Leitsatz (amtlich)
Zum erforderlichen Umfang der tatsächlichen Feststellungen für die Annahme einer konkreten Gefahr bei der Verurteilung wegen einer Straßenverkehrsgefährdung infolge falschen Fahrens beim Überholen.
Verfahrensgang
LG Bochum (Entscheidung vom 08.09.2005; Aktenzeichen 29 Ns 59 Js 1199/04 II 97/05) |
Tenor
Das Urteil des Landgerichts Bochum vom 8. September 2005 wird im Schuldspruch mit den zugrunde liegenden Feststellungen insoweit aufgehoben, als der Angeklagte wegen vorsätzlicher Straßenverkehrsgefährdung verurteilt worden ist.
Im Rechtsfolgenausspruch wird das angefochtene Urteil mit den zugrunde liegenden Feststellungen insgesamt aufgehoben.
Im Übrigen wird die Revision des Angeklagten verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Strafkammer des Landgerichts Bochum zurückverwiesen.
Gründe
I.
Der Angeklagte ist durch Urteil des Amtsgerichts Recklinghausen vom 23. Juni 2005 wegen Nötigung zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 15 EUR verurteilt worden. Außerdem wurde ihm ein Fahrverbot auferlegt. Die dagegen gerichtete Berufung des Angeklagten hat das Landgericht im angefochtenen Urteil mit der Maßgabe verworfen, dass der "Schuldspruch auf versuchte Nötigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Straßenverkehrsgefährdung lautet". Hiergegen richtet sich nunmehr die Revision des Angeklagten. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, das Rechtsmittel nach § 349 Abs. 2 StPO zu verwerfen.
II.
Das Rechtsmittel ist zulässig und hat mit der Sachrüge teilweise Erfolg. Die Verurteilung wegen vorsätzlicher Straßenverkehrsgefährdung kann hingegen keinen Bestand haben. Insoweit hat der Senat das angefochtene Urteil daher gemäß § 349 Abs. 4 StPO aufgehoben und die Sache an das Landgericht zurückverwiesen.
1.
Die Überprüfung des landgerichtlichen Urteils hat hinsichtlich der Verurteilung wegen versuchter Nötigung keine Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten erkennen lassen, so dass die Revision gemäß § 349 Abs. 2 StPO auf der Grundlage des Antrags der Generalstaatsanwaltschaft vom 16. Mai 2006 verworfen worden ist. Damit hat die Verurteilung wegen versuchter Nötigung nach den §§ 240 Abs. 1, 22, 23 StGB Bestand. Aus revisionsrechtlicher Sicht ist insbesondere auch nicht zu beanstanden, dass das Landgericht davon ausgegangen ist, dass der Angeklagte zum Zeitpunkt des ihm zur Last gelegten Verkehrsverstoßes Fahrer des Pkw BMW gewesen ist. Die landgerichtliche Beweiswürdigung ist nicht zu beanstanden. Sie berücksichtigt die von obergerichtlichen Rechtsprechung insoweit aufgestellten Anforderungen (vgl. Senat in StV 2004, 588 mit weiteren Nachweisen).
2.
Die Verurteilung wegen vorsätzlicher Straßenverkehrsgefährdung nach § 315 c Abs. 1 Nr. 2 b StGB hat hingegen keinen Bestand.
Das Landgericht hat folgende tatsächliche Feststellungen getroffen:
Dem Angeklagten stand im Sommer 2004 ein Fahrzeug des Typs Fünfer-BMW mit dem Kennzeichen XXXXX seines Arbeitgebers gelegentlich zur privaten Nutzung zur Verfügung. Am Freitag, den 23.07.2004 gegen 18.30 Uhr befuhr er damit die kürzeste Strecke zwischen dem Sitz seines Arbeitgebers in Coesfeld und seiner Wohnung in Gelsenkirchen, nämlich die Bundesautobahn A 43 von Münster Richtung Wuppertal, also nach Süden. Die geeignetste Fahrstrecke, um seinen Wohnsitz zu erreichen, hätte er gewählt, wenn er am Autobahnkreuz Recklinghausen Richtung Westen (Oberhausen) auf die A 2 abgebogen wäre, um an der Anschlussstelle Gelsenkirchen-Buer die Autobahn zu verlassen. Er hätte dann nur noch einige hundert Meter bis zu seiner Wohnung gehabt. Kurz zuvor, zwischen den Anschlussstellen Marl-Sinsen und Recklinghausen / Herten befuhr bei einer Geschwindigkeit von deutlich mehr als 140 km/h die linke Spur. Zur gleichen Zeit fuhr der als Zeuge gehörte Polizeioberkommissar P. mit seinem privaten Pkw Ford Mondeo ebenfalls die linke Spur bei einer Geschwindigkeit von 130 bis 140 km/h. Er hatte zusammen mit seiner Ehefrau, die auf dem Beifahrersitz saß, und einem Enkelkind, das hinten im Fahrzeug sich aufhielt, einen geselligen Tag verbracht. Während er etwa auf gleicher Höhe mit einem LKW sich befand, den er zu überholen gedachte, näherte sich von hinten mit deutlicher Differenzgeschwindigkeit der Angeklagte. Dieser bediente gleich mehrfach die Lichthupe und schoss förmlich auf das Fahrzeug des Zeugen zu. Erst als er unmittelbar hinter dem Fahrzeug war mit einem Abstand, der so gering war, dass der Zeuge im Rückspiegel die gesamte Frontpartie des BMW nicht mehr erkennen konnte, bremste der Angeklagte sein Fahrzeug ab. Gleichzeitig begann er damit, die akustische Hupe zu bedienen. Zusätzlich gestikulierte er mit beiden Händen hinter seinem Lenkrad, wobei er den so genannten "Scheibenwischer" machte, also eine kreisende Handbewegung vor seiner Stirn mit einer Hand, bei der alle Finger ausgestreckt sind. Diese Geste soll üblicherweise den Eindruck wiedergeben, man halte sein Gegenüber für irgendwie "nicht richt...