Verfahrensgang
LG Dortmund (Beschluss vom 22.03.1996; Aktenzeichen 9 T 253/96) |
AG Hamm (Beschluss vom 29.12.1995; Aktenzeichen 27 C 174/95) |
Tenor
Der angefochtene Beschluß wird abgeändert.
Der Streitwert für das Räumungsvollstreckungsverfahren wird unter Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts Hamm vom 29. Dezember 1995 auf 74.880,00 DM festgesetzt.
Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Die weitere Beschwerde ist aufgrund der Zulassung durch das Landgericht gemäß § 10 Abs. 3 Satz 5 BRAGO statthaft; sie ist auch im übrigen zulässig, insbesondere frist- und formgerecht eingelegt.
Entscheidungsgründe
II.
Sie ist zudem überwiegend begründet.
1.
Denn nach der Neufassung von § 57 Abs. 2 BRAGO durch das KostRÄndG 1994 bestimmt sich der Gegenstandswert für die Rechtsanwaltsgebühren in der Räumungsvollstreckung nunmehr aufgrund des eindeutigen Gesetzeswortlautes allein nach dem Wert der herauszugebenden Sache, § 57 Abs. 2 Satz 1 BRAGO.
a)
Zwar wird teilweise die Auffassung vertreten, daß sich auch nach Inkrafttreten des Kostenrechtsänderungsgesetzes 1994 dieser Wert bei der Räumungsvollstreckung in bezug auf Miet- und ähnliche Nutzungsobjekte nur nach dem einjährigen Mietzins bemesse, wie dies nach der alten Rechtslage aufgrund § 8 BRAGO i.V.m. § 16 Abs. 2 GKG unbestritten der Fall war (so KG, Rpfl. 1996, 359; OLG Düsseldorf, JM Bl. 1996, 225; LG Münster, MDR 1995, 1265; LG Koblenz, MDR 1996, 535; AG Soest, MDR 1996, 537; Mümmler, JurBüro 1995, 453). Zur Begründung wird geltend gemacht, daß dieses der gesetzgeberischen Absicht bei der Schaffung des § 16 Abs. 2 GKG entspreche, wonach eben für die Gebührenberechnung bei der Räumung von Miet- oder ähnlichen Nutzungsobjekten nicht auf § 6 ZPO zurückgegriffen werden sollte, sondern auf § 16 GKG, der Miet- und auch Räumungsstreitigkeiten aus sozialen Gründen verbilligte, und es sei nicht ersichtlich, daß der Gesetzgeber bei der Neuregelung des § 57 Abs. 2 BRAGO auf die soziale Komponente für die Zukunft habe verzichten wollen; überdies würden dadurch in zahlreichen Fällen der Räumungsvollstreckung Bewertungsstreitigkeiten vermieden (so insbesondere KG, a.a.O.). Ferner wird angeführt, daß die Berücksichtigung des § 16 II GKG, auch wenn dieser nicht mehr über § 8 BRAGO zur Anwendung kommen könne, deswegen sinnvoll sei, weil so eine unterschiedliche Bemessung des Gegenstandswerts im Erkenntnisverfahren einerseits und im Zwangsvollstreckungsverfahren andererseits vermieden werde. Es sei sachlich nicht gerechtfertigt, den Gegenstandswert im Zwangsvollstreckungsverfahren höher festzusetzen als im Erkenntnisverfahren (so LG Koblenz, a.a.O.). Schließlich wird vertreten, daß zwischen Räumung und Herausgabe zu differenzieren sei und daß § 57 Abs. 2 BRAGO nur den Fall der bloßen Herausgabe regele, so daß für den Fall der Räumung einer unbeweglichen Sache eine Gesetzeslücke vorhanden sei, die durch Analogie zu § 16 Abs. 2 GKG zu füllen sei (so Mümmler, a.a.O.).
b)
Die vorstehend wiedergegebene Auffassung läßt sich aber mit drin eindeutigen Gesetzeswortlaut nicht in Einklang bringen.
Wenn auch einzuräumen ist, daß der Gesetzgeber die sich aus dem Wortlaut des § 57 Abs. 2 Satz 1 BRAGO ergebende Konsequenz der Nichtanwendbarkeit von § 16 Abs. 2 GKG nicht beabsichtigt haben dürfte (vgl. insoweit auch Schneider-Herget, Streitwertkommentar für den Zivilprozeß, 11. Aufl., Rn 5184 a; Hansens, BRAGO, 8. Aufl., § 57 Rn 16,; Donnerbauer; WuM 1994, 597), so setzt doch der Wortlaut der Auslegung Grenzen. Dieser gellt aber für die Zwangsvollstreckung nunmehr ohne jede Einschränkung auf den Wert der herauszugehenden Sache ab. § 57 Abs. 2 BRAGO entspricht damit der grundsätzlichen Regelung in § 6 Satz 1 ZPO. Auch der Vorschlag Mümmlers (a.a.O.), zwischen Herausgabe und Räumung zu differenzieren, ändert hieran nichts, da ja auch in der Räumungsvollstreckung fast ausschließlich – so auch hier – die Herausgabe der Sache in geräumtem Zustand verlangt wird und § 57 Abs. 2 Satz 1 BRAGO schon deshalb Anwendung findet. Die Gerichte sind aber nicht befugt, einen derart eindeutigen Gesetzeswortlaut in sein Gegenteil zu verkehren, nur weil der Gesetzgeber die Folgen seines Handelns nicht ausreichend bedacht haben mag. Das gilt hier umsomehr, als der Gesetzgeber nach den Materialien des Gesetzgebungsverfahrens mit der Neuregelung des § 57 BRAGO ausdrücklich eine abschließende Regelung über den Gegenstandswert in der Zwangsvollstreckung mit Ausnahme der besonders geregelten Verfahren der Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung sowie des Konkurs-, Vergleichs- und seerechtlichen Verteilungsverfahrens treffen wollte (vgl. BT-Drucksache 12/6962, S. 105). Diesem ausdrücklich erklärten gesetzgeberischen Willen würde es zuwiderlaufen, wenn man die Räumungsvollstreckung in bezug auf Mietsachen und ähnliche Nutzungsobjekte als weiteren Fall aus der Anwendung des § 57 Abs. 2 BRAGO herausnehmen wollte. Die Gerichte sind aber an Recht und Gesetz gebunden. Zu Recht bemerkt deshalb Donnerbauer, a.a.O., daß de...