Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsmittel. Inhaftierter. Protokollierung. Zuständiges Amtsgericht
Leitsatz (amtlich)
Für die Protokollierung eines nicht auf freiem Fuß befindlichen Beschuldigten ist (jedenfalls auch) das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk die rechtlich nicht selbständige Außenstelle einer Justizvollzugsanstalt, in der der Beschuldigte einsitzt, liegt.
Normenkette
StPO §§ 299, 462a
Verfahrensgang
LG Münster (Aktenzeichen 5 Ns 21/15) |
Tenor
Die Revision wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Die Kosten des Rechtsmittels trägt der Angeklagte (§ 473 Abs. 1 StPO).
Gründe
Zusatz:
In Ergänzung zur Antragsschrift der Generalstaatsanwaltschaft Hamm ist Folgendes auszuführen:
1.
Die Revisionsbegründung hat der Angeklagte formwirksam vor dem für ihn zuständigen Amtsgericht P abgegeben. Befindet sich ein Angeklagter nicht auf freiem Fuß, so kann er die Revisionsbegründung auch zu Protokoll der Geschäftsstelle des Amtsgerichts geben, in dessen Bezirk die Anstalt liegt, wo er auf behördliche Anordnung verwahrt wird (§§ 345 Abs. 2, 299 Abs. 1 StPO). Der Angeklagte befand sich zum Zeitpunkt der Abgabe der Revisionsbegründung zur Verbüßung diverser Ersatzfreiheitsstrafen in der JVA M, Freigängerabteilung T-Straße in P. Der Umstand, dass der Angeklagte als Freigänger sich allein - ohne Vorführung - zum Amtsgericht P begeben konnte, führt noch nicht dazu, dass er als "auf freiem Fuß" befindlich anzusehen gewesen wäre. Die Gewährung gewisser vollzuglicher Lockerungen nimmt ihm nicht den Status eines amtlich Verwahrten. Die Bewegungsfreiheit eines Freigängers ist hinsichtlich ihres Zwecks sowie in zeitlicher und regelmäßig auch räumlicher Hinsicht begrenzt (vgl. §§ 13 Abs. 1, 15 NJVollzG), so dass er nicht als auf freiem Fuß befindlich angesehen werde kann.
Das Amtsgericht P war das nach § 299 Abs. 1 StPO für die Protokollierung der Revisionsbegründung zuständige Amtsgericht. Für die ähnlich lautende Regelung bzgl. der Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer in § 462a Abs. 1 StPO ist zwar nach einhelliger Ansicht der öffentlich-rechtliche Sitz der Justizvollzugsanstalt maßgeblich, auch wenn die Strafe in einer Außenstelle vollstreckt wird, die im Bezirk eines anderen Landgerichtes liegt (BGHSt 28, 135; Schmitt in: Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 462a Rdn. 8 m.w.N.). Dies wäre hier die Gemeinde M, welche über ein eigenes Amtsgericht verfügt. Indes wird die entsprechende Rechtsprechung zu § 462a StPO damit begründet, dass es unzuträglich wäre, wenn bei einer Unterbringung eines Gefangenen in einer Außenstelle, welche in einem anderen Landgerichtsbezirk liegt, als der Hauptsitz der Justizvollzugsanstalt, z.B. die vollzuglichen Entscheidungen in eine andere gerichtliche Zuständigkeit fallen würden als die vollstreckungsrechtlichen. Darum geht es aber bei der Regelung des § 299 Abs. 1 StPO nicht. Vielmehr soll durch die Regelung das Verfahren vereinfacht, insbesondere zeitraubende Vorführungen vor das eventuell weiter entfernte Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, vermieden werden. Dieser Zweck (bzw. auch die Vermeidung einer zeitraubenden Anreise eines Freigängers, der sich dazu noch weiter aus dem Einwirkungsbereich der Justizvollzugsanstalt entfernt) lässt sich nur erreichen, wenn das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Außenstelle der Justizvollzugsanstalt liegt, in der der Verurteilte untergebracht ist, für die Protokollierung zuständig ist. Ob darüber hinaus auch das Amtsgericht am Hauptsitz der Justizvollzugsanstalt zur Protokollierung berufen wäre, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Eine mehrfache Zuständigkeit wurde jedenfalls in der Vergangenheit in anderer Konstellation teilweise für zulässig erachtet (vgl. Jesse in: Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 299 Rdn. 3) und Bedenken im Hinblick auf die Bestimmung des gesetzlichen Richters können hier - anders als bei § 462a StPO nicht aufkommen.
2.
Soweit der Angeklagte eine fehlerhafte Behandlung seines Verteidigungsantrages bzgl. des Zeugen S rügen will, kann dahinstehen, ob die Rüge den Begründungsanforderungen des § 344 Abs. 2 StPO genügt. Die Rüge ist jedenfalls unbegründet. Ausweislich des Hauptverhandlungsprotokoll hat die Vorsitzende der kleinen Strafkammer auf diesen Antrag entschieden, dass der Zeuge unvereidigt bleibt. Dass diese Entscheidung nicht begründet wurde, ist unschädlich (vgl.: Schmitt in: Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 59 Rdn. 11 m.w.N.).
Soweit der Angeklagte eine Verletzung seines Anspruchs auf das letzte Wort rügen will, ist diese Rüge ebenfalls jedenfalls unbegründet. Wenn sich die Vorsitzende mit den Worten "Und das ist, was sie uns sagen möchten?" vergewissern will, ob der Angeklagte sämtliche Ausführungen, die er machen wollte, auch tatsächlich gemacht hat, dient dies gerade der Sicherung seines Anspruchs auf das letzte Wort. Eine Kommentierung seines Schlussvort...