Entscheidungsstichwort (Thema)
Beruhen. Anforderungen an die Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs
Leitsatz (amtlich)
Wird im Rahmen eines Antrages auf Zulassung der Rechtsbeschwerde die Verletzung rechtlichen Gehörs wegen Nichtgewährung des letzten Wortes gerügt, so bedarf es zu einer ordnungsgemäßen Rügebegründung - anders als bei der Erhebung einer Verfahrensrüge wegen Verletzung des § 258 StPO im Falle einer zulässigen Rechtsbeschwerde - auch Ausführungen dazu, was der Betroffene im Falle der Gewährung des letzten Wortes vorgetragen hätte.
Normenkette
OWiG § 80 Abs. 1 Nr. 2; StPO §§ 258, 344 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Bielefeld (Aktenzeichen 10 OWi 987/07) |
Tenor
Das Verfahren wird eingestellt.
Die Kosten des Verfahrens und die dem Betroffenen entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.
Gründe
I.
Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften um 30 km/h zu einer Geldbuße von 120 Euro verurteilt und ihm ein Fahrverbot von einem Monat auferlegt.
Gegen das Urteil wendet sich der Betroffene mit der fristgerecht erhobenen Rechtsbeschwerde und rügt mit der form- und fristgerecht eingegangenen Rechtsbeschwerdebegründung die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
II.
Das Verfahren war nach § 206a Abs. 1 StPO i. V.m. § 46 Abs. 1 OWiG einzustellen.
Die dem Rechtsbeschwerdegericht auf Grund der zulässigen Rechtsbeschwerde obliegende Prüfung der Verfahrensvoraussetzungen ergibt, dass die Verfolgung der dem Betroffenen zur Last gelegten Ordnungswidrigkeit verjährt ist.
1.
Dem Verurteilten wird ein fahrlässiger Geschwindigkeitsverstoß im Straßenverkehr gem. §§ 41 Abs. 2 (Zeichen Nr. 274), 49 Abs. 3 Nr. 2 StVO, 24 StVG, begangen am 27.02.2007 (so auch die Feststellungen im angefochtenen Urteil), zur Last gelegt. Die Verfolgung dieser Ordnungswidrigkeit war gem. §§ 26 Abs. 3, 24 OWiG mit Ablauf des 27.05.2007 verjährt.
2.
Eine rechtzeitige Verjährungsunterbrechung (§ 33 OWiG) hat nicht stattgefunden. In Betracht kam hier nur die Verjährungsunterbrechung durch eine Anordnung einer Vernehmung oder Bekanntgabe i. S. v. § 31 Abs. 1 OWiG. Eine solche ist hier aber nicht gegeben.
a) Der Geschwindigkeitsverstoß wurde mittels eines Radargerätes Trafipax Speedophot festgestellt und das Fahrzeug hierbei fotografiert. Das Tatfahrzeug war auf die Firma I3 GmbH in I/W. zugelassen. Auf den dieser Halterin übersandten Fragebogen für Fahrzeughalter meldete sich am 28.03.2007 ein von der Gesellschaft bevollmächtigter Anwalt und teilte mit, dass es sich bei dem Tatfahrzeug um ein Firmenfahrzeug handele, das von mehreren Personen benutzt würde. Mit Schreiben vom 29.03.2007 teilte die Bußgeldbehörde dem Anwalt mit, dass sich das Verfahren nicht gegen den Fahrzeughalter, sondern gegen den zunächst unbekannten Fahrer richte.
Am 05.04.2007 ersuchte die Bußgeldbehörde die Bürgermeisterin der Stadt I, den verantwortlichen Fahrzeugführer anhand beigefügter Fotos zu ermitteln und nach Möglichkeit dessen Anhörung durchzuführen und zu vermerken. Dem Schreiben beigefügt war das Radarfoto des hier gegenständlichen Verstoßes und das Radarfoto eines früheren, mit demselben Fahrzeug begangenen Geschwindigkeitsverstoßes. Auf diesem war handschriftlich vermerkt: "Vergleichsfall - bezahlt von M, I". Die Bürgermeisterin der Stadt I lud den Betroffenen vor, In dem Anschreiben vom 16.04.2007 heißt es u.a.: "In dem Verfahren bin ich gebeten worden, Sie als Fahrzeughalter vorzuladen um festzustellen, wer der verantwortliche Fahrzeugführer zur Tatzeit war". In dem Formularschreiben der Bürgermeisterin der Stadt I, gerichtet an die Bußgeldbehörde und dort eingegangen am 25.04.2007, wurde durch Ankreuzen der entsprechenden Stellen mitgeteilt: "Herr M wurde nicht angetroffen - gibt den Verstoß nicht zu - wurde angehört".
Mit Schreiben vom 09.05.2007 ersuchte die Bußgeldbehörde sodann die Bürgermeisterin der Stadt I um Übersendung einer Kopie eines Passfotos, weil die bisherigen Ermittlungen zu "keinem befriedigenden Ergebnis hinsichtlich der Identitätsfeststellung" geführt hätten.
Am 31.05.2007 beantragte der Anwalt der Halterin erneut Akteneinsicht, die ihm aber erst nach Erlass des Bußgeldbescheides am 05.06.2007 gewährt wurde.
b) Die Verjährungsunterbrechung i.S.v. § 33 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 OWiG tritt nur dann ein, wenn sich die in der Vorschrift genannten Handlungen gegen eine individuell bestimmte Person richten, die von der Verwaltungsbehörde als Täter verdächtigt wird (OLG Brandenburg vom 14.02.2007 - 2 SsOWi 22B/07 - juris - m.w.N.; OLG Hamm NZV 2006, 390, 391). Das ist hier nicht der Fall.
Eine Verjährungsunterbrechung der Verfolgung der Tat gegenüber konnte durch Versendung des Fragebogen für Fahrzeughalter an die I3-GmbH nicht eintreten. Die I3-GmbH wurde lediglich als Halter angeschrieben. Das reicht grundsätzlich nicht (OLG Hamm, Beschl. v. 13.07.1988 - 2 SsOWi 466/88; OLG Braunschweig Beschl. v. 21.08.2006 - SsOWi 100/06 - juris; OLG Dresden DAR 2004, ...