Entscheidungsstichwort (Thema)

Gebührenanrechnung nach Anwaltswechsel

 

Leitsatz (redaktionell)

Bei einem Anwaltswechsel muss sich der neu beigeordnete Anwalt die vom zuerst beigeordneten Anwalt verdienten Gebühren nur anrechnen lassen, wenn er sich mit dieser Einschränkung einverstanden erklärt hat.

 

Normenkette

ZPO § 121

 

Verfahrensgang

AG Bielefeld (Beschluss vom 24.09.2009; Aktenzeichen 34 F 1176/06)

 

Tenor

... wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Bielefeld vom 24.9.2009 auf die sofortige Beschwerde der Kindesmutter abgeändert. Die Einschränkung "mit der Maßgabe, dass der Landeskasse durch die Beiordnung des Weiteren Rechtsanwalts keine zusätzlichen Kosten entstehen" entfällt.

 

Gründe

Die gem. § 127 II ZPO statthafte Beschwerde ist zulässig und begründet.

Es entspricht der ganz h.M. in Rechtsprechung und Literatur (Zöller/Philippi, ZPO, 27. Aufl., § 121 ZPO Rz. 35 m.w.N.), der auch der Senat folgt, dass nach einem Anwaltswechsel der neu gewählte Anwalt nicht ohne weiteres nur beschränkt auf die vom zunächst gewählten Rechtsanwalt noch nicht verdienten Kosten beigeordnet werden kann, wenn dies auch im Hinblick auf die von § 121 ZPO auch geschützten Interessen der Gemeinschaft wünschenswert und in der Praxis infolge eines zuvor erklärten Einverständnisses der Beteiligten auch die Regel ist. Denn der Vergütungsanspruch des neu beigeordneten Anwalts ergibt sich aus seiner eigenen Tätigkeit im Rechtsstreit und den dadurch erfüllten Gebührentatbeständen. Die Zulässigkeit der Einschränkung setzt deshalb voraus, dass sich der neu beigeordnete Anwalt mit ihr einverstanden erklärt hat. Gegebenenfalls muss das Gericht vor seiner Entscheidung über die Beiordnung dessen Entscheidung einholen. Daran fehlt es im vorliegenden Fall. Die erforderliche Zustimmung ist weder ausdrücklich noch konkludent erklärt worden. Der angefochtene Beschluss ist deshalb abzuändern. Die vom AG ausgesprochene Einschränkung entfällt.

Ob die Kindesmutter die Beiordnung eines neuen Rechtsanwalts nach Mandatsentziehung verlangen konnte oder ihr Begehren bei Fehlen trifftiger Gründe für den Anwaltswechsel unter dem Gesichtspunkt der Mutwilligkeit insgesamt abgelehnt hätte abgelehnt werden können, ist für die hier zu entscheidende Frage der kostenrechtlichen Einschränkung der Beiordnung ohne Bedeutung. Erfolgte der Anwaltswechsel ohne trifftigen Grund hätte der Kindesmutter die Beiordnung eines weiteren Rechtsanwalts insgesamt versagt werden können, eine Beschränkung von dessen Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse unter die gesetzlich von ihm verdienten Gebühren rechtfertigt das jedoch nicht. Für das AG bestand nur die Alternative, die Beiordnung abzulehnen, wenn der Anwaltswechsel mutwillig oder jedenfalls ohne triftigen Grund vorgenommen worden war, oder sie uneingeschränkt vorzunehmen, wenn der Wechsel gerechtfertigt war (std. Rechtsprechung, vgl. z.B.

OLG Hamm, FamRZ 1995, 748; OLG Hamm FamRZ 2006, 1551; OLG Köln FamRZ 2004, 123; OLG Karlsruhe FamRZ 1998, 632).

Die Gründe für den Anwaltswechsel hat das AG nicht geklärt. Da eine rückwirkende Aufhebung der Beiordnung aus Gründen des Vertrauensschutzes als unzulässige 'reformatio in peius' selbst bei Vorliegen eines Anwaltswechsels ohne rechtfertigenden Grund nicht in Betracht kommt, musste die Einschränkung entfallen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2390786

FamRZ 2010, 1268

AG/KOMPAKT 2010, 87

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