S. 657) zur Entscheidung vorgelegt:

  1. Kann die Kündigung gemäß § 564 b Abs. 2 Nr. 2 BGB im Falle nachträglicher Bildung und Veräußerung von Wohnungseigentum bereits vor Ablauf der dreijährigen Wartefrist ausgesprochen werden?
  2. Wird das Mietverhältnis ggfls. zum Ende der dreijährige Wartefrist aufgelöst oder erst nach Ablauf einer weiteren, sich aus § 565 BGB ergebenden Kündigungsfrist?
  3. Welche Anforderungen sind ggfls. an den Vortrag zum Eigenbedarf zu stellen?

Der Vorlage liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Kläger, seit 18 Jahren Mieter einer Wohnung, die im Verlauf der Mietzeit in eine Eigentumswohnung umgewandelt und später von den Beklagten käuflich erworben wurde, haben klageweise die Feststellung begehrt, daß eine von den Beklagten mit Anwaltsschreiben vom 12. Dezember 1979 ausgesprochene, auf Eigenbedarf gestützte Kündigung zum nächstmöglichen Termin – nach Ansicht der Beklagten die am 6. September 1979 den notariellen Kaufvertrag über die Wohnung abgeschlossen haben, der 30. September 1982 – unwirksam sei. Sie haben die Meinung vertreten, eine Kündigung vor Ablauf der dreijährigen Wartezeit gemäß § 564 b Abs. 2 Nr. 2 BGB sei unzulässig. Jedenfalls aber müsse sich an die dreijährige Wartezeit die gesetzliche Kündigungsfrist anschließen.

Dieser Ansicht haben die Beklagten widersprochen.

Das Amtsgericht hat die Feststellungsklage als unbegründet abgewiesen und gemeint, aus der Regelung des § 564 b Abs. 2 Nr. 2 BGB folge nicht, daß das Kündigungsrecht der Beklagten wegen Eigenbedarfs bis zum Ablauf der Wartezeit von drei Jahren nicht geltendgemacht werden könne. Vielmehr habe das Mietverhältnis unter Beachtung der Kündigungsfristen des § 565 Abs. 2 BGB zum Ablauf der Wartezeit gekündigt werden können.

Gegen dieses Urteil haben die Beklagten Berufung eingelegt. Das Landgericht als Berufungsgericht hat daraufhin dem Senat die oben aufgeführten Fragen, denen es grundsätzliche Bedeutung bei mißt, zum Rechtsentscheid vorgelegt. Die Parteien haben unter Bezugnahme auf ihre im Rechtsstreit gewechselten Schriftsätze ihre gegensätzlichen Ansichten wiederholt.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Vorlage ist, soweit es die Fragen 1 und 2 betrifft, gemäß den oben zu Ziffer I. genannten Vorschriften zulässig und war wie aus der Beschlußformel ersichtlich zu bescheiden.

1. Die vom Landgericht vorgelegte, vorrangig zu beantwortende Frage, ob im Fall des § 564 b Abs. 2 Nr. 2 BGB eine auf Eigenbedarf gestützte Kündigung bereits vor Ablauf der Wartezeit von drei Jahren zulässig ist, wird in der Literatur unterschiedlich beantwortet. Während Putzo (Palandt-Putzo, BGB, 39. Auflage, § 564 b Anm. 7 b) bb)) eine Kündigung während der Wartezeit zu deren Ablauf unter Beachtung der Kündigungsfristen des § 565 Abs. 2 BGB für zulässig erachtet, wird überwiegend in der Literatur die Meinung vertreten, ein Kündigungsrecht des Vermieters wegen Eigenbedarfs sei für die Dauer der dreijährigen Wartezeit ausgeschlossen, die Kündigung könne erst nach Fristablauf ausgesprochen werden (Sternel, Mietrecht, 2. Auflage, IV Rdnr. 86; Schmidt/Butter er/Blank, Wohnraumschutzgesetze, 3. Auflage, B Rdn. 497; RGRK – BGB, 12. Auflage, § 564 b Rdnr. 26). Die letztere Ansicht wird vorwiegend auch von der Rechtsprechung vertreten (LG Bonn WuM 1978, 51/52/53; AG Konstanz WuM 1978, 212; AG Mannheim WuM 1979, 218). Durch Rechtsentscheid ist über diese Frage noch nicht entschieden.

2.

Der Senat verneint die unter 1. aufgeführte Frage aus folgenden Gründen:

2.1) Die auf Grund des Art. 1 des Zweiten Gesetzes über den Kündigungsschutz für Mietverhältnisse über Wohnraum vom 18. Dezember 1974 (BGBl. I S. 3603) – 2. WKSchG – in das BGB eingefügte Vorschrift des § 564 b BGB soll den Bieter von Wohnraum wegen der überragenden Bedeutung der Wohnung als Lebensmittelpunkt des menschlichen Daseins vor willkürlichen Kündigungen und damit vor dem Verlust seiner Wohnung schützen (so die amtliche Begründung des Regierungsentwurfs BT Drucksache 7/2011 S. 7). Dem Schutz des durch die Umwandlung seiner Wohnung in eine Eigentumswohnung und deren anschließende Veräußerung besonders gefährdeten Mieters dient die Vorschrift des § 564 b Abs. 2 Nr. 2. Dem Umstand, daß der Erwerber einer Eigentumswohnung in der Regel diese zur Nutzung für eigene Wohnzwecke erwirbt und daß daher m...

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