Leitsatz (amtlich)

Als gesetzliche Zustellungsvollmacht ist die in § 145 a Abs. 1 StPO geregelte Ermächtigung des gewählten Verteidigers zur Entgegennahme von Zustellungen an das Vorliegen formeller Voraussetzungen geknüpft. Es ist erforderlich, dass sich zum Zeitpunkt der Zustellung eine Vollmachtsurkunde in den Akten befindet. Das bloße Bestehen einer schriftlich oder mündlich erteilten Vollmacht genügt nicht.

 

Tenor

Die Revision wird auf Kosten des Angeklagten als unzulässig verworfen.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht Münster hat den Angeklagten wegen Betruges zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Die gegen dieses Urteil gerichtete Berufung des Angeklagten hat das Landgericht Münster verworfen. Gegen dieses Urteil richtet sich die auf die Verletzung formellen und sachlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten.

II.

Die Revision des Angeklagten hat keinen Erfolg.

Das Rechtsmittel des Angeklagten erweist sich als unzulässig, da er die Revision nicht rechtzeitig begründet hat. Das Urteil ist dem Angeklagten am 17. November 2007 zugestellt worden. Die Rechtfertigung der Revision ist erst am 21. Dezember 2007 bei Gericht eingegangen. Zu diesem Zeitpunkt war die Monatsfrist des § 345 Abs. 1 StPO bereits verstrichen.

Daran vermag die an den Verteidiger am 22. November 2007 erfolgte Zustellung des Urteils nichts zu ändern. Zwar richtet sich in Fällen, in denen die für einen Beteiligten bestimmte Zustellung an mehrere Empfangsberechtigte bewirkt wird, die Berechnung einer Frist nach der zuletzt bewirkten Zustellung ( § 37 Abs. 2 StPO). Die Voraussetzungen dieser Regelung liegen hier jedoch nicht vor, denn der Verteidiger ist zum Zeitpunkt der an ihn bewirkten Zustellung kein weiterer Empfangsberechtigter im Sinne dieser Vorschrift gewesen. Als gesetzliche Zustellungsvollmacht ist die in § 145 a Abs. 1 StPO geregelte Ermächtigung des gewählten Verteidigers zur Entgegennahme von Zustellungen an das Vorliegen formeller Voraussetzungen geknüpft. Es ist erforderlich, dass sich zum Zeitpunkt der Zustellung eine Vollmachtsurkunde in den Akten befindet. Das bloße Bestehen einer schriftlich oder mündlich erteilten Vollmacht genügt nicht (Meyer-Goßner, StPO, 50. Aufl., § 145 a Rdnr. 7, 8). Andererseits wird es jedoch als ausreichend angesehen, wenn die Vollmacht in der Hauptverhandlung mündlich erteilt und im Sitzungsprotokoll beurkundet wurde (BGHSt 41, 303, 304) . Diese Voraussetzungen waren zur Zeit der Zustellung nicht gegeben. Eine in der Hauptverhandlung erteilte Vollmacht ist nicht gegeben, da der Angeklagte während der Hauptverhandlung unverteidigt geblieben ist. Der Verteidiger hatte zwar zunächst eine den Anforderungen des § 145 a StPO entsprechende Vollmacht zu den Akten gebracht. Seine Zustellungsermächtigung erlosch jedoch am 21. September 2007, also an dem Tage, an dem der Angeklagte die Beendigung des Mandatsverhältnisses gegenüber dem Landgericht Münster mitgeteilt hatte (vgl. Meyer-Goßner, StPO, § 145 a Rdnr. 11 m.w.N.). Hieran vermochte die mit Schriftsatz vom 19. November 2007 angezeigte Wiederaufnahme des Mandats nichts zu ändern. Denn im Interesse der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit müssen nach dem Erlöschen der Vollmacht die gleichen Formerfordernisse gelten wie vor der Vorlage der erloschenen Vollmacht. Der Verteidiger hat also mit einer neuen Vollmacht seine Legitimation zur Entgegennahme von Zustellungen anzuzeigen (OLG Stuttgart NStZ-RR 2002, 369).

III.

Die Kostenentscheidung trägt der Erfolglosigkeit des Rechtsmittels Rechnung.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2574562

NStZ-RR 2009, 144

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