Leitsatz (amtlich)
Bei sog. Kennzeichenanzeigen ist die Verjährung durch Übersendung eines Anhörungsbogens gemäß § 33 Nr. 1 OWiG nur dann unterbrochen, wenn für den Adressaten aus dem Anhörungsbogen unmissverständlich hervorgeht, dass die Ermittlungen gegen ihn als Betroffenen geführt werden. Nicht ausreichend ist, wenn der Betroffene erst noch ermittelt werden soll. Die namentliche Anrede mit der einleitenden Formulierung "Ihnen wird zur Last gelegt. . . " dürfte in jedem Fall ausreichen, um insoweit Missverständnisse auszuschließen.
Tenor
Das angefochtene Urteil wird auf Kosten der Landeskasse, die auch die dem Betroffenen entstandenen notwendigen Auslagen trägt, aufgehoben.
Das Verfahren wird eingestellt.
Gründe
Das Amtsgericht hat den Betroffenen durch das angefochtene Urteil wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit gemäß §§ 4 Abs. 1, 49 StVO, 24 StVG (Abstandsunterschreitung) zu einer Geldbuße von 200, - DM verurteilt sowie ein einmonatiges Fahrverbot verhängt.
Hiergegen wendet sich der Betroffene mit seiner näher begründeten Rechtsbeschwerde.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Rechtsbeschwerde zu verwerfen.
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und führt gemäß §§ 46 Abs. 1 OWiG, 206 a Abs. 1 StPO zur Einstellung des Verfahrens wegen Eintritts der Verfolgungsverjährung.
Gemäß § 26 Abs. 3 StVG beträgt die Verjährungsfrist bei Verkehrsordnungswidrigkeiten nach § 24 StVG drei Monate, solange wegen der Handlung weder ein Bußgeldbescheid ergangen noch öffentliche Klage erhoben ist.
Die dem Betroffenen im vorliegenden Verfahren zur Last gelegte Handlung ist am 20. Februar 1998 begangen worden, so dass grundsätzlich am 19. Mai 1998 Verfolgungsverjährung eintrat.
Eine wirksame Unterbrechungshandlung gemäß § 33 OWiG ist nicht vorgenommen worden.
Bei Kennzeichenanzeigen - wie hier - ist nur eine gegen eine bestimmte Person als Betroffenen gerichtete Handlung zur Verjährungsunterbrechung geeignet (vgl. BGHSt 42, 283 = NJW 1997, 598), z. B. die Anordnung der Versendung eines Anhörungsbogens an den Halter als Betroffenen (vgl. OLG Hamm NStZ 1981, 225). Aus dem Anhörungsbogen muss für den Adressaten unmissverständlich hervorgehen, dass die Ermittlungen gegen ihn als Betroffenen geführt werden (vgl. zuletzt Senatsbeschluss vom 9. November 1999 - 2 Ss OWi 1105/99 - m. w. N. sowie OLG Hamm NZV 1998, 340; OLG Hamburg NStZ-RR 1999, 20, 21).
Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn durch die Versendung des Anhörungsbogens an den Fahrzeughalter der namentlich noch nicht bekannte Fahrer - die Existenz eines (Mess-)Fotos allein reicht nicht aus (vgl. BGHSt 42, 283) - erst ermittelt werden soll und die Formulierungen im Anhörungsbogen nicht eindeutig erkennen lassen, ob der Adressat als Fahrer und damit Betroffener oder nur in seiner Eigenschaft als Fahrzeughalter und damit Zeuge angeschrieben worden ist.
Im vorliegenden Fall ist dem Betroffenen unter dem 4. März 1998 ein Anhörungsbogen folgenden Inhalts übersandt worden:
"Sehr geehrter Verkehrsteilnehmer/Kraftfahrzeughalter
Dem Betroffenen wird zur Last gelegt, am 20. 02. 98 um 11. 52 Uhr in Witten/EN-Ruhr/A 43/14, 15/Wuppertal als Führer des PKW Renault, RE-A 5836 folgende Ordnungswidrigkeit nach § 24 StVG begangen zu haben . . . "
Damit war für den Betroffenen nach Auffassung des Senats nicht mit der nötigen Klarheit erkennbar, ob ihm selbst oder "dem" - namentlich nicht näher bezeichneten - "Betroffenen" der weiter beschriebene Verstoß zur Last gelegt werden sollte. Wie drei in der Akte befindliche Schreiben des Ennepe-Ruhr-Kreises vom 18. Mai 1998 an die Einwohnermeldeämter Waltrop, Dortmund
Fundstellen