Leitsatz (amtlich)
Eine Bezugnahme auf den Bußgeldbescheid ist, wenn die Voraussetzungen für eine abgekürzte Urteilsbegründung nicht vorliegen, nicht zulässig.
Ein Geständnis des Angeklagten liegt nicht vor, wenn der Betroffene lediglich "Fahrereigenschaft und Messwert nicht bestritten" hat.
Verfahrensgang
AG Minden (Entscheidung vom 11.01.2007) |
Tenor
Das angefochtene Urteil wird nebst den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Minden zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Minden hat mit dem angefochtenen Urteil gegen den Betroffenen wegen fahrlässiger Geschwindigkeitsüberschreitung außerhalb geschlossener Ortschaft eine Geldbuße von 75,00 EUR sowie ein Fahrverbot von einem Monat verhängt. Durch Beschluss vom 12.03.2007 hat das Amtsgericht den Tenor des vorgenannten Urteils dahin ergänzt, dass die Vier-Monats-Frist gewährt wird.
Das Amtsgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
"Gegen den Betroffenen, der ein geregeltes Einkommen hat und gegen den im Verkehrsregister zwei Eintragungen vorhanden sind, die lauten:
1.
Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften von 50 km/h mit 72 km/h um 22 km/h am 23.08.2004, 11.00 Uhr in Porta Westfalica, Rechtsgrundlagen §§ 3 Abs. 3, 49 StVO, 24 StVG, 11.3.4 Bkat.
2.
Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften von 70 km/h mit 108 km/h um 38 km/h am 23.06.2005, 17.11 Uhr in Petershagen, Rechtsgrundlagen §§ 41 Abs. 2, 49 StVO, 24 StVG, 11.3.6 Bkat ist folgender Bußgeldbescheid ergangen:
Sehr geehrter Herr N.,
Ihnen wird vorgeworfen, am 07.03.2006 um 16.13 Uhr in Minden, B 482, Abs. 12, km 1,9 als Führer und Halter des Pkw Jaguar XXXXXXX folgende Verkehrsordnungswidrigkeit nach § 24 StVG begangen zu haben:
Sie überschritten die zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 30 km/h. Zulässige Geschwindigkeit: 100 km/h; festgestellte Geschwindigkeit (abzgl. Toleranz) 130 km/h.
§ 3 Abs. 3, § 49 StVO; § 24, § 25 Abs. 2 a StVG; 11.3.5 Bkat
Regelgeldbuße erhöht, da schon Eintragungen beim Kraftfahrt-Bundesamt.
Fahrverbot, da bereits 2. Überschreitung von mindestens 26 km/h innerhalb eines Jahres
Bemerkungen/Tatfolgen: Riegl. LR 90-235/P, Serien-Nr.: 1177/96, geeicht bis 12/06, Lasermessung. Es wurde eine Geldbuße von 75,00 EUR sowie ein Fahrverbot von einem Monat unter Zubilligung der Abgabefrist von vier Monaten festgesetzt."
In den Urteilsgründen wird sodann ausgeführt:
"Der Betroffene hat Fahrereigenschaft und Messwert nicht bestritten. Er hat zumindest fahrlässig die Geschwindigkeit von 100 km/h um 30 km/h überschritten.
Messwert: 135 km/h
Toleranz 5 km/h.
Messung mit geeichtem Gerät Riegl. LR 90 L 35 P, geeicht bis 12/06."
Den Rechtsfolgenausspruch hat das Amtsgericht im Anschluss an die wörtliche Wiedergabe eines Schreibens des Steuerberaters des Betroffenen und der Anmerkung, dass sich der Betroffene in der Sitzung auf diesen Schriftsatz berufen habe, wie folgt begründet:
"Dies konnte jedoch nicht dazu führen vom Fahrverbot abzusehen. Der Betroffene ist zweimal wegen Geschwindigkeitsüberschreitung aufgefallen, - letztmalig am 23.06.2005 wegen einer Überschreitung von 38 km/h. Er hat ein Aufbauseminar gem. § 4 VIII StVG (ASP) vom 12.08.2006 bis 26.08.2006 besucht, d. h. dies geschah vorausschauend wegen der hier zugrundeliegenden dritten Tat.
Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten durch das Fahrverbot sind zwar nicht von der Hand zuweisen. Diese reichend jedoch keinesfalls aus, vom Fahrverbot abzusehen. Eine Organisation der Tätigkeit ggf. Fahren mit dem Taxi bieten sich als Überbrückung an. Deshalb war - wie im Tenor niedergelegt - zu entscheiden. Die Vier-Monats-Frist sollte gewährt werden, wurde aber vergessen."
Gegen dieses Urteil richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit der sowohl die Verletzung formellen als auch materiellen Rechts gerügt wird.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und hat mit der erhobenen Sachrüge einen zumindest vorläufigen Erfolg. Sie führt zu einer Aufhebung des angefochtenen Urteils und zu einer Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht. Angesichts dessen konnte es dahingestellt bleiben, ob die außerdem erhobene Verfahrensrüge hier durchgreift, da sie der Rechtsbeschwerde im Falle ihrer Begründetheit zu keinem weitergehenden Erfolg hätte verhelfen können.
Der Schuldausspruch des angefochtenen Urteils kann schon deshalb keinen Bestand haben, da die Urteilsgründe seine Überprüfung dem Rechtsbeschwerdegericht nicht ermöglichen. An die Urteilsgründe in Bußgeldsachen sind zwar keine hohen Anforderungen zu stellen. Die Gründe müssen aber gleichwohl so beschaffen sein, dass das Rechtsbeschwerdegericht zur Nachprüfung einer richtigen Rechtsanwendung (hinsichtlich der objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale) entnehmen kann, welche Feststellungen der Amtsrichter getroffen hat (vgl. Seitz...