Leitsatz (amtlich)
1. Zur Auslegung einer Erklärung der Berufsbeschränkung.
2. Auch bei einer auf das Strafmaß beschränkten Berufung hat das Berufungsgericht in eigener Verantwortung über die Frage einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit des Angeklagten zu befinden, da dieser Aspekt - im Unterschied zur Frage der Schuldfähigkeit überhaupt - zur Straffrage und nicht zur Schuldfrage zu rechnen ist.
Tenor
Das angefochtene Urteil wird mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Münster zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Ibbenbüren hat den Angeklagten wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt, ihm die Fahrerlaubnis entzogen, seinen Führerschein eingezogen und die Verwaltungsbehörde angewiesen, dem Angeklagten vor Ablauf von einem Jahr keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen.
Nach den Feststellungen des Amtsgerichts befuhr der Angeklagte am 9. September 1999 gegen 1: 10 Uhr in Ibbenbüren im Zustand alkoholbedingter absoluter Fahruntüchtigkeit am Steuer eines Pkw's u. a. die Kellerstraße und die Lindenstraße, wobei er anlässlich einer allgemeinen Verkehrskontrolle überprüft wurde. Eine um 1: 39 Uhr entnommene Blutprobe wies eine Blutalkoholkonzentration von 1, 93 Promille auf. Nähere Feststellungen zur Alkoholaufnahme konnten nicht getroffen werden. Weiter ist in dem Urteil ausgeführt:
" Fest steht hingegen, dass der Angeklagte bei Fahrtantritt und während der anschließenden Fahrt durch einfache Selbstprüfung hätte erkennen können und müssen, dass er aufgrund der Mengen des zuvor von ihm genossenen Alkohols nicht mehr fahrsicher war; dass er diese Selbstprüfung, zu der er als Kraftfahrzeugführer verpflichtet war, unterließ oder missachtete, begründet den Vorwurf der Fahrlässigkeit. Zu dieser Selbstprüfung war er trotz seiner deutlichen Alkoholisierung in der Lage, er war trotz seiner deutlichen Alkoholisierung in seiner Einsichts- und Steuerungsfähigkeit auch nicht erheblich vermindert. "
Im Nachgang zu der gegen dieses Urteil form- und fristgerecht von dem Angeklagten uneingeschränkt eingelegten Berufung hat er mit Schriftsatz vom 18. August 2000 die Berufung "auf das Strafmaß beschränkt" und unter näherer Darlegung - auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird - mitgeteilt, mit der Berufung werde das Ziel verfolgt , die verhängte Freiheitsstrafe "zur Bewährung aussetzen zu lassen".
Die XIII. kleine Strafkammer des Landgerichts Münster hat die Berufung des Angeklagten in dem angefochtenen Urteil mit der Maßgabe verworfen, dass die Sperre (§ 69a StGB) noch sechs Monate beträgt.
Mit der form- und fristgerecht eingelegten Revision erstrebt der Angeklagte die Aufhebung des angefochtenen Urteils. Er rügt die Verletzung materiellen Rechts, insbesondere - mit näheren Ausführungen - die Verletzung von § 56 StGB.
Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt, die Revision als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.
II.
Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils. Die Strafkammer als das (in zweiter Instanz) mit der Sache befasste Tatgericht hat den ihr hier angefallenen Prozessstoff teilweise unentschieden gelassen bzw. rechtlich nicht gewürdigt.
Mit Schriftsatz vom 18. August 2000 hat der Angeklagte die Berufung ausdrücklich nur auf das Strafmaß, mithin den Rechtsfolgenausspruch beschränkt. Eine weitergehende Beschränkung innerhalb dieses Rahmens in dem Sinne, dass lediglich die Aussetzungsfrage gemäß § 56 StGB zur Überprüfung gestellt sein soll, ist nicht erfolgt. Sie hätte - ebenso wie eine von vornherein auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkte Berufung - einer entsprechenden Erklärung bedurft. Hieran fehlt es jedoch. Eine weitergehende Beschränkung der Berufung ist weder ausdrücklich erklärt, noch ergibt sie sich sonst aus dem Wortlaut des vorbezeichneten Schriftsatzes, dessen Ausführungen dem Sinngehalt nach oder den sonstigen Umständen. Nach dem Wortlaut des von einem Rechtsanwalt als Verteidiger verfassten Schriftsatzes verfolgt die beschränkte Berufung zwar "das Ziel" einer Strafaussetzung zur Bewährung. Die Mitteilung des mit dem Rechtsmittel erstrebten Zieles, also des angestrebten Ergebnisses, besagt allerdings in Fällen einer Berufungsbeschränkung noch nichts über den Umfang, in dem die angefochtene Entscheidung dem Berufungsgericht zur (erneuten) Prüfung und Entscheidung unterbreitet wird. Geht es - wie hier - um die Frage der Strafaussetzung zur Bewährung (§ 56 StGB), so ist zu beachten, dass Umstände, die für die Strafzumessung von Bedeutung sind, regelmäßig auch im Rahmen der Prüfung des § 56 StGB eine Rolle spielen können. Auch die Höhe einer Freiheitsstrafe kann die Entscheidung zu § 56 StGB beeinflussen. Je niedriger eine zu verhängende Freiheitsstrafe ausfällt, um so eher kann sich für einen Angeklagten die Chance ergeben, dass das Gericht im Rahmen von § 56 StGB ei...