Leitsatz (amtlich)
Zur Bildung einer nachtrählichen Gesamtstrafe.
Verfahrensgang
LG Essen (Entscheidung vom 23.08.2013; Aktenzeichen 31 Ns 101/13) |
AG Essen (Aktenzeichen 47 Ds 348/13) |
Tenor
1.
Das angefochtene Urteil wird hinsichtlich des Angeklagten X im Rechtsfolgenausspruch betreffend die Bildung einer Gesamtstrafe mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Die weitergehende Revision des Angeklagten X wird verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Essen zurückverwiesen.
2.
Die Revision des Angeklagten Y wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Die Kosten seines Rechtsmittels trägt der Angeklagte Y (§ 473 Abs. 1 StPO).
Gründe
I.
Am 3. April 2013 verurteilte das Amtsgericht Essen den Angeklagten X im Verfahren 47 Ds 27 Js 268/12 (291/12) wegen Betruges unter Einbeziehung der im Strafbefehl des Amtsgerichts Essen vom 7. Dezember 2012 gegen ihn im Verfahren 47 Ds 84 Js 924/12 (744/12) verhängten Einzelstrafen und Auflösung der dort gebildeten Gesamtgeldstrafe zu einer Freiheitsstrafe von 7 Monaten. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe setzte es zur Bewährung aus.
Das Amtsgericht Essen verurteilte den Angeklagten X des weiteren im Verfahren 47 Ds 27 Js 247/13 (348/13) am 29. Mai 2013 wegen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten.
Gegen das Urteil vom 3. April 2013 wandten sich sowohl der Angeklagte X als auch die Staatsanwaltschaft Essen mit dem Rechtsmittel der Berufung. Der Angeklagte Y legte zudem Berufung gegen seine Verurteilung durch das Amtsgericht Essen vom 29. Mai 2013 ein.
Das Landgericht Essen hat beide Berufungsverfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und mit Urteil vom 23. August 2013 auf das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft Essen hin die Verurteilung des Angeklagten X teilweise abgeändert.
Es hat den Angeklagten X nunmehr wegen Betruges unter Einbeziehung der im Strafbefehl des Amtsgerichts Essen vom 7. Dezember 2012 gegen ihn im Verfahren 47 Ds 84 Js 924/12 (744/12) verhängten Einzelstrafen und Auflösung der dort gebildeten Gesamtgeldstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 7 Monaten verurteilt. Hinsichtlich des Diebstahls ist es bei der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten verblieben.
Die Rechtsmittel des Angeklagten X hat es als unbegründet verworfen.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte X mit seiner Revision, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt,
die Revision als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.
II.
Die Revision des Angeklagten X ist zulässig und hat auch in der Sache den aus der Entscheidungsformel unter Ziffer 1. ersichtlichen Teilerfolg.
1.
Bezüglich des Schuldspruchs sowie der verhängten Einzelstrafen war die Revision entsprechend dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft gemäß § 349 Abs. 2 StPO als offensichtlich unbegründet zu verwerfen. Die von der Strafkammer getroffenen Feststellungen tragen die Verurteilung des Angeklagten wegen Betruges und Diebstahls. Die von ihr vorgenommene Beweiswürdigung ist nicht zu beanstanden. Gleiches gilt für die Strafzumessungserwägungen der Strafkammer. Sie weisen keine Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.
2.
Der Ausspruch über die festgesetzte Gesamtfreiheitsstrafe von 7 Monaten kann jedoch keinen Bestand haben. Die Bildung der Gesamtfreiheitsstrafe ist rechtsfehlerhaft. Die Strafkammer hat entgegen der Bestimmung des § 55 StGB nicht geprüft, ob mit den Strafen aus der Vorverurteilung durch das Amtsgericht Velbert vom 14. November 2012 im Verfahren 23 Ls 721 Js 1615/09 (46/11) eine Gesamtstrafe nach §§ 53, 54 StGB zu bilden ist.
Bei Vorliegen der Voraussetzungen ist die Anwendung des § 55 StGB zwingend vorgeschrieben (vgl. Senat, Beschlüsse vom 7. Oktober 2013 in III-5 RVs 86/13 und vom 26. Januar 2012 in III-5 RVs 118/11; BGHSt 55, 220). Die Bestimmung des § 55 StGB ermächtigt und verpflichtet den Tatrichter, unter den dort geregelten Voraussetzungen in rechtskräftige frühere Gesamtstrafen einzugreifen. Die Rechtskraft einer Gesamtstrafe stellt auch dann kein Hindernis dar, wenn nicht alle in ihr zusammengefaßten Einzelstrafen in eine neue Gesamtstrafe einzubeziehen sind, sondern sie vielmehr zu verschiedenen Gesamtstrafen - gegebenenfalls auch mit anderen früheren Vorverurteilungen - zusammengeführt werden müssen (vgl. BGH, NStZ-RR 2010, 9; NStZ 2007, 28, 29). Sofern eine nachträgliche Gesamtstrafenbildung somit in Betracht kommt, sind in den Urteilsgründen die hierfür maßgebenden Umstände darzulegen. Insbesondere sind die Daten von Vorverurteilungen oder Gesamtstrafenbeschlüssen, Tatzeiten der abgeurteilten Taten, Erledigungsstand der in Betracht kommenden Strafen sowie Höhe und wesentliche Zumessungsgründe von Einzelstrafen mitzuteilen (vgl. nur Fisch...