Verfahrensgang
LG Bielefeld (Entscheidung vom 28.02.2007; Aktenzeichen 6 Ns 75/06) |
Tenor
Das angefochtene Urteil wird mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Bielefeld zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht - Schöffengericht - Herford hat den Angeklagten am 11.08.2006 wegen Vergewaltigung in zwei Fällen und wegen vorsätzlicher Körperverletzung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Gegen das in seiner Anwesenheit verkündete Urteil hat der Angeklagte fristgerecht Berufung eingelegt.
Das Landgericht Bielefeld hat mit dem angefochtenen Urteil vom 28.02.2007 die Berufung verworfen. Gegen das Urteil des Landgerichts Bielefeld hat der Angeklagte form- und fristgerecht Revision eingelegt. Er erhebt mehrere Verfahrensrügen und rügt die Verletzung materiellen Rechts.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Revision als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.
II.
Die Revision des Angeklagten ist zulässig und hat in der Sache einen zumindest vorläufigen Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Bielefeld.
1.
Bereits die auf eine Verletzung der Aufklärungspflicht gemäß § 244 Abs. 2 StPO gestützte Verfahrensrüge verhilft der Revision zu ihrem vorläufigen Erfolg.
Die Aufklärungsrüge entspricht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO. Danach sind die die Rüge begründenden Tatsachen so genau und vollständig vorzutragen, dass das Revisionsgericht allein auf ihrer Grundlage prüfen kann, ob der geltend gemachte Verfahrensfehler vorliegt, wenn die behaupteten Tatsachen bewiesen werden.
Bei der Rüge der Verletzung des § 244 Abs. 2 StPO muss der Revisionsführer ein bestimmtes Beweismittel, dessen sich das Gericht seiner Ansicht nach hätte bedienen müssen, eine konkrete Beweistatsache, das zu erwartende - für ihn günstige - Beweisergebnis sowie die Umstände vortragen, die das Gericht zu der vermissten Beweiserhebung hätten drängen müssen (vgl. Sander/Cirener, NStZ 2008, 1, 4 m.w.N.; Meyer-Goßner, StPO, 50. Auflage, § 244, Rdnr. 81).
Zu der Angabe eine zulässigen Beweismittels (vgl. dazu Meyer-Goßner, StPO, Einl. Rdnr. 49) gehört in der Regel die Angabe der ladungsfähigen Anschrift eines Zeugen oder auch nur deren unmittelbarer Auffindbarkeit durch das Gericht, die durch eine nicht weiter belegte Bezugnahme auf angebliche Gerichtskundigkeit nicht ersetzt wird (vgl. dazu BGH, Urteil vom 21.07.2007 - 5 StR 532/06, und Beschluss vom 08.05.2003, 5 StR 120/03, BGHR StPO § 244 Abs. 6 Beweisantrag 40).
Diesen Anforderungen wird die Revision noch gerecht. Sie Revision benennt den die Nebenklägerin damals behandelnden Hausarzt Dr. X als Zeugen, der weder vom Amtsgericht Herford noch vom Landgericht Bielefeld vernommen worden ist. Sie teilt zwar die ladungsfähige Anschrift dieses Zeugen nicht mit, sondern gibt mit "(Bl. 102 d.A.)" lediglich die Fundstelle der in den Akten befindlichen Vernehmung des Zeugen durch die Polizei und das Datum der Vernehmung an. Gleichwohl ist das Beweismittel noch hinreichend bestimmt angegeben. Denn bei der Vernehmung eines Zeugen durch Polizeibeamte im Ermittlungsverfahren wird in der Vernehmungsniederschrift regelmäßig der vollständige Name und die ladungsfähige Anschrift des Zeugen aufgenommen, so dass eine Bezugnahme auf den Inhalt einer (übersichtlichen) Akte und die mit genauer Fundstelle (richtig) angegebene Vernehmungsniederschrift genügt.
Die Revision hat ferner Beweistatsachen, die mit dem Beweismittel hätten bewiesen werden können, hinreichend bestimmt behauptet und darüber hinaus das zu erwartende Beweisergebnis benannt.
Die Revision trägt vor, dass die Nebenklägerin am 17.02.2004 bei dem Zeugen in hausärztlicher Behandlung gewesen sei und von einer Vergewaltigung gesprochen habe. Dagegen habe die Nebenklägerin dem Zeugen von den beiden im angefochtenen Urteil festgestellten Vergewaltigungen am 02./03.10.2004 und am 01./02.01.2005 nichts berichtet, obwohl sie in dieser Zeit ständig bei ihm in Behandlung gewesen sei und sogar am 03.01.2005 mit dem Zeugen telefoniert habe. Damit ist die behauptete Beweistatsache hinreichend bestimmt. Das zu erwartende Beweisergebnis geht dahin, dass es entweder eine dritte Vergewaltigung gibt oder die Nebenklägerin nicht die Wahrheit gesagt hat.
Schließlich trägt die Revision vor, welche für das Gericht erkennbaren Umstände es zu der vermissten Beweiserhebung hätten drängen müssen. Dabei stehen die Anforderungen an den Vortrag zum Aufdrängen dazu im Verhältnis, wie naheliegend das behauptete Beweisergebnis erscheint (vgl. BGH, NStZ 2007, 165). Da das zu erwartende Beweisergebnis bei Erfüllung der Aufklärungspflicht nahe lag, genügt der Vortrag der Revision, dass widersprüchliche oder verschwiegene Angaben der einzigen Belastungszeugin zum Kerngeschehen in verschiedenen Auss...