Entscheidungsstichwort (Thema)
Durch PKH-Antrag keine Fristwahrung für rückwirkende Unterhaltsherabsetzung
Leitsatz (amtlich)
1. Die rückwirkende Abänderungsklage nach § 654 Abs. 2 ZPO setzt die Erhebung der Klage voraus. Hierfür reicht die Zustellung eines mit der Klage verbundenen PKH-Antrages im PKH-Prüfungsverfahren nicht aus.
2. Zu den Voraussetzungen einer wirksamen Zustellung durch das Gericht (Zustellungswillen).
Normenkette
ZPO §§ 253, 654 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Recklinghausen (Beschluss vom 17.09.2007; Aktenzeichen 40 F 154/07) |
Tenor
1. Die Sache wird vom Einzelrichter auf den Senat übertragen, § 568 S. 2 ZPO.
2. Auf die Beschwerde des Klägers wird, unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels, der Beschluss vom 15.8.2007 in der Fassung des Beschlusses über die teilweise Abhilfe vom 17.9.2007, jeweils des AG - FamG - Recklinghausen, teilweise abgeändert.
Dem Kläger wird zu den bisherigen Bedingungen Prozesskostenhilfe bewilligt, soweit er ggü. dem Beklagten die Abänderung des Kindesunterhalts auf folgende Beträge begehrt:
für Februar-Mai 2008 mtl. 121 EUR,
ab Juni 2008 auf mtl. 115 EUR.
Gründe
Die nach den §§ 127 II, 568 ZPO zulässige Beschwerde ist nur teilweise begründet.
I. Der Kläger ist der Vater des Beklagten. Mit der Korrekturklage nach § 654 I, II ZPO erstrebt der Kläger die Herabsetzung des ab 25.3.2006 (Geburt des Beklagten) mit 100 % des jeweiligen Regelbetrages titulierten Kindesunterhalts rückwirkend auf 0. Er beruft sich auf Leistungsunfähigkeit. Das AG hat Prozesskostenhilfe zwar für die rückwirkende Abänderung, der Höhe nach aber nur teilweise, bewilligt und im Übrigen verweigert. Dagegen richtet sich die Beschwerde des Klägers.
II. Für die bisherige Vergangenheit, für die dem Kläger keine Prozesskostenhilfe zugestanden hätte, ist er durch die Prozesskostenhilfebewilligung des AG nicht beschwert.
Die Beschwerde hat teilweisen Erfolg nur, soweit eine Abänderung für die Zukunft, nämlich ab Rechtshängigkeit der Korrekturklage, begehrt wird, s. §§ 654 II, 253 I ZPO.
Insoweit ist davon auszugehen, dass die Klage in der Folge des vorliegenden Senatsbeschlusses dem Beklagten noch im Februar 2008 zugestellt werden wird, wobei die Abänderung dann ab dem Tag der Zustellung verlangt werden kann.
1. Für die rückständige Zeit hat das AG dem Kläger zu Unrecht Prozesskostenhilfe bewilligt, weil diesbzgl. die hinreichende Erfolgsaussicht nach § 114 ZPO fehlt.
Die Klageerhebung (s.o.) erfolgt erst über einen Monat nach Rechtskraft des abzuändernden Urteils, so dass nur für die Zukunft abgeändert werden darf, § 654 II ZPO.
Der Kläger hat die Korrekturklage mit einem Prozesskostenhilfeantrag verbunden.
Die Zustellung eines derartigen Antrags im PKH-Prüfungsverfahren begründet keine Rechtshängigkeit nach § 253 ZPO. Der Senat vertritt insoweit den Standpunkt der seit jeher vorherrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur (vgl. zuletzt OLG Brandenburg FamRZ 2007, 2085; Überblick bei Zöller/Philippi, ZPO, 26. Aufl., § 117 Rz. 4). Auch die Gleichstellung von Klageerhebung und Zustellung des Prozesskostenhilfeantrags hinstl. der verjährungshemmenden Wirkung nach § 204 I Nr. 1 und Nr. 14 BGB n.F. rechtfertigt nichts anderes, sondern spricht gerade für diese Ansicht, weil der Gesetzgeber eine solche Gleichstellung innerhalb von § 654 II ZPO nicht vorgenommen hat.
Es ändert nichts, dass im konkreten Fall ausweislich des Empfangsbekenntnisses (Bl. 30 d.A., Empfangsdatum unleserlich) möglicherweise bereits im April 2007 die Klage dem gesetzl. Vertreter des Beklagten in beglaubigter Abschrift förmlich zugestellt worden ist.
Das konnte, weil eine Zustellung ohne Zustellungsabsicht keine Zustellungswirkung äußert (Zöller/Stöber, a.a.O., § 166 Rz. 2), Rechtshängigkeit i.S.d. §§ 253, 271 ZPO nur begründen, wenn dem eine dahin gerichtete Zustellungsabsicht des für die Zustellung nach den §§ 166 ff. ZPO zuständigen AG zugrunde lag. Das war nicht der Fall.
Es kommt, wenn wie hier der Richter die Zustellung gemäß Verfügung vom 18.4.2007 (Bl. 27 d.A.) angeordnet hat, auf dessen Willensrichtung, nicht auf diejenige des nach § 168 I ZPO ausführenden Urkundsbeamten der Geschäftsstelle, an (BGH NJW 1956, 1878; Zöller, a.a.O.). Der Richter hat die Zustellung lediglich der (einfachen) Abschrift der Klage/Antragsschrift zur Stellungnahme zum Prozesskostenhilfeantrag verfügt, so dass sich die Zustellungswirkung darauf beschränkt und bisher keine Klageerhebung nach § 253 ZPO vorliegt.
Die Frist zur Erhebung der Klage nach den §§ 654 II, 253 I ZPO von einem Monat nach Rechtskraft des abzuändernden Urteils im Vorprozess (AG Recklinghausen 40 F 240/06) gem. § 654 II ZPO ist inzwischen abgelaufen.
Das gilt unabhängig davon, ob man auf die Zustellung des Anerkenntnisurteils vom 14.3.2007 ohne Tatbestand und Gründe (§ 313b ZPO) am 28.3.2007 (Beiakte Bl. 80) abstellt -Fristablauf: Montag, 30.4.2007 - oder erst auf die Zustellung des Tatbestand und Entscheidungsgründe hinzufügenden 'Berichtigungsbeschlusses' vom 11.5.2007 am 24.5.2007 (Beiak...