Entscheidungsstichwort (Thema)

Arrestgrund nicht schon bei Vermögensbeschlagnahme durch Staatsanwaltschaft

 

Leitsatz (amtlich)

Die von der Staatsanwaltschaft erwirkte Beschlagnahme von Vermögen eines einer vermögensbezogenen Straftat Verdächtigten begründet für sich allein nicht schon einen Arrestgrund eines durch die fragliche Straftat geschädigten Gläubigers; will der Arrestgläubiger das beschlagnahmte Vermögen seinerseits durch Arrest sichern, muss er einen Arrestgrund nach § 917 Abs. 1 ZPO glaubhaft machen. Eine mögliche Konkurrenz der durch die Straftat geschädigten Gläubiger beim (späteren) Vollstreckungszugriff reicht zur Begründung eines Arrestgrundes nicht aus.

 

Verfahrensgang

LG Paderborn (Beschluss vom 14.11.2003; Aktenzeichen 2 O 521/03)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.257 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Antragsteller nimmt den Antragsgegner wegen des Vorwurfes des Betruges auf Schadensersatz i.H.v. 10.514 Euro in Anspruch, weil der Antragsgegner Spieleinsätze Dritter bei der Fa. … zweckwidrig für sich verbraucht haben soll. Auf eine Anzeige des Antragstellers wurden im Rahmen des eingeleiteten Ermittlungsverfahrens beim Antragsgegner und bei angeblichen Tatbeteiligten Gelder sichergestellt. Der Antragsteller begehrt zur Sicherung seiner Forderungen die Anordnung des dinglichen Arrestes in das Vermögen des Antragsgegners.

Das LG hat den Arrestantrag zurückgewiesen, weil ein Arrestanspruch nicht glaubhaft gemacht und ein Arrestgrund nicht schlüssig dargelegt sei. Der mit der Eilmaßnahme erstrebte Gläubigervorrang gebe keinen Arrestgrund ab. Mit der hiergegen eingelegten sofortigen Beschwerde verfolgt der Antragsteller seinen bisherigen Antrag weiter.

II. Die gem. § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch sonst zulässige sofortige Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Auch im Rechtsmittelverfahren ist der Arrestanspruch, dessen sich der Antragsteller berühmt, nicht glaubhaft gemacht. Allein die Vorlage von Kopien von Kontoauszügen, die Zahlungen an die Fa. … ausweisen, reicht zur Glaubhaftmachung einer Vermögensstraftat des Antragsgegners gegen den Antragsteller nicht hin.

2. Der Antrag auf Arrest bleibt überdies auch deshalb erfolglos, weil die Voraussetzungen des § 917 Abs. 1 ZPO (Arrestgrund) nicht erfüllt sind. Ein Arrestgrund liegt nur vor, wenn die Besorgnis begründet ist, der potentielle Schuldner werde die künftige Zwangsvollstreckung aus einem gegen ihn ergangenen Urteil vereiteln oder wesentlich erschweren. Eine solche Besorgnis wird nicht schon ohne weiteres dadurch begründet, dass die Schädigung des um Arrest nachsuchenden mutmaßlichen Gläubigers auf einer gegen diesen gerichtet gewesenen unerlaubten Handlung beruht. Zwar wird die glaubhaft gemachte Behauptung (und erst recht die strafrechtliche Verurteilung) zu einer vermögensbezogenen Straftat des vermutlichen Schuldners i.d.R. auch einen Arrestgrund i.S.v. § 917 Abs. 1 ZPO ergeben (OLG Hamm, Beschl. v. 29.5.2002 – 9 W 19/02; Beschl. v. 20.12.2002 – 9 W 53/02; BGH v. 24.3.1983 – III ZR 116/82, WM 1983, 614); es kommt aber stets auf die Umstände des Einzelfalles dahin an, ob diese und also auch die Straftat Anhaltspunkte dafür begründen, dass der vermutliche Schuldner sein Vermögen dem Gläubiger vorenthalten will (BGH v. 24.3.1983 – III ZR 116/82, WM 1983, 614; OLG Düsseldorf NJW-RR 1986, 1192). Die Straftat des Antragsgegners allein gibt im vorliegenden Fall noch keinen Arrestgrund ab. Zwar ist die Straftat des Antragsgegners ein schwerwiegendes Indiz gegen dessen Rechtstreue, daraus lässt sich hier aber nicht schon auch auf künftige Rechtsuntreue schließen. Es ist nämlich weder dargetan noch sonst erkennbar, dass der Antragsgegner schon früher auffällig geworden wäre, sonst eine rechtsfeindliche Gesinnung offenbart hätte oder auch nur dazu neigte. Außerdem befindet sich der Antragsgegner gegenwärtig in der Westfälischen Klinik für Psychiatrie in L.; dass er von dort aus in absehbarer Zeit in der Lage wäre, über sein Vermögen zu verfügen, ist weder dargetan noch sonst erkennbar. Hinzu kommt, dass nicht ersichtlich ist, dass der Antragsgegner befugt wäre, in erheblichem Umfang über die beschlagnahmten Gelder zu verfügen. Die zu den Akten gereichte, wohl von der Staatsanwaltschaft erstellte Auflistung der gesicherten Vermögenswerte weist zu Gunsten des Antragsgegners eine Hinterlegung lediglich über einen Betrag von 1.565 Euro aus. Damit sinkt auch ein etwaiger Anreiz des Antragsgegners, seine etwaigen Anspruchsgläubiger vom Zugriff darauf durch unlautere Machenschaften auszuschließen. Die Begründetheit der Besorgnis einer womöglich drohenden Vollstreckungsbenachteiligung des Arrestgläubigers setzt ferner eine mögliche Beeinträchtigung des Vollstreckungszugriffes der Gesamtheit der Gläubiger voraus (BGH v. 19.10.1995 – IX ZR 82/94, MDR 1996, 356 = NJW 1996, 321). Eine etwaige Gefahr, dass andere, neben dem Antragsteller vorhandene Gläubiger auf das Vermögen...

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