Verfahrensgang

AG Essen (Aktenzeichen 73 III 89/15)

 

Tenor

Der Beschluss des Amtsgerichts wird aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens an das Amtsgericht Essen zurückverwiesen.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligten zu 1) hat am 13.10.2015 ein weibliches Kind geboren.

Am 15.10.2015 haben die Beteiligten zu 1) und 2) beim Standesamt die Eintragung des Kindes in das Geburtsregister beantragt. Nach der von ihnen abgegebenen Erklärung soll sich die Namensführung des Kindes nach deutschem Recht richten und das Kind den Familiennamen X erhalten.

Hinsichtlich der Vornamen haben die Beteiligten zu 1) und 2) als gemeinsame Sorgeberechtigte die Erklärung abgegeben, dass das Kind die Vornamen A B C erhalten soll.

Das Standesamt geht davon aus, dass die Beteiligte zu 1) ihre Identität durch ihren bangladesischen Nationalpaß nachgewiesen hat. Aufgrund der vorgelegten Heiratsurkunde geht das Standesamt auch davon aus, dass die Beteiligte zu 1) mit einem Herrn D E X verheiratet ist.

Das Standesamt geht aber davon aus, dass der Beteiligte zu 2) seine Identität nicht nachgewiesen hat. Es hat daher Zweifel, dass der Beteiligte zu 2) tatsächlich der Ehemann der Beteiligten zu 1) ist und die von den Beteiligten zu 1) und 2) abgegebenen Erklärungen zur Namensführung des Kindes wirksam sind.

Mit Schreiben vom 25.10.2015 hat das Standesamt dem Amtsgericht den Vorgang im Rahmen einer Zweifelsvorlage nach § 49 Abs. 2 PStG vorgelegt mit der Frage, ob die von den Beteiligten zu 1) und 2) abgegebenen Namenserklärungen für das Kind wirksam sind.

Mit Beschluss vom 25.04.2017 hat das Amtsgericht das Standesamt angewiesen, bei der Beurkundung der Geburt des Kindes davon auszugehen, dass die von dem Beteiligten zu 2) abgegebenen Namenserklärungen nicht wirksam sind.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Beteiligten zu 2) vom 12.05.2017, der das Amtsgericht mit Beschluss vom 20.06.2017 nicht abgeholfen und dem Senat zur Entscheidung vorgelegt hat.

II. Die Beschwerde ist gemäß § 51 Abs. 1 Satz 1 PStG, §§ 58 ff. FamFG statthaft und insgesamt zulässig.

In der Sache führt die Beschwerde zur Aufhebung des amtsgerichtlichen Beschlusses und zur Zurückverweisung des Verfahrens an das Amtsgericht.

Die zwingende Aufhebung des amtsgerichtlichen Beschlusses beruht auf § 69 Abs. 1 Satz 2 FamFG, da das Amtsgericht in der Sache noch nicht über eine verfahrensrechtlich korrekt gestellte Zweifelsvorlage entschieden hat.

Das Amtsgericht hat es schon verabsäumt, auf eine verfahrensrechtlich korrekte Zweifelsvorlage des Standesamts nach § 49 Abs. 2 PStG hinzuwirken.

Nach § 45 Abs. 2 PStG kann der Standesbeamte in Zweifelsfällen von sich aus eine Entscheidung des Amtsgerichts darüber herbeiführen, ob eine Amtshandlung vorzunehmen ist. Die Vorlage des Standesbeamten gilt für das weitere Verfahren als Ablehnung der Amtshandlung. Bereits daraus ergibt sich, dass die Zweifel des Standesbeamten sich auf die Vornahme einer konkreten Amtshandlung beziehen müssen, und das Vorlagerecht nicht dazu dient, durch das Amtsgericht eine abstrakte Rechtsfrage klären zu lassen (OLG Düsseldorf StAZ 1970, 128).

Gegenstand der Entscheidung kann danach nur sein, ob der Standesbeamte zu einer konkret anstehenden Amtshandlung anzuweisen ist oder nicht.

Die von dem Standesamt aufgeworfene Rechtsfrage, ob die namensrechtlichen Erklärungen der Beteiligten zu 1) und 2) wirksam sind, ist daher nur die Vorfrage der tatsächlich zu treffenden Entscheidung, ob das Standesamt die von den Beteiligten zu 1) und 2) konkret beantragte Eintragung in das Geburtsregister vorzunehmen hat oder eben nicht.

Statt das Standesamt zu einer korrekten Zweifelsvorlage anzuhalten, hat nun auch das Amtsgericht in seinem Beschluss eine abstrakte Rechtsfrage beantwortet, die nicht Gegenstand einer Zweifelsvorlage sein kann. Eine Sachentscheidung über eine Zweifelsvorlage ist damit nicht getroffen worden.

Für das weitere Verfahren wird das Amtsgericht zunächst darauf hinzuwirken haben, dass das Standesamt seine Zweifelsvorlage verfahrensrechtlich korrekt dahin fasst, ob es die von den Beteiligten zu 1) und 2) beantragte Eintragung vorzunehmen hat oder nicht. Wenn das Standesamt zu einer korrekten Fassung nicht bereit ist, wird die Zweifelsvorlage bereits als unzulässig zurückzuweisen sein.

Formuliert das Standesamt die Zweifelsvorlage nach Hinweis verfahrensrechtlich korrekt, wird das Amtsgericht das Standesamt entweder zu der beantragten Eintragung anzuweisen haben oder die in der Zweifelsvorlage liegende Zurückweisung des Eintragungsantrags zu bestätigen haben.

Die Wertfestsetzung beruht auf den § 36 Abs. 1 und Abs. 3 in Verbindung mit § 61 GNotKG.

Gründe, die Rechtsbeschwerde zuzulassen (§ 70 FamFG), sind nicht gegeben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 11929707

StAZ 2018, 221

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