Verfahrensgang

LG Bochum (Aktenzeichen 3 O 595/04)

 

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Beklagten durch einstimmigen Senatsbeschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, da das Berufungsbegehren zur Überzeugung des Senats keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und eine Entscheidung in dieser Sache nicht der Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dient.

Die vom Beklagten vorgetragenen Berufungsgründe sind unter Berücksichtigung derjenigen Tatsachen, die der Senat gem. § 529 ZPO seiner Entscheidung zugrunde zu legen hat, nicht geeignet, eine vom Urteil des LG abweichende und dem Beklagten günstigere Entscheidung zu tragen.

 

Gründe

Die angefochtene Entscheidung der 3. Zivilkammer des LG Bochum lässt einen entscheidungserheblichen Rechtsfehler zu Lasten des Beklagten nicht erkennen. Das LG ist mit zutreffender und überzeugender Begründung auf die der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen, sofern nicht im Folgenden besonders berührt, Bezug nimmt - davon ausgegangen, dass sich der Beklagte nach dem Ergebnis der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme gem. § 823 Abs. 1 BGB schadensersatzpflichtig gemacht hat. Die Höhe der von der Klägerin aus - nach §§ 116 ff. SGB X - übergegangenem Recht verfolgten Schadensersatzansprüche ist unstreitig.

Die Frage, ob und in welchem Umfang bei Sportveranstaltungen die Haftung der Teilnehmer untereinander im Hinblick auf die sportartspezifischen und von den Teilnehmern auch jedenfalls konkludent hingenommenen Gefahren eingeschränkt oder ausgeschlossen ist, wird in der Rechtswissenschaft in vielfältiger Weise - insb. unter den Gesichtspunkten eines spezifischen (eingeschränkten) Fahrlässigkeitsmaßstabes, eines stillschweigenden Haftungsausschlusses, eines Handelns auf eigene Gefahr, einer Einwilligung oder der Treuwidrigkeit der Inanspruchnahme des Sportkameraden - diskutiert (vgl. etwa in Oetker in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 254 Rz. 67; Soergel/Mertens, BGB, 12. Aufl., § 254, Rz. 49 ff.; Staudinger/Schiemann, BGB, 13. Bearb., § 254 Rz. 66 f.; Wussow/Baur, Unfallhaftpflichtrecht, 15. Aufl., Kapitel 17 Rz. 24).

Es entspricht dieserhalb einer gefestigten obergerichtlichen und höchst-richterlichen Rechtsprechung, dass der Teilnehmer an einem sportlichen Kampfspiel mit nicht unerheblichem Gefahrenpotential, bei dem typischerweise auch bei Einhaltung der Wettkampfregeln oder bei geringfügigen Regelverstößen die Gefahr gegenseitiger Schadenszufügung besteht, grundsätzlich Verletzungen in Kauf nimmt, die auch bei regelgerechtem Spiel nicht zu vermeiden sind. Ein Schadensersatzanspruch gegen einen Mitspieler setzt daher zunächst grundsätzlich den Nachweis voraus, dass dieser sich nicht regelgerecht verhalten hat (BGHZ 63, 140; BGH v. 1.4.2003 - VI ZR 321/02, BGHZ 154, 316 = MDR 2003, 869 = BGHReport 2003, 803, m.w.N.). Auch bei geringfügigen Regelverstößen in wettbewerbstypischen Risikolagen - wie z.B. bei noch verständlichem, übereifrigem Spieleinsatz, bei bloßer Unüberlegtheit, bei wettkampfbedingter Übermüdung oder im Zusammenhang mit einem (leicht-)fahrlässigen technischen Versagen - scheidet danach eine Inanspruchnahme des Schädigers regelmäßig bereits im Hinblick auf das Verbot des treuwidrigen Selbstwiderspruchs, jedenfalls aber im Hinblick auf das Verschuldenserfordernis aus (BGH v. 1.4.2003 - VI ZR 321/02, BGHZ 154, 316 = MDR 2003, 869 = BGHReport 2003, 803, m.w.N.; OLG Karlsruhe v. 19.3.2004 - 23 U 6/03, NJW-RR 2004, 1257; OLG Oldenburg v. 25.7.1994 - 13 U 45/94, VersR 1995, 670; Palandt/Sprau, BGB, 64. Bearb. 2005, § 823 Rz. 217, m.w.N.). Verhaltensweisen eines Mitspielers, die sich noch im Grenzbereich zwischen kampfbetonter Härte und unzulässiger Unfairness bewegen, begründen daher trotz des Vorliegens eines objektiven Regelverstoßes keine Schadensersatzansprüche (OLG Stuttgart v. 9.3.2000 - 7 U 166/99, OLGReport Stuttgart 2000, 210 = MDR 2000, 1014 = NJW-RR 2000, 1043 f.; OLG Hamm v. 23.3.1998 - 13 U 187/97, OLGReport Hamm 1998, 154 = VersR 1999, 1115; vgl. auch BGH VersR 1976, 591).

Unter Berücksichtigung der vorstehenden Prämissen hat das LG wohlabgewogen eine Haftung des Beklagten bejaht. Es hat insb. berücksichtigt, dass ein objektiver Regelverstoß beim Fußballspiel nicht ohne weiteres ein schuldhaftes Verhalten indiziert. Der Beklagte hat vorliegend vielmehr - auch zur Überzeugung des Senats - die durch den Spielzweck gebotene bzw. noch gerechtfertigte Härte und damit einhergehend auch die Grenzen zur unzulässigen Unfairness überschritten.

An der Vollständigkeit und Richtigkeit der vom LG festgestellten Tatsachen bestehen keine Zweifel. Die tatrichterliche Würdigung der vor dem LG durchgeführten Beweisaufnahme sowie der Parteierklärungen ist - was die Berufungsbegründung verkennt - ebenfalls nicht zu beanstanden. Die Ausführungen des LG sind in sich widerspruchsfrei, verstoßen nicht gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze und würdigen sowohl die Bekundungen der Zeu...

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