Leitsatz (amtlich)
1. Der Begriff des werdenden Wohnungseigentümers setzt unabdingbar voraus, dass – neben der Sicherung des Erwerbs durch Eintragung einer Vormerkung – der Besitz und die Nutzungen auf den Erwerber des einzelnen Wohnungseigentums übergegangen sind.
2. Der Abnahmeverweigerung des einzelnen Erwerbers können die übrigen (werdenden) Wohnungseigentümer auch unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht entgegenhalten, der von ihm geschlossene schuldrechtliche Erwerbsvertrag sei unter Berücksichtigung der Vorschriften der MaBV vollzugsfähig.
Normenkette
WEG §§ 1, 16; BGB § 242
Verfahrensgang
LG Essen (Aktenzeichen 7 T 15/02) |
AG Hattingen (Aktenzeichen 8 II 20/01 WEG) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor der landgerichtlichen Entscheidung mit Ausnahme der Kostenentscheidung klarstellend wie folgt neu gefasst wird:
Es wird festgestellt, dass das Verfahren in der Hauptsache erledigt ist, soweit das AG den Beteiligten zu 15) gesamtschuldnerisch neben der Beteiligten zu 16) verpflichtet hat, an die Beteiligten zu 1) bis 14) zu Händen der Fa. H.-Immobilien als Verwalterin einen Betrag von 69.144,79 Euro zu zahlen.
Der weiter gehende Antrag der Beteiligten zu 1) bis 14) wird, soweit er gegen den Beteiligten zu 15) gerichtet ist, zurückgewiesen.
Die Beteiligten zu 1) bis 14) tragen die Gerichtskosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet in dieser Instanz nicht statt.
Der Gegenstandswert des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 20.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligte zu 16) hat in notarieller Urkunde vom 12.5.1998 (UR-Nr. … 1998 Notar Dr. …) das Grundstück Gemarkung H., Flur 7, Flurstück 232 in insgesamt 57 Miteigentumsanteile verbunden mit dem Sondereigentum an 32 Wohnungen und 27 Tiefgaragenstellplätzen geteilt (Wohnungs- und Teileigentumsgrundbücher von H. Bl. 5016 bis 5071). Diese Miteigentumsanteile hat sie in notariell beurkundeten Bauträgerverträgen an einzelne Erwerber mit der Verpflichtung zur Bauwerksherstellung veräußert, darunter mit notariell beurkundetem Vertrag vom 28.4.1999 (UR-Nr. 68/1999 Notar Dr. …) die in den Grundbüchern von H. Bl. 5015 bis 5022 und 5047 bis 5054 eingetragenen Wohnungs- bzw. Teileigentumsrechte an den Beteiligten zu 15), der gleichzeitig als bauleitender Architekt bei der Errichtung der Anlage tätig war. In den genannten Grundbüchern sind für den Beteiligten zu 15) Auflassungsvormerkungen eingetragen. In den übrigen Grundbüchern sind zwischenzeitlich die Beteiligten zu 1) bis 14) als Eigentümer eingetragen.
Das Bauvorhaben wurde von der Beteiligten zu 16) nicht fertig gestellt. Es fehlten die Außenanlage, die Tiefgaragenzufahrt und die Zufahrt über zwei Grundstücke, ferner die Anlage der überirdischen Parkplätze sowie die Begrünung des Tiefgaragendaches. Darüber hinaus wurde eine Vielzahl von Mängeln festgestellt. Die in der Teilungserklärung zur ersten Verwalterin bestellte Firma E.H. berief für den 24.10.2000 zu einer „Erwerberversammlung” ein, zu der auch der Beteiligte zu 15) geladen wurde. In dieser Versammlung wurde zu Tagesordnungspunkt 5 beschlossen, das Bauvorhaben zu einem veranschlagten Kostenbetrag von 550.000 DM fertig zu stellen. Diese Kosten sollten durch eine auf ein Treuhandkonto einzuzahlende Sonderumlage i.H.v. 225 DM pro qm Wohnfläche aufgebracht werden. Ferner wurde zu Tagesordnungspunkt 2d ein Wirtschaftsplan für den Zeitraum vom 15.10.2000 bis zum 31.12.2001 beschlossen. Diese Beschlüsse sind nicht angefochten worden.
Die Beteiligten zu 1) bis 14) haben in dem vorliegenden Verfahren die Beteiligten zu 15) und 16) gesamtschuldnerisch auf Zahlung eines Betrages von 83.764,28 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG seit Zustellung des Schriftsatzes vom 24.7.2001 in Anspruch genommen. Dieser Betrag setzt sich nach Maßgabe einer näheren Berechnung aus der Sonderumlage und den Wohngeldvorauszahlungen für Oktober 2000 zusammen, die auf die Wohnungs- und Teileigentumseinheiten entfallen, die Gegenstand des notariellen Vertrages vom 28.4.1999 sind. Die Antragsteller haben dazu die Auffassung vertreten, für diese Zahlungen hafte neben der Beteiligten zu 16) als eingetragener Eigentümerin auch der Beteiligte zu 15) persönlich, weil er als sog. werdender Wohnungseigentümer anzusehen sei. Ihrer Auffassung nach sei die Begründung der Rechtsstellung eines werdenden Wohnungseigentümers nicht zwingend von der Besitzerlangung an den veräußerten Wohnungs- bzw. Teileigentumsrechten abhängig. Jedenfalls müsse der Beteiligte zu 15) sich als bauleitender Architekt den Besitz an den Räumen zurechnen lassen. Auch nach Treu und Glauben sei er verpflichtet, sich wie ein werdender Wohnungseigentümer behandeln zu lassen, nachdem zwischenzeitlich jedenfalls die Voraussetzungen für die Bezugsfertigkeit gegeben seien.
Der Beteiligte zu 15) ist dem Antrag entgegengetreten und hat geltend gemacht, eine Besitzübe...