Entscheidungsstichwort (Thema)
weitere Beschwerde. Drittbeteiligte. Nebenbeteiligte. Verfall. Einziehung. anwendbares Recht. Reform. Zahlungsdienstleister. Zurückweisung eines Vertreters einer Nebenbeteiligten. nachgewiesene Vollmacht
Leitsatz (amtlich)
1. Mangels Übergangsvorschrift im Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13.04.2017 (BGBl. I, 872) ist auch auf Fälle, in denen die angefochtene Maßnahme vor Inkrafttreten der Gesetzesänderung angeordnet wurde, das aktuell geltende Verfahrensrecht anzuwenden.
2. Die Formulierung in § 111e Abs. 1 StPO n.F.( "dass die Voraussetzungen der Einziehung von Wertersatz vorliegen") erfasst auch die Konstellation, in der zum Tatzeitpunkt die Voraussetzung des Verfalls von Wertersatz vorgelegen hat, denn der Gesetzgeber wollte mit der neuen Regelung des § 73c StGB lediglich die des § 73a StGB a.F. im neuen Sprachgebrauch, aber ohne inhaltliche Änderungen übernehmen.
3. Die Eigenschaft eines Zahlungsdienstleisters i.S.v. § 1 Abs. 2 Nr. 6 ZAG erfordert nicht, dass der Dienstleister für mehrere Zahlungsempfänger tätig wird.
4. Zur Zurückweisung eines Vertreters einer Drittbeteiligten nach § 428 Abs. 1 S. 2 (entspricht § 434 Abs. 1 S. 2 a.F.), 146, 146a Abs. 1 StPO.
5. Zur "nachgewiesenen Vollmacht" i.S.v. § 428 Abs. 1 StPO.
Normenkette
StPO §§ 428, 434, 442, 111e, 146, 146a; StGB § 2 Abs. 5; StGB a.F. §§ 73, 73a; ZAG §§ 1, 31
Verfahrensgang
LG Münster (Aktenzeichen 7 Qs 12/17) |
Tenor
Die weiteren Beschwerden werden auf Kosten der Drittbeteiligten (§ 473 Abs. 1 StPO) verworfen.
Rechtsanwalt T wird als Vertreter der Drittbeteiligten zurückgewiesen.
Gründe
A)
Gegen die Beschuldigte wird u.a. wegen Betruges und wegen Verstoßes gegen § 31 ZAG ein Ermittlungsverfahren durchgeführt. Ihr wird vorgeworfen, als Geschäftsführerin der Drittbeteiligten - mit Sitz in H - mit dem Herausgeber bzw. Vertreiber der Kryptowährung "OneCoin" eine Vereinbarung dahin geschlossen zu haben, dass Kaufpreiszahlungen der Kunden dieses Herausgebers bzw. Vertreibers auf (inländische) Konten der Drittbeteiligten bei deutschen Banken erfolgen sollten. Die Drittbeteiligte soll sich verpflichtet haben, alle diese Konten betreffenden Zahlungsersuchen des genannten Geschäftspartners umgehend auszuführen (sei es an diesen selbst - z. T. auf außereuropäische Konten - oder an Dritte) und ihm jederzeit Konteneinsicht zu gewähren. Die Drittbeteiligte soll hierfür 1% Provision erhalten haben. Insgesamt sollen entsprechend mehr als 350 Mio. Euro auf diese Konten geflossen sein.
Mit Beschluss vom 16.08.2016 hat das Amtsgericht Münster den dinglichen Arrest in Höhe von 12,5 Mio. Euro - gestützt seinerzeit auf den Verdacht des Betruges und des Verstoßes gegen das KWG - in das Vermögen der Drittbeteiligten angeordnet. Mit Beschluss vom 17.08.2016 i.V.m. Beschluss vom 27.09.2016 hat das Amtsgericht zudem die Beschlagnahme eines Kontos bei der E AG angeordnet. Die hiergegen gerichteten Beschwerden der Drittbeteiligten hat das Landgericht mit dem angefochtenen Beschluss vom 15.02.2017 als unbegründet zurückgewiesen, soweit das Rechtsmittel die Beschlagnahme betraf. Im Übrigen (bzgl. der Arrestanordnung) hat es die Beschwerde als gegenstandslos betrachtet, nachdem das Amtsgericht Münster mit Beschluss vom 06.01.2017 den Arrest auf einen Betrag von 2.966.972 Euro reduziert und die Anordnung nunmehr auf den Verdacht eines Verstoßes gegen § 31 ZAG gestützt hatte. Hiergegen hat die Drittbeteiligte ("namens und in Vollmacht der Schuldnerin") durch anwaltlichen Schriftsatz des Rechtsanwalts T weitere Beschwerde unter dem Datum des 28.02.2017 eingelegt. Dieser hat das Landgericht mit Beschluss vom 06.04.2017 nicht abgeholfen.
Mit Schriftsatz vom selben Tag hat die Drittbeteiligte ("namens und in Vollmacht der Schuldnerin") durch Schriftsatz von Rechtsanwalt T Beschwerde gegen den bereits genannten Beschluss des Amtsgerichts Münster vom 06.01.2017 eingelegt. Diese Beschwerde hat das Landgericht Münster mit dem angefochtenen Beschluss vom 30.05.2017 als unbegründet verworfen. Der hiergegen gerichteten weiteren Beschwerde vom 22.06.2017 - eingelegt durch Schriftsatz von Rechtsanwalt C "i.V." für Rechtsanwalt T - hat das Landgericht mit Beschluss vom 24.07.2017 nicht abgeholfen.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die weitere Beschwerde vom 28.02.2017, soweit sie sich gegen die Beschlagnahmeanordnung richtet, als unzulässig zu verwerfen und im Übrigen für gegenstandslos zu erklären und die weitere Beschwerde vom 22.06.2017 als unbegründet zu verwerfen.
B)
Alle Rechtsmittel sind erfolglos. Auch wenn die weitere Beschwerde vom 22.06.2017 - anders als die vom 28.02.2017 - keine genaue Angabe dazu enthält, in wessen Namen sie eingelegt wurde (Beschuldigte/Drittbeteiligte) und das Rubrum Anlass zu der Annahme geben könnte, sie sei im Namen der Beschuldigten eingelegt, ist angesichts des Umstands, dass die vorherige Beschwerde ausdrücklich im Namen der "Schuldnerin" eingelegt worden ist, davon auszugehen, dass dies auch ...