Leitsatz (amtlich)
Zu den subjektiven und objektiven Voraussetzungen des öffentlichen Aufforderns zu Straftaten.
Verfahrensgang
LG Bochum (Entscheidung vom 09.12.2004) |
Tenor
1.
Das Verfahren wird auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt, soweit der Angeklagte wegen verbotener Mitteilung über Gerichtsverhandlungen verurteilt worden ist.
Im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last.
2.
Klarstellend wird das angefochtene Urteil dementsprechend dahingehend abgeändert, dass der Angeklagte wegen öffentlicher Aufforderung zu Straftaten zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 50,00 Euro verurteilt ist.
3.
Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Der Angeklagte hat die verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Bochum hat den Angeklagten mit Urteil vom 17. Mai 2004 wegen öffentlicher Aufforderung zu Straftaten sowie wegen verbotener Mitteilung über Gerichtsverhandlungen verwarnt und die Verurteilung zu einer Gesamtgeldstrafe von 35 Tagessätzen zu je 50,00 Euro vorbehalten.
Gegen dieses Urteil haben sowohl der Angeklagte als auch die Staatsanwaltschaft Bochum Berufung eingelegt.
Durch das angefochtene Urteil ist die Berufung des Angeklagten verworfen sowie auf die Berufung der Staatsanwaltschaft das Urteil des Amtsgerichts vom 17. Mai 2004 im Rechtsfolgenausspruch aufgehoben und der Angeklagte wegen öffentlicher Aufforderung zu Straftaten (§ 111 Abs. 1 u. 2 StGB) und verbotener Mitteilung über Gerichtsverhandlungen (§ 353 d Nr. 3 StGB) zu einer Gesamtgeldstrafe von 35 Tagessätzen zu je 50,00 Euro verurteilt worden. Die Einzelstrafen betragen 30 Tagessätze zu je 50,00 Euro für die Erfüllung des Straftatbestandes der öffentlichen Aufforderung zu Straftaten und 20 Tagessätze zu je 50,00 Euro für das Vergehen der verbotenen Mitteilung über Gerichtsverhandlungen.
Dagegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Zur Begründung führt er im Hinblick auf die Verurteilung wegen der öffentlichen Aufforderung zu Straftaten im Wesentlichen aus, die Kammer habe die Aussage des durch den Angeklagten auf seiner Homepage eingestellten Plakates fehlerhaft interpretiert. Das Plakat rufe objektiv nicht zur Anwendung von Gewalt oder zur Begehung von Straftaten gegen die Teilnehmer der Neonazidemonstration am 22. Februar 2003 auf. Es gebe keinen Erfahrungssatz dergestalt, dass im Einzugsbereich des Demonstrationsaufrufes dem linken politischen Spektrum zugehörige und zudem gewaltbereite Personen leben würden.
Hinsichtlich des Tatvorwurfs der verbotenen Mitteilung über Gerichtsverhandlungen macht der Angeklagte die Verletzung von § 17 Satz 1 StGB geltend, indem er sich erneut auf einen unvermeidbaren Verbotsirrtum beruft. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Revisionsbegründung Bezug genommen.
II.
Auf den Antrag der Generalstaatsanwaltschaft hat der Senat nach Anhörung des Angeklagten das Verfahren wegen verbotener Mitteilung über Gerichtsverhandlungen gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt. Die Einstellung hat die Änderung des Schuldspruchs und den Wegfall der für das vorgenannte Vergehen verhängten Einzelstrafe zur Folge.
Die Kostenentscheidung beruht insoweit auf § 467 Abs. 1 StPO.
III.
Im Übrigen war die Revision gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet zu verwerfen, da die Überprüfung des angefochtenen Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat.
1.
Die Auslegung mündlicher wie schriftlicher Erklärungen ist allein Sache des Tatrichters (BGHSt 21, 371, 372). Das Revisionsgericht ist an sie gebunden, wenn die Erwägungen, auf denen sie beruht, rechtlich fehlerfrei sind und Umstände berücksichtigen, die ihr entgegenstehen könnten (BGHSt 32, 310).
Die Beweiswürdigung ist revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüfbar. Sie kann rechtsfehlerhaft sein, wenn sie in sich widersprüchlich, lückenhaft oder unklar ist oder gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt ( vgl. Meyer - Goßner, StPO, 48. Auflage 2005, § 337 Rn. 21). Fehlerhaft ist es insbesondere, wenn eine sich aufdrängende, naheliegende Möglichkeit des Tathergangs, auch der inneren Tatseite außer Betracht gelassen wird (BGHSt 25, 365, 367).
Ein Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten bei der Auslegung der Aussage des Plakats ist nicht ersichtlich. Das Landgericht hat sich eingehend mit der Einlassung des Angeklagten, er habe mit dem Aufruf "Nazi-Aufmarsch verhindern" nicht zu Gewalttätigkeiten zu dem Zwecke der Verhinderung der Nazi-Versammlung aufrufen wollen, auseinandergesetzt und sie als widerlegt angesehen. Die Auslegung der Erklärung hat das Landgericht hierbei nicht nur auf einzelne Formulierungen oder Aspekte beschränkt, sondern den Inhalt der Erklärung unter Heranziehung des gesamten Kontexts, in dem sie steht, und vor dem Hintergrund des gesellsch...