Leitsatz (amtlich)
Die nachträgliche Ergänzung eines Urteils ist im Straf- und im Bußgeldverfahren grundsätzlich nicht zulässig ist, wenn es aus dem inneren Dienstbereich des Gerichts herausgegeben wurde.
Verfahrensgang
AG Detmold (Entscheidung vom 08.12.2006) |
Tenor
Das angefochtene Urteil wird mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Detmold zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Detmold hat den Betroffenen in der Hauptverhandlung vom 8. Dezember 2006 wegen Nichtbefolgung eines Wechsellichtzeichens zu einer Geldbuße von 125,- EUR verurteilt und ihm außerdem ein Fahrverbot von einem Monat auferlegt. Dem in der Hauptverhandlung anwesenden Betroffenen wurde eine Rechtsmittelbelehrung erteilt. Noch am gleichen Tag verfügte das Amtsgericht die Zustellung eines abgekürzten Urteils, bestehend aus Urteilsrubrum und Tenor, an den Betroffenen. Diese Verfügung wurde am 14. Dezember 2006 ausgeführt. Die Zustellung des Urteils erfolgte am 19. Dezember 2006.
Mit Schriftsatz vom 15. Dezember, eingegangen beim Amtsgericht Detmold am gleichen Tag, hat der Betroffene Rechtsbeschwerde eingelegt und die Verletzung formellen und materiellen Rechts gerügt. Das Amtsgericht hat daraufhin ein vollständig begründetes Urteil am 20. Dezember 2006 zu den Akten gebracht und mit Verfügung vom 22.Dezember 2006 die Zustellung dieses Urteils an den Verteidiger veranlaßt. Mit Schreiben vom 23. Februar 2007 hat der Verteidiger des Betroffenen die Rechtsbeschwerde noch ergänzend begründet.
II.
Die ordnungsgemäß eingelegte und begründete Rechtsbeschwerde hat auch in der Sache einen zumindest vorläufigen Erfolg.
Für die Überprüfung des Urteils durch den Senat auf die Rechtsbeschwerde hin ist nicht das spätere, mit Gründen versehene Urteil maßgeblich, sondern das Urteil, das dem Verteidiger mit Verfügung vom 8. Dezember 2006 zugestellt worden ist. Dieses vom Richter unterschriebene Urteil konnte nicht dadurch ergänzt werden, dass ihm Urteilsgründe hinzugefügt werden. Es entspricht gefestigter Rechtsprechung, dass die nachträgliche Ergänzung eines Urteils im Straf- und im Bußgeldverfahren grundsätzlich nicht zulässig ist, wenn es aus dem inneren Dienstbereich des Gerichts herausgegeben worden ist (vgl. Senatsentscheidung vom 18. Mai 2005 - 1 Ss OWi 175/05; OLG Celle, VRS 98, S. 220; BayObLG NStZ 1991, S. 342), was hier mit der Zustellung an den Verteidiger geschehen ist.
Es liegt auch nicht ein Fall der zulässigen Ergänzung des Urteils nach § 77 b OWiG vor, denn es hatten nicht alle zur Anfechtung Berechtigten auf die Einlegung der Rechtsbeschwerde verzichtet; auch war die Frist zur Rechtsbeschwerdeeinlegung noch nicht abgelaufen.
Da somit die gesetzlichen Voraussetzungen für die vorgenommene Ergänzung des Urteils nicht vorlagen, unterliegt nur die ursprüngliche "Kurzbegründung" der Nachprüfung durch den Senat. Zwar sind in Bußgeldsachen an die Begründung des Urteils keine allzu hohen Anforderungen zu stellen, die hier vorliegende "Kurzbegründung" erfüllt aber offensichtlich nicht die Mindestanforderungen, denen ein Urteil gemäß § 267 StPO zu genügen hat. Damit kann der Senat nicht nachprüfen, ob das Recht richtig angewandt wurde. Es kann daher auch nicht ausgeschlossen werden, dass das Urteil auf einem möglichen Rechtsverstoß beruht ( § 337 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 OWiG).
Nach alledem war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Detmold zurückzuverweisen.
Fundstellen