Leitsatz (amtlich)
Verfahren auf familiengerichtliche Genehmigung der Unterbringung eines Kindes sind gerichtgebührenfrei; auch etwaige Sachverständigenkosten können von den Kindeseltern nicht erhoben werden.
Normenkette
BGB § 1631b
Verfahrensgang
AG Paderborn (Beschluss vom 14.06.2011; Aktenzeichen 81 F 159/11) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) vom 4.7.2011 wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Paderborn vom 14.6.2011 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Von der Erhebung von Gerichtskosten wird abgesehen.
Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Beteiligten findet nicht statt.
Für das Beschwerdeverfahren werden keine Gerichtskosten erhoben. Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten findet auch im Beschwerdeverfahren nicht statt.
Der Verfahrenswert für das erstinstanzliche Verfahren wird wie folgt festgesetzt:
bis zum 9.6.2011 auf 3.000 EUR
ab dem 10.6.2011 auf 5.262,12 EUR.
Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.262,12 EUR festgesetzt.
Gründe
Die Beteiligten zu 1) und 2) sind die geschiedenen Eltern des minderjährigen Kindes E. Nach der Trennung der Eltern wohnte E zunächst im Haushalt der Beteiligten zu 1).
Da E den weiteren Schulbesuch verweigerte, er Drogen nahm und er für eine erzieherische Ansprache durch die Beteiligte zu 1) nicht mehr erreichbar war, haben die Beteiligten zu 1) und 2) am 29.3.2011 den Antrag gestellt, die Unterbringung des E nach § 35 KJHG familiengerichtlich zu genehmigen (§ 1631b BGB).
Das AG - Familiengericht - hat mit Beschlüssen vom 29.3.2011 den Beteiligten zu 5) zum Verfahrensbeistand für E bestellt, und hat die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu der Frage, ob eine Unterbringung des Kindes E zu dessen Wohl erforderlich sei, angeordnet.
Der vom Gericht bestellte Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie W ist in seinem Sachverständigengutachten vom 21.4.2011 zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Unterbringung des E nicht erforderlich sei. Zwar liege bei E eine Anpassungsstörung des Sozialverhaltens vor, deren Ursache auch in dem aus seiner Sicht inkonsequenten Erziehungsverhaltens der Beteiligten zu 1) zu sehen sei. Eine Unterbringung sei jedoch nicht geboten.
Nach der Vorlage des Gutachtens wechselte E in den Haushalt des Beteiligten zu 2). Die Beteiligten zu 1) und 2) haben ihren Antrag auf familiengerichtliche Genehmigung der Unterbringung des E zurückgenommen.
Mit dem am 14.6.2011 erlassenen Beschluss hat das AG - Familiengericht - die folgende Entscheidung getroffen:
"Die Antragsteller tragen die Kosten des erledigten Verfahrens zu gleichen Teilen."
Dieser Beschluss ist der Beteiligten zu 1) am 17.6.2011 zugestellt worden.
Mit einem am 4.7.2011 beim AG eingegangen Faxschreiben erklärte die Beteiligte zu 1): "Hiermit lege ich gegen den Beschluss vom 16.6.2011 Beschwerde ein."
Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) ist zulässig, insbesondere ist die Beschwerdefrist gewahrt.
Bei der vom AG - Familiengericht - getroffenen Entscheidung über die Kosten des Verfahrens nach §§ 83, 81 FamFG handelt es sich um eine isolierte Kostenentscheidung in einem Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Gegen eine solche Entscheidung ist die Beschwerde nach den §§ 58 ff. FamFG unproblematisch gegeben (Keidel=Meyer-Holz, FamFG, 17. Aufl., § 58 Rz. 97). Die Beschwerdefrist beträgt einen Monat nach Zustellung (§ 63 Abs. 1 FamFG). Aufgrund der Zustellung am 17.6.2011 endete die Beschwerdefrist erst mit Ablauf des 18.7.2011, einem Montag.
Das am 4.7.2011 eingegangene Schreiben der Beteiligten vom 4.7.2011 ist daher fristgerecht eingegangen. Es ist auch unschwer als Beschwerde gegen die Kostenentscheidung in dem Beschluss vom 14.6.2011 auszulegen. Zwar hat die Beteiligte zu 1) in ihrem Schreiben ein falsches Beschlussdatum verwendet.
Das Schreiben konnte von dem AG aber ohne Probleme dem Verfahren 81 F 159/11 zugeordnet werden, in dem es aktuell nur den Beschluss vom 14.6.2011 gab. Auch das Vorbringen der Beteiligten zu 1) richtete sich erkennbar gegen die ihr im Beschluss vom 14.6.2011 aufgebürdete Kostentragungslast.
Die Beschwerde ist auch in der Sache begründet.
Wird ein Antrag auf familiengerichtliche Genehmigung zurückgenommen, so ist die Kostenentscheidung nach § 83 Abs. 2 FamFG unter entsprechender Anwendung des § 81 FamFG zu treffen.
Einer der in § 81 Abs. 2 FamFG aufgezählten Fälle, nach denen einem Beteiligten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen sind, ist ersichtlich nicht gegeben. Die Kostenentscheidung ist somit unter Beachtung der in § 81 Abs. 1 FamFG dargelegten Grundsätze zu treffen. Danach kann das Gericht die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann aber auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist.
Dem amtsgerichtlichen Beschluss kann bereits nicht entnommen werden, dass sich die Amtsrichterin ihres Ermessens überhaupt bewusst war. Jedenfalls hat sie die Umstände, die sie bewogen haben, den Beteiligten zu 1) und 2) die Kosten anteilig aufzuerlegen, nicht zum Gege...