Entscheidungsstichwort (Thema)
Vollzug der Sicherungsverwahrung. Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde zu Protokoll der Geschäftsstelle eines unzuständigen Gerichts. keine Anwendung des § 299 StPO bei einem mehrmonatigen Langzeitausgang
Leitsatz (amtlich)
Die Ausnahmevorschrift des § 299 Abs. 1 StPO, nach welcher es einem nicht auf freiem Fuß befindlichen Betroffenen auch eröffnet ist, die Rechtsbeschwerde gemäß § 118 Abs. 3 StVollzG in Strafvollzugssachen zu Protokoll der Geschäftsstelle des Amtsgerichts zu erklären, in dessen Bezirk die Anstalt liegt, in welcher er inhaftiert ist, findet keine Anwendung, wenn ein Betroffener, gegen den die Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist, sich im Zeitpunkt der Protokollierung der Rechtsbeschwerde im mehrmonatigen Langzeitausgang befindet, der so ausgestaltet ist, dass der Betroffene eine eigene Wohnung nutzt und er sich nur in zumeist einwöchigen Abständen kurzzeitig in der JVA melden muss, die er dann umgehend wieder verlassen kann. Durch die Aufnahme der Rechtsbeschwerde zu Protokoll der Geschäftsstelle eines unzuständigen Gerichts wird die notwendige Form bzw. die Frist nicht gewahrt (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 13.12.2018 - III-4 RVs 157/18 -, juris).
Normenkette
StPO § 299 Abs. 1; StVollzG § 118 Abs. 3
Verfahrensgang
LG Arnsberg (Aktenzeichen 2 StVK 112/18) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde wird als unzulässig verworfen.
Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens fallen dem Betroffenen zur Last (§ 121 Abs. 2 StVollzG).
Gründe
I.
Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Arnsberg hat mit Beschluss vom 22. Januar 2019 einen insbesondere auf die Verpflichtung der JVA Werl zur Installierung einer Teppichstange sowie zur Erteilung der Genehmigung zur Annahme eines Teppichklopfers gerichteten Antrag des Betroffenen auf gerichtliche Entscheidung vom 18. Februar 2018 als unbegründet zurückgewiesen.
Gegen diese ihm am 15. Februar 2019 förmlich zugestellte Entscheidung wendet sich der Betroffene mit seiner am 11. März 2019 zu Protokoll der Geschäftsstelle des Amtsgerichts Werl eingelegten Rechtsbeschwerde.
Der Betroffene, gegen den die Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist, befindet sich im Rahmen ihm hierbei gewährter Lockerungen seit dem 04. Januar 2019 im - jeweils auf drei Monate befristeten - Langzeitausgang nach § 55 Abs. 1 SVVollzG NRW, der so ausgestaltet ist, dass der Betroffene eine Wohnung in Düsseldorf nutzt, wo ihm auch der vorliegend angefochtene Beschluss zugestellt worden ist, und er sich ausweislich einer diesbezüglichen Aufstellung der JVA Werl (Stand: 23. April 2019) nur in zumeist einwöchigen Abständen (im Zeitraum zwischen der Zustellung vom 15. Februar 2019 und der Protokollierung der Rechtsbeschwerde: am 18. Februar 2019, 25. Februar 2019 und am 11. März 2019) kurzzeitig in der JVA Werl melden muss, die er dann umgehend wieder verlassen kann.
II.
1.
Die Rechtsbeschwerde ist schon deshalb unzulässig, weil sie bis zum Ablauf der Rechtsbeschwerdefrist nicht in einer dem § 118 Abs. 3 StVollzG genügenden Form (d.h. durch eine von einem Rechtsanwalt unterzeichnete Schrift oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle) eingelegt und begründet worden ist.
Nach § 118 Abs. 1 StVollzG muss die Rechtsbeschwerde bei dem Gericht - hier: dem Landgericht Arnsberg - eingelegt werden, dessen Entscheidung angefochten wird. Durch die Aufnahme der Rechtsbeschwerde zu Protokoll der Geschäftsstelle eines unzuständigen Gerichts wird die notwendige Form bzw. die Frist hingegen nicht gewahrt (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 13. Dezember 2018 - III-4 RVs 157/18 -, juris; Paul in KK-StPO, 8. Aufl., § 299 Rn. 1).
Eine form- und fristgerechte Protokollierung der Rechtsbeschwerde durch die Geschäftsstelle des Amtsgerichts Werl war dem Betroffenen hier nicht möglich. Denn unter Berücksichtigung der Ausgestaltung des ihm seit dem 04. Januar 2019 gewährten Langzeitausgangs war im Zeitpunkt der Protokollierung der Rechtsbeschwerde die nach § 120 Abs. 1 S. 2 StVollzG grundsätzlich anwendbare Ausnahmevorschrift des § 299 Abs. 1 StPO, nach welcher es einem nicht auf freiem Fuß befindlichen Betroffenen anstelle der gemäß § 118 Abs. 3 StVollzG vorgeschriebenen Form auch eröffnet ist, die Rechtsbeschwerde zu Protokoll der Geschäftsstelle des Amtsgerichts zu erklären, in dessen Bezirk die Anstalt liegt, in welcher er verwahrt ist, nicht einschlägig.
Schon der Wortlaut des § 299 Abs. 1 StPO lässt erkennen, dass von dieser Regelung nicht ausnahmslos jeder von einer gerichtlich oder behördlich angeordneten Freiheitsentziehung Betroffene erfasst wird, sondern nur derjenige in einer entsprechenden Verwahranstalt befindliche Betroffene, der über das Verlassen dieser Anstalt (konkret: zum Zwecke der sich auf ein Rechtsmittel beziehenden Erklärung) nicht frei entscheiden kann (vgl. Allgayer in: MK-StPO, 1. Aufl., StPO § 299 Rn. 5). Auch der allgemein anerkannte Zweck dieser gesetzlichen Regelung, den umständlichen und zeitaufwändigen Weg zu vermeiden, den Betroffenen dem nach den allgemeinen Regelung...