Leitsatz (amtlich)
Die Beweiswürdigung lückenhaft, wenn die Mitteilung, ob bzw. wie sich der Angeklagte zur Sache eingelassen hat, fehlt.
Verfahrensgang
LG Essen (Entscheidung vom 23.02.2007) |
Tenor
Das angefochtene Urteil wird mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben soweit der Angeklagte verurteilt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Essen zurückverwiesen.
Die weitergehende Revision wird mit der Maßgabe verworfen, dass der Angeklagte vom Vorwurf des sexuellen Mißbrauchs unter Ausnutzung eines Behandlungsverhältnisses wegen des Berührens des Hodensacks bei der Eingangsuntersuchung des Geschädigten H. freigesprochen ist.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Essen hat den Angeklagten mit Urteil vom 10.05.2006 wegen unerlaubten Handeltreibens mit Arzneimitteln, wegen sexuellen Mißbrauchs unter Ausnutzung eines Behandlungsverhältnisses in drei Fällen, wegen Anstiftung zum Diebstahl und wegen Nötigung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr - unter Strafaussetzung zur Bewährung - verurteilt. Es hat ferner ein Berufsverbot für die Dauer eines Jahres verhängt. Gegen das Urteil haben sowohl die Staatsanwaltschaft als auch der Angeklagte Berufung eingelegt.
Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht Essen wie folgt entschieden:
"Auf die Berufung des Angeklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Essen vom 10.05.2006 (37 Ls 52/04) dahingehend teilweise abgeändert, dass der Angeklagte wegen sexuellen Mißbrauchs unter Ausnutzung eines Behandlungsverhältnisses in zwei Fällen, Anstiftung zum Diebstahl und Nötigung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr kostenpflichtig verurteilt wird. Die Vollstreckung der Strafe wird zur Bewährung ausgesetzt. Dem Angeklagten wird für die Dauer von 1 Jahr untersagt, den Beruf des Arztes auszuüben. Die weitergehenden Berufungen werden verworfen."
Gegen das Urteil hat der Angeklagte form- und fristgerecht Revision eingelegt. Er erhebt Verfahrensrügen und rügt die Verletzung materiellen Rechts in allgemeiner Form. Die Generalstaatsanwaltschaft Hamm hat beantragt, die Revision gem. § 349 Abs. 2 StPO als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.
II.
Der Angeklagte war als praktischer Arzt, spezialisiert auf die Methadonsubstituierung von Drogenpatienten, tätig. Der Angeklagte entwickelte zu M. ein väterliches Verhältnis. Nach den Feststellungen des Landgerichts forderte der Angeklagte im Sommer 2002 den von ihm mit Methadon substituierten D.M. auf, bestimmte, von ihm benannte, Gegenstände zu stehlen, um einen Ausgleich für die durchgeführte (und ansonsten nicht honorierte) Methadonsubstitution zu erhalten. Entsprechend der Aufforderung des Angeklagten stahl M. mindestens drei Herrenanzüge zum Verkaufspreis von 200 bis 300 Euro.
Nachdem M. den Angeklagten in einem eigenen Strafverfahren als Anstifter zu den Diebstählen angegeben hatte, beauftragte der Angeklagte zwei Männer, den M. in seine Praxis zu verbringen, wo er einen ihm diktierten Widerruf der Beschuldigung niederschreiben sollte. Der Angeklagte ging dabei davon aus, dass M. nicht freiwillig mitgehen, sondern nur mit Gewalt oder unter Drohungen zum Mitgehen zu bewegen sei. Die beiden Männer passten M. im März 2004 vor seiner Wohnung ab und schlugen ihn. So eingeschüchtert folgte M. ihnen in die Praxis des Angeklagten und unterschrieb dort im Beisein des Angeklagten und unter Fortwirken der Einschüchterung durch die vorangegangene Gewaltanwendung den Widerruf.
Im Juli/August 2003 substituierte der Angeklagte auch den C.H. mit Methadon. Dessen Strafvollstreckung war nach § 35 BtMG zurückgestellt worden. Der Angeklagte machte ihm gegenüber sexuelle Anspielungen und nannte ihn "Bumsiboy". Während eines der Termine sprach der Angeklagte H. auf eine angebliche Vorhautverengung an, sagte, er (der Angeklagte) habe "dicke Eier" und fordert H. auf, sein Geschlechtsteil zu entblößen. Der Aufforderung kam er nach, weil er seine Methadonsubsitution nicht gefährden wollte. Sodann entblößte der Angeklagte auch sein Geschlechtsteil und erklärte, dass nun eine engere Beziehung zwischen beiden bestünde. Zugleich fasste der H. an den Penis und zog die Vorhaut mehrfach vor und zurück. An einem anderen Tag forderte der Angeklagte H. erneut auf, sein Geschlechtsteil zu entblößen. Auch hier gab H. nur nach, um seine Subsitution nicht zu gefährden. Der Angeklagte rieb daraufhin mit zwei Fingern am Damm des Geschädigten.
III.
Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge weitgehend Erfolg.
1.
Die Beweiswürdigung des angefochtenen Urteils hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
Die Beweiswürdigung des Tatrichters unterliegt einer eingeschränkten Prüfung des Revisionsgerichts. Es darf die Beweiswürdigung nur auf Rechtsfehler überprüfen. Rechtsfehlerhaft ist eine Beweiswürdigung insbesondere, wenn sie in sich widersprüchlich, lückenhaft oder unkla...